ÖHV-Kongress 2025: Neue Wege, neue Gäste

ÖHV-Kongress 2025: Neue Wege, neue Gäste – und viele offene Fragen

Von 22. bis 24. Jänner 2025 fand der ÖHV-Kongress statt, diesmal in Innsbruck – drei Tage voller Inspiration, Diskussionen und Auseinandersetzung mit den Herausforderungen unserer Branche. Vor allem aber 3 Tage mit intensiven Gesprächen und wertvollem „Netzwerk“ abseits der Bühne und manchmal auch an der Bar…

 

 

 

Die Hotellerie ist im Wandel. Manche Entwicklungen zeichnen sich klar ab, andere bleiben ungewiss. Was aber sicher ist: Die Art, wie wir Gäste ansprechen, wie wir arbeiten und wie wir wirtschaften, wird sich drastisch verändern.

Das Motto des Kongresses – „Neue Wege, neue Gäste“ – hätte treffender nicht sein können. Digitalisierung, Social Media, KI, neue Gästeerwartungen und wirtschaftliche Rahmenbedingungen prägten die Diskussionen. Der große thematische Bogen spannte sich von der Generation Z und Alpha über Cybersicherheit bis hin zur Sinnfrage in der Hotellerie.

ÖHV-Kongress Tag 1: Politische Realität, gesellschaftlicher Wandel und der Wunsch nach Gehör

Der ÖHV-Kongress begann mit einer formalen, aber symbolträchtigen Änderung: Die Hoteliervereinigung wurde zur Hotelvereinigung.

In seiner Antrittsrede betonte ÖHV-Präsident Walter Veit, wie dringend die Branche Entlastung benötigt: Bürokratie, Steuerlast, Arbeitsmarkt – hier müsse die Politik endlich handeln. Sein Appell: „Wir wollen gehört werden.“ Die Hotellerie bringe Geld ins Land, schaffe Arbeitsplätze und investiere in die Regionen. Doch ohne bessere Rahmenbedingungen werde es schwer, nachhaltig erfolgreich zu bleiben.

Die anschließende Keynote von Politikberater Thomas Hofer war nicht unbedingt aufbauend. „Wie früher wird’s nicht mehr“, lautete eine seiner Kernaussagen. Gesellschaft und Politik, ob in Österreich oder international, seien in einem massiven Wandel – und nicht alles davon sei positiv. Sein Rat: Emotionale Kommunikation ist essenziell, positive Emotionen sind jedoch oft Mangelware. Vielleicht sollten wir alle weniger Zeit auf Social Media verbringen und uns mehr darauf konzentrieren, was wir wirklich beeinflussen können.

Die darauffolgende Podiumsdiskussion mit Sepp Schellhorn und Susanne Kraus-Winkler brachte kaum neue Erkenntnisse – Türkis und Pink sind sich in vielen Fragen ohnehin einig. Wirklich spannend wird sein, ob und wie sich eine mögliche blau-türkise Regierung auf den Tourismus auswirken wird.

ÖHV-Kongress Tag 2: Stilgruppen, Realitätssinn und neue Geschäftsmodelle

Der zweite Tag am ÖHV-Kongress begann mit David Borst, der über die exponentielle Veränderung unserer Welt sprach. Leider blieb sein Vortrag hinter den Erwartungen zurück – wirklich greifbare Erkenntnisse fehlten. Wo die Reise hingeht, sei unklar. Was sich jedoch klar abzeichnet: Datenschutz wird in Zukunft weniger eine Frage der Restriktionen sein, sondern vielmehr eine Frage der Data Ownership.

Einen deutlich praktischeren Ansatz bot Toan Nguyen mit seinem Konzept der Stilgruppen statt Zielgruppen – ein Gedanke, den ich bereits länger thematisiere (Stichwort Sinus Milieus) und den ich in meiner letzten Podcast-Folge wieder aufgenommen habe. Marketing geht heute über klassische Demografie hinaus – es geht um Werte, Ästhetik und Community. Besonders spannend fand ich seinen Hinweis, dass große Unternehmen in Zukunft einen „Chief Philosophy Officer“ brauchen würden – jemand, der dafür sorgt, dass Unternehmenswerte authentisch gelebt und vermittelt werden.

Ein für mich völlig neues Thema am ÖHV-Kongress war tatsächlich der Hype um BookTok – eine TikTok-Community, die Bücher promotet und damit massiven Einfluss auf den Buchmarkt hat. Ein interessanter Gedanke: Könnte ein ähnliches Prinzip auch in der Hotellerie funktionieren?

Jakob Ledermann von philoneos brachte in seinem Vortrag eine beunruhigende Erkenntnis: 12 % der jungen Menschen sagen, sie hätten keine Freunde – 1990 waren es noch 3 %. Gleichzeitig ist ihre Welt stärker digitalisiert als je zuvor (Phygital Lifestyle) und Erlebnisse stehen über Besitz.

Am Nachmittag stellte Vladimir Preveden die neue ÖHV-Studie zur Gen Z vor. Wesentliche Erkenntnisse:

  • Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind für Gen Z keine „Extras“, sondern Standard.
  • Personalisierung ist entscheidend. Die junge Generation erwartet maßgeschneiderte Angebote und eine individualisierte Nachbetreuung.
  • Social Media ist Dreh- und Angelpunkt. Wer als Hotel dort nicht sichtbar ist, existiert für Gen Z schlicht nicht.

An dieser Stelle erlaube ich mir einen Hinweis auf unseren letztjährig veröffentlichten Trendreport zur GenZ und deren Präferenzen an die Hotellerie.

In Summe ein solider Vortrag von Vladimir Preveden – allerdings wäre es didaktisch gut gewesen, ihn als ersten Speaker des Tages zu platzieren.

Tag 3 am ÖHV-Kongress: KI, Cybersecurity und der Mensch im Mittelpunkt

Der letzte Kongresstag war thematisch besonders dicht.

Profiler Mark-Thorben Hofmann machte eindrucksvoll klar, dass Cyberangriffe heute zu 90 % auf menschliche Fehler zurückzuführen sind. Sein prägnantestes Zitat: „Amateurs hack systems, professionals hack people.“ Besonders eindrücklich fand ich seine Erklärungen zu Social Engineering und psychologischen Manipulationstaktiken, die Hacker nutzen, um an Daten zu kommen. Ein Thema, das in unserer Branche oft unterschätzt wird.

Satya Anand (Marriott International) zeigte auf, wie Marriott sein Markenportfolio auf neue Gästegruppen ausrichtet. Besonders spannend fand ich seine Ausführungen zu Marriott Branded Residences – ein Konzept, das Hotelservices mit Immobilienbesitz kombiniert und damit eine neue Form von Langzeit-Gästebindung schafft.

Anitra Eggler sorgte mit ihrem pointierten Vortrag für viele Aha-Momente. „Unter lauter Blinden ist selbst der Einäugige König.“ Ihr Appell: Setzt euch mit KI auseinander, sonst werdet ihr von der technologischen Entwicklung überholt. Und mehrmals erwähnt hat sie auch ihren „Kussbilanzrechner“ – ein Tool, das ich mir noch anschauen muss.

Apropos Tool: Ein besonders spannendes Tool stellte die Tirol Werbung mit dem Performance Board vor. Hoteliers (Aber auch Tourismusverbände, etc.) können sich dort mit Marktteilnehmern vergleichen, Preisempfehlungen abrufen und Auslastungsprognosen erhalten.

Und dann war da noch Bettina Ludwig – der Vortrag, der mich am diesjährigen ÖHV-Kongress meisten bewegt hat. Während sich viele Sessions um Technologie, KI und Daten drehten, brachte sie uns zurück zum Wesentlichen: den Menschen.

„Wir sind extrem wichtig und unglaublich unwichtig zugleich.“

Ein Satz, der hängen bleibt. Und eine Frage, die nachwirkt: „Was will ich geben?“ statt „Was will ich machen?“

Ich hatte nach dem Vortrag noch die Gelegenheit, mich mit Bettina Ludwig zu unterhalten – ihr Buch „Unserer Zukunft auf der Spur“ liegt jetzt auf meinem Schreibtisch und wird meine nächste Lektüre.

Mein Fazit: Der Wandel ist da – und wir müssen ihn gestalten

Drei Tage ÖHV-Kongress, viele neue Ideen – und mindestens genauso viele Fragen.

  • Generation Z und Alpha fordern neue Konzepte. Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind nicht optional, sondern Standard.
  • Marketing verändert sich radikal. Stilgruppen, Community-Ansätze und Social Media sind entscheidender denn je.
  • Technologie ist ein Gamechanger – aber auch eine Herausforderung. KI, Cybersecurity, Voice AI – wer nicht mitzieht, bleibt zurück.
  • Trotz aller Technologie bleibt der Mensch im Mittelpunkt. Zugehörigkeit, Identität und Werte entscheiden über langfristigen Erfolg.

Der nächste ÖHV-Kongress findet übrigens vom 14. bis 16. Januar 2026 in Linz statt. Ich bin gespannt, welche Fragen uns bis dahin begleiten – und welche Antworten wir bis dahin gefunden haben.

Eine kompakte Kongress-Nachlese gibt es auch auf gast.at!

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