Kurz in eigener Sache: Wir sind bereits bei Folge Nummer 90 angelangt, das heißt in wenigen Wochen machen wir die 100 voll. Außerdem hat dieser Podcast inzwischen (weit) über 1.000 Abonnenten – DANKE an dieser Stelle an alle regelmäßigen Hörer und Hörerinnen.
In der aktuellen Folge geht es um Entscheidungsfindung. Dazu wurde Thomas Mangold zu Interview geladen. Er ist der erste Interviewpartner, der bereits zum zweiten Mal für Smart Hotel Key interviewt wird. Dabei sind seine Berührungspunkte zum Tourismus hauptsächlich privater Natur. Allerdings ist es bereichernd, ein wenig über den Tellerrand zu blicken und andere Sichtweisen kennenzulernen. Thomas führt selbst auch einen sehr erfolgreichen Podcast, der sich mit Selbstmanagement und Zeitmanagement beschäftigt.
Im aktuellen Interview geht es darum, wie wir als touristische Führungskräfte mit schwierigen Entscheidungen umgehen können, und welche Hilfsmittel es gibt, um die Entscheidungsfindung zu erleichtern.
Kernaussagen des Interviews
- Wir haben Angst vor Fehlentscheidungen, denn die tun weh.
- Meine Empfehlung ist, bei kleineren Prozessen den Bauch entscheiden zu lassen, denn das geht schnell.
- Wenn du es dir zu Gewohnheit machst, deine Entscheidungen nach einer gewissen Zeit zu überprüfen, dann gibst du dir die Chance, etwas zu ändern, wenn es nicht gut gelaufen ist
- Wenn du die KPIs für deine Entscheidungen regelmäßig übst und überprüfst, dann macht es Spaß, Neues auszuprobieren.
Transkript der Podcast-Folge
Marco: Hallo Thomas, herzlich willkommen im Podcast. Du bist heute bereits zum zweiten Mal in diesem Podcast zu Gast. Stell dich bitte trotzdem noch einmal vor. Wer bist du, und womit beschäftigst du dich? #00:01:54-9#
Thomas: Hallo Marco, danke für die Einladung. Ich finde es wunderbar, wieder hier sein zu dürfen. Mein Thema ist das Zeit- und Selbstmanagement sowie die Produktivität von Unternehmern und Führungskräften. Das ist der Bereich, der mich seit über einem Jahrzehnt fesselt und der mich nach wie vor nicht loslässt. Wir werden heute über ein Spezialthema aus diesem Komplex plaudern, und darauf freue ich mich schon sehr. #00:02:20-9#
Marco: Das Spezialthema habe ich im Intro bereits erwähnt. Es geht um die Entscheidungsfindung und um die Frage, wie man als touristische Führungskraft mit schwierigen Entscheidungen umgeht. Aktuell ist das aufgrund von Inflation, Fachkräftemangel und der unsicheren Nachfrageentwicklung ein großes Thema. Geschäftsentwicklungen sind schwer zu prognostizieren, und wir fragen uns, ob wir unsere Mitarbeiter halten können, unser Angebot einschränken und die Preise erhöhen sollen. Sollen wir weiterhin investieren oder besser nicht? Es wäre gut, wenn man einen Leitfaden entwickeln könnte, der einem hilft, gute Entscheidungen zu treffen. Aber gehen wir einen Schritt zurück. Warum fällt es uns schwer, Entscheidungen zu fällen? #00:03:21-2#
Thomas: Wir haben Angst vor Fehlentscheidungen, denn die tun weh. Wenn eine Entscheidung ansteht, dann schwingt in meinen Gedanken immer die Sorge mit, nicht die richtige Wahl getroffen zu haben. Manchmal kann das weitreichende Folgen haben. Dabei spielt die Verlustaversion eine wichtige Rolle. Wenn du 100,- Euro verlierst, dann ist der Ärger darüber größer als die Freude, wenn du 100,- Euro gewinnst. Dieses Gefühl spielt in die Entscheidungsfindung mit hinein und sorgt dafür, dass wir im Status quo verharren und wenig ändern wollen. Das gilt auch für Mitarbeiter und Investitionen. Wenn ich nichts ändere, habe ich nichts zu verlieren. Das ist sehr kurzsichtig, denn natürlich haben wir trotzdem viel zu verlieren. Nichts zu tun ist auch eine Entscheidung, aber wir nehmen sie nicht als solche wahr. Das ist eines der großen Dilemmas hinter den Entscheidungen. #00:04:27-8#
Marco: Du hast ein wichtiges Stichwort angesprochen, das mir bisher noch nicht bewusst war, nämlich die Verlustaversion. Wenn ich es objektiv betrachte, habe ich mit einer Entscheidung immer die fünfzigprozentige Möglichkeit, entweder zu gewinnen oder zu verlieren. Wenn ich einmal gewinne und einmal verliere, dann ist die Waage ausgeglichen. Aber selbst, wenn ein ausgewogenes Verhältnis besteht, fühlt es sich oft so an, als träfe man mehr falsche als richtige Urteile. #00:04:50-2#
Thomas: Genau so ist es. Du müsstest zweimal die richtige und einmal die falsche Entscheidung treffen, dann wäre es psychologisch gesehen ausgewogen. Das Problem mit der Verlustaversion ist die Tendenz, Verluste höher zu gewichten als Gewinne. Ein sehr spannendes Thema vor allem auch dann, wenn es um Börsengeschäfte geht. Wer diesen Mechanismus erkennt, dem fällt es einfacher, Entscheidungen zu treffen. Das ist natürlich eine Übungssache, die nicht von heute auf morgen funktionieren wird, aber es gibt Methoden, um die Verlustaversion in den Griff zu bekommen. #00:05:16-8#
Marco: Eine falsche ist gleich eine richtige Entscheidung, unabhängig davon, ob sie sich monetär stärker oder schwächer auswirkt. Bleiben wir auf der Meta-Ebene. Wie kann ich die Sicherheit finden, eine oder mehrere Entscheidungen überhaupt erst einmal zu treffen, ohne im Vorfeld Ängste zu entwickeln? Benötige ich dafür eine gehörige Portion Mut? #00:05:46-7#
Thomas: Mut braucht es eigentlich nicht. Entscheidungen sind oft überbewertet, und wir geben ihnen viel zu viel Raum. Eine Freundin von mir hatte sich auf dem Weg zum Flughafen verspätet. Sie war in Eile, wurde nervös und verursachte einen Unfall. Auto kaputt, Flug weg, Ärger mit Versicherung und Polizei, alles schlecht gelaufen. Aber das Ende der Geschichte war, dass sie sechs Monate später den Mann, dessen Auto sie beschädigt hatte, geheiratet hat. Rückblickend kann man sagen, dass es eine gute Entscheidung gewesen ist, sich nicht rechtzeitig auf den Weg gemacht zu haben. Die Geschichte geht allerdings noch weiter. Am Ende der Ehe stand ein Rosenkrieg, und damit könnte man die Entscheidung noch einmal hinterfragen. Schließlich hat sie allerdings den Scheidungsanwalt geheiratet, also gab es doch noch ein Happy End. Diese Geschichte ist wirklich passiert, und sie zeigt, dass es meist nicht möglich ist, eine objektive Entscheidung zu treffen, weil man nicht weiß, was auf einen zukommt. Wann ist eine Entscheidung gut oder schlecht? Das ist gar nicht so einfach. Das gilt auch für Investitionen, denn oft kann ich die Auswirkungen, die in der Zukunft liegen, nicht einschätzen. Aber wann ist es dann soweit? Nach fünf, zehn oder erst nach fünfzehn Jahren? #00:07:01-9#
Marco: Die Entscheidungen über Investitionen werden uns von der Bank abgenommen. Wenn wir sie davon überzeugen können, dass wir unseren Kredit innerhalb eines gewissen Rahmens zurückzahlen, dann wird die Bank übereinkommen, in uns zu investieren. Als Unternehmer kann ich prüfen, ob es sich lohnt, ein Risiko einzugehen. Ich muss bewerten, wie sich Nachfrageschwankungen, der Ukraine-Krieg und die Inflation auf die Risikobewertung auswirken. Ich kann entweder würfeln oder versuchen, ein qualitatives Urteil zu fällen. Das fällt aktuell vielen Menschen, besonders in Führungspositionen, schwer. #00:07:46-0#
Thomas: „Würfeln“ ist ein gutes Beispiel. Die wichtige Frage lautet, was das Ergebnis über die Qualität meiner Entscheidung aussagt. Zurück zu deiner Frage, ob es Mut braucht, sich zu entscheiden. Nein, ich glaube, es braucht keinen Mut, sondern es braucht klare Qualitätskriterien. Gerade Unternehmer nutzen für alles Mögliche ihre KPIs, die Schlüsselkennzahlen. Für jede Kleinigkeit gibt es Zahlen, an denen man sich orientiert, und diese müssen natürlich auch für die Entscheidungsfindung gelten. Das ist das erste Problem. Nummer 2 lautet: Es braucht eine Strategie. Wenn ich eine Entscheidung immer nach dem gleichen Muster treffe, nach meinen eigenen Qualitätskriterien, dann kann ich sicher sein, dass auch die Entscheidung Qualität hat. Natürlich passieren mir auch dann noch Fehler, das ist klar, denn kein KPI kann sie verhindern. Aber eine gute Strategie minimiert die Fehlerquote. #00:08:35-9#
Marco: Mit KPIs bist du bei mir an der richtigen Stelle. Ich rechne immer mit Kennzahlen und versuche, alles statistisch zu belegen. In der Beratung ist das hilfreich, um rationale Entscheidungen herbeizuführen. Oft ist die Rede von Bauchentscheidungen. Ist es überhaupt eine gute Idee, auf sein Gefühl zu hören? Wie viel ist unternehmerisch relevant? Rein subjektiv würde ich sagen, dass alles, was ich auf Kennzahlen herunterbrechen kann, gut zu bewerten ist. Ich treffe eine strategische Kopfentscheidung. Welche Rolle spielt das Bauchgefühl? #00:09:09-9#
Thomas: Meine Empfehlung ist, bei kleineren Prozessen den Bauch entscheiden zu lassen, denn das geht schnell. Bauchentscheidungen haben jedoch den schwerwiegenden Nachteil, den die so genannte Verfügbarkeitsheuristik mit sich bringt. Im Gedächtnis besonders leicht verfügbare Ereignisse werden bevorzugt zur Schlussfolgerung herangezogen und Ergebnisse dadurch überbewertet. Die Bauchentscheidung greift blitzschnell auf den eigenen Erfahrungsschatz zurück und prüft ihn. Wenn du mit deinen Investitionen in den vergangen drei Jahren super erfolgreich warst, dann wirst du wahrscheinlich ein höheres Risiko eingehen, als wenn du nicht erfolgreich gewesen bist. Wenn es uns leicht fällt, Beispiele zu finden, schätzen wir die Wahrscheinlichkeit als hoch ein, dass etwas gelingt. Bauchentscheidungen sind intuitiv und schnell, greifen aber nicht auf alle möglichen Ressourcen zurück. Wenn du deine ganze unternehmerische Erfahrung einbringen willst, benötigst du eine analytische Kopfentscheidung. #00:10:13-1#
Der nächste Punkt ist die Repräsentativitätsheuristik. Wir denken viel zu sehr in Mustern. Es ist gut, KPIs zu haben, aber oftmals legt man Zahlen so aus, wie es einem am besten passt. Nehmen wir einen Lottoschein. Würdest du eher auf die Zahlenfolge 1,2,3,4,5,6 oder auf 8,17,23,39,42,45 tippen? #00:10:45-5#
Marco: Wahrscheinlich auf die zweite Reihe, obwohl die Wahrscheinlichkeit bei beiden Zahlenfolgen gleich groß ist. Ich gehe davon aus, dass die erste Zahlenfolge von einer größeren Anzahl von Menschen getippt wird, und deswegen würde ich mich für die zweite Folge Reihe entscheiden. #00:10:55-3#
Thomas: Damit greifst du auf den Erfahrungsschatz deiner Verfügbarkeitsheuristik zurück. Die meisten Menschen halten die zweite Reihe für wahrscheinlicher als die erste, obwohl es nicht so ist. In vielen Bereichen unseres Lebens denken wir in diesen Mustern, und deshalb ist es wichtig, sie zu erkennen und zu hinterfragen. Dem gegenüber steht die Ankerheuristik. Sie beschreibt den Effekt, dass sich Menschen bei Entscheidungen von ihrer Umgebung beeinflussen lassen, ohne dass ihnen dieser Einfluss bewusst ist. Diese Informationen werden als „Anker“ bezeichnet. Die Ankerheuristik spielt sich im Unterbewusstsein ab und ist ein extrem spannendes Phänomen. #00:11:22-5#
Eine Gruppe Personen wurde gefragt, ob sie glauben, dass Gandhi älter als 107 Jahre alt geworden ist. Die meisten Teilnehmer sind aufgrund dieser Aussage davon ausgegangen, dass er mindestens 100 Jahre alt geworden sein muss. Tatsächlich ist Gandhi im Alter von 79 Jahren verstorben. Mit dem Wert der 107 Jahre hatten die Fragesteller einen Anker mit einer falschen Information gesetzt. Ein weiteres Beispiel ist, dass man eine Person vor einen Baum stellt und sie fragt, ob sie glaubt, dass der Baum größer oder kleiner als 100 Meter ist. Die meisten verschätzen sich aufgrund dieser Vorgabe. Dieser Effekt wirkt sich auch auf unsere Entscheidungen aus. Wenn du Zahlen im Kopf hast, dann wirken sie wie ein Anker. #00:11:53-0#
Das vierte wichtige Thema ist die Willenskraft, und hier spielt der Zeitpunkt eine entscheidende Rolle. Je weniger Willenskraft man hat, desto weniger ist man bereit, ein Risiko einzugehen. Das bedeutet, dass man automatisch den Weg des geringsten Widerstandes wählt. Angeklagte müssen darauf hoffen, dass ihr Fall möglichst früh am Tag oder direkt nach der Mittagspause verhandelt wird. Dann entscheiden Richter häufiger zugunsten des Gefangenen. Das fanden israelische Wissenschaftler in einer Studie heraus. Sie vermuten, dass die Richter nach einer gewissen Zeit und nach vielen Urteilssprüchen entscheidungsmüde werden. 70 Prozent der Entlassungen von Gefangenen wurden in den frühen Morgenstunden genehmigt. Kurz vor Feierabend fällten die Richter nur noch 10 Prozent milde Entscheidungen. Willenskraft spielt demnach eine sehr wichtige Rolle. #00:12:49-9#
Marco: Das bedeutet, dass ich wichtige Entscheidungen eher morgens treffen sollte. #00:12:55-8#
Thomas: Das trifft zu, wenn du ein Morgenmensch bist. Biologisch gesehen kommt es auf den Blutzuckerspiegel an, also auf den Glukosewert im Blut. Die Studie geht noch weiter ins Detail. Vor der Mittagspause waren es circa 20, nach der Mittagspause etwa 60 Prozent Entscheidungen zugunsten des Angeklagten, weil der Blutzuckerspiegel wieder im Gleichgewicht war. Das bestätigt, dass die Ernährung eine wichtige Rolle spielt. #00:13:26-6#
Marco: Das ist sehr spannend, denn es bedeutet, dass unser Organismus beeinflusst, wie wir Entscheidungen treffen. #00:13:32-2#
Thomas: Das ist definitiv richtig. Dazu gibt es viele weitere Studien. Ein Klassiker ist die Marshmallow-Studie. Beim Marshmallow-Test wird die Fähigkeit von Kindern untersucht, ihre eigenen Impulse zu steuern. Sie haben die Wahl zwischen einem Marshmallow, das sie sofort essen dürfen oder zwei Marshmallows, die sie erst bekommen, wenn sie bereit sind, 15 Minuten abzuwarten. Damit wurde untersucht, ob es Kindern gelingt, eine kleine Belohnung zugunsten einer größeren aufzuschieben. Es ging um die Willensstärke, einem Impuls zu widerstehen, um ein größeres Ziel zu erreichen. Angeblich sind die Kinder, die der Versuchung widerstehen konnten, im späteren Leben erfolgreicher geworden als diejenigen, die das erste Marshmallow sofort gegessen haben. #00:14:04-5#
Marco: Eine sehr spannende Studie. Du hast erklärt, dass man kleine Entscheidungen aus dem Bauch heraus treffen kann, aber dass große Entscheidungen analytisch getroffen werden sollten. Wenn es beispielsweise um viel Geld geht, dann ist es wichtig, objektiv an die Sache heranzugehen und auch andere Sichtweisen einzubeziehen. Und wie wir gerade gelernt haben, sollte ich wichtige Entscheidungen am frühen Morgen treffen oder zumindest dann, wenn mein Blutzuckerspiegel hoch ist. Trotzdem spielt immer die Angst vor einer falschen Entscheidung mit hinein. Gerade in einem unsicheren gesellschaftlichen Umfeld besteht die Gefahr, dass ich dann mit den Konsequenzen leben muss. Im schlimmsten Fall bedeutet das, dass meine Umsätze einbrechen und ich meine Mitarbeiter nicht mehr bezahlen kann. Wenn ich diese Risiken in meiner Planung berücksichtige, treffe ich womöglich erst gar keine objektiven Entscheidungen, weil ich zu viel Angst vor den Folgen habe. Wie kann ich diesen Ängsten bestmöglich begegnen? #00:15:24-1#
Thomas: Am besten mit ausreichend Zeit, um alle möglichen Wege durchspielen zu können. Vor vier Jahren hat niemand mit einer Pandemie gerechnet. Solche Krisen kann man nicht vorhersehen oder einschätzen, und deswegen bleibt immer eine Restunsicherheit. Aber ich kann mir zumindest ein Best Case- und ein Worst Case Szenario ausmalen, um Wahrscheinlichkeiten in meine Entscheidungen einfließen zu lassen. Wenn das Worst Case Szenario eintritt, habe ich dann Möglichkeiten, um gegenzusteuern? Ist es mir wert, einen hohen Kredit aufzunehmen, den ich eventuell nicht zurückzahlen kann? Ich muss mir gut überlegen, ob mir der Kredit dieses Risiko wert ist. Solche Wahrscheinlichkeiten muss ich im Vorfeld gut durchdenken, und zwar nicht nur auf der Autofahrt von A nach B, sondern mit harten Zahlen und Fakten, am besten mit dem Stift auf Papier. Es ist wichtig, alles aufzuschreiben und schriftlich zu denken, so dass man alle Eventualitäten schwarz auf weiß vor sich sieht. Das Schreiben ist ein kreativer Prozess. Es gibt nach wie vor Schriftsteller, die mit der Hand schreiben und nicht mit dem Computer. #00:16:37-9#
In unserer Kultur spielt auch oft ein falsches Mindset eine Rolle, wenn es um Entscheidungen geht. Fehler passieren, und wir müssen sie als etwas akzeptieren, von dem wir lernen können. Selbst, wenn ich alles hundertprozentig durchdenke, kann immer noch etwas Unerwartetes passieren. Ob die Gründe in meiner Macht liegen oder nicht, ist ein anderes Thema, aber ich muss die Fehler nutzen, um besser zu werden. Das ist das richtige Mindset. Das Problem ist nicht die Fehlentscheidung an sich, sondern das Festklammern am falschen Urteil. Wir haben Angst um den Status quo, den wir befürchten, dass es noch schlimmer kommen könnte. #00:17:20-7#
Nehmen wir ein Beispiel das Ehepaar, das seit Jahren unglücklich miteinander ist, aber Angst vor einer Trennung hat. Sie akzeptieren die Situation, aber die wird mit der Zeit schlimmer und schlimmer. Sie klammern sich an eine falsche Entscheidung. Ein positives Beispiel finden wir an der Börse. Der Hedgefonds-Manager Bill Ackmann verkaufte seinen 1,1-Milliarden-Dollar-Anteil an Netflix mit einem hohen Verlust, nachdem der Streaming-Dienst einen unerwarteten Rückgang der Abonnentenzahlen bekannt gegeben hatte. Das bedeutet, dass er sich von seinen Anteilen getrennt hat, als ihm seine Fehlentscheidung bewusst wurde. Langfristig hat er dadurch weitere Verluste verhindert. Der Profi zieht Konsequenzen, und der Amateur hofft, dass die Aktien wieder steigen. Damit verlängert der kleine Anleger seine Leidensphase. #00:18:30-5#
Dieses Phänomen nennt sich Nullbasiertes Denken und handelt von der Analyse von Entscheidungen, die du in der Vergangenheit getroffen hast. Die stellen sich im Nachhinein nämlich oftmals als falsch heraus, ausgehend vom aktuellen Kenntnisstand. Prinzipiell ist nichts Schlimmes daran, Fehler zu machen. Schlimm wird es erst, wenn man nichts daraus lernt. Bleiben wir beim Beispiel der unglücklichen Ehe. Würde der unglückliche Mann mit seinem heutigen Wissen seine Frau noch einmal heiraten? Wahrscheinlich eher nicht. Das ist ein eher einfach gestricktes Beispiel, aber es ist eines, das man sich gut vorstellen kann. Wenn die Antwort „nein“ lautet, dann müsste ich konsequenterweise die Entscheidung treffen, mich zu trennen. Bitte nicht von heute auf morgen etwas übers Knie brechen, denn auch das ist eine weitreichende Entscheidung, die gut überdacht werden will. #00:19:17-6#
Wenn ich eine Investition tätige oder wenn ich mich entscheide, Mitarbeiter anzustellen oder zu entlassen, dann sollte ich mir ausmalen können, was dies langfristig bedeutet. Ich sollte auch wissen, wann ich meine Entscheidung noch einmal überprüfen muss. Mache ich das am besten nach vier Wochen, nach sechs Monaten oder erst nach einem Jahr? Dabei kommt es natürlich auf die Schwere der Entscheidung an. Die Frage lautet dann, ob ich die Entscheidung mit dem heutigen Wissen noch einmal genauso treffen würde. Wenn die Antwort „nein“ lautet und ich davon überzeugt bin, dass ich mich anders entscheiden würde, dann sollte ich einen neuen Plan schmieden, um proaktiv die Situation zu verändern. #00:20:00-5#
Wenn du es dir zu Gewohnheit machst, deine Entscheidungen nach einer gewissen Zeit zu überprüfen, dann gibst du dir die Chance, etwas zu ändern, wenn es nicht gut gelaufen ist. Dann ist das Treffen einer Entscheidung kein großes Problem mehr. Hast du dir schon einmal einen Überprüfungszeitpunkt für deine Entscheidungen gesetzt? #00:20:23-1#
Marco: Wahrscheinlich nicht bewusst zu einem bestimmten Zeitpunkt, aber natürlich überprüfe ich regelmäßig meine Entscheidungen. Wir gehen also davon aus, dass es uns möglich ist, eine Wahl zu treffen. In der Beratung unserer Kunden beobachte ich oft, dass bereits vieles analysiert wurde, aber die Entscheidung immer weiter hinausgeschoben wird. Wie schaffe ich es, das Aufschieben zu vermeiden? #00:20:51-6#
Thomas: Am besten, in dem du dir die Frage stellst, wo du noch Klarheit benötigst. Oftmals sind noch einige Punkte offen und es fehlt an Informationen, und aus diesem Grund scheut man sich, die Entscheidung zu treffen. Meist ist mir das gar nicht bewusst, denn es ist das Unterbewusstsein, das mich davon abhält. Deshalb muss ich aktiv in mich gehen und recherchieren, woran es liegt. Wir alle sind im Hamsterrad des Alltags gefangen, und es ist sinnvoll, sich bewusst herauszunehmen und zu nachzudenken. Aber dass uns das nicht immer leicht fällt, das wissen wir alle. Das Reflektieren der eigenen Handlungen ist der Schlüssel zum Erfolg. Wenn ich mich ehrlich frage, erhalte ich relativ schnell eine Antwort, und dann kann ich die notwendigen Schritte unternehmen. Irgendwann ist man an einem Point of no Return angekommen, und dann muss die Entscheidung stehen. Bei Projekten geschieht das automatisch, weil irgendein Vertragspartner Vorgaben macht. Und dann funktioniert es meist einwandfrei. Und falls nicht, dann setze ich mir selbst einen Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung stehen muss. #00:22:14-0#
Marco: Das bedeutet, dass man sich auch für das eigene Unternehmen Deadlines zur Entscheidungsfindung setzen sollte. #00:22:16-3#
Thomas: Ja, definitiv. Das große Problem ist, dass man meist viele offene Baustellen im Kopf hat, die einen ablenken. Die Gedanken drehen sich immer wieder um die noch unerledigten Aufgaben und lähmen die Unternehmensprozesse. Das Nullbasierte Denken macht es uns leicht, frühere Entscheidungen noch einmal zu überarbeiten. #00:22:48-2#
Marco: Es ist eine sehr gute Idee, sich beim Zeitpunkt der Entscheidung bereits ein Datum für die Revision vorzunehmen. Lieber Thomas, wir sind bereits am Ende dieses Podcasts angelangt. Hast du noch etwas Wichtiges, was du uns zum Thema Entscheidungsfindung mitgeben willst? #00:23:17-9#
Thomas: Entscheidungen sind etwas Wunderbares, aber leider nehmen wir das oft nicht wahr. Ich möchte nochmals auf das Mindset eingehen. Stell dir eine Wanderung vor. Bei jeder Weggabelung kannst du eine Entscheidung treffen, wie es weitergeht, und mithilfe eines Kompasses kannst du dich immer wieder neu auf das Ziel ausrichten. Und das ist eine tolle Sache. Die meisten Menschen haben Angst vor Entscheidungen, aber das muss nicht sein. Im Gegenteil, man sollte froh darüber sein, dass man die Möglichkeit hat, etwas zu verändern. Wer tiefer in das Thema einsteigen möchte, dem empfehle ich meinen Entscheidungs-Blueprint. #00:23:55-3#
Marco: Den werde ich gerne in den Show Notes verlinken, genauso wie deine Kontaktdaten und alles, was dazugehört. Du hast uns eine schöne Metapher dagelassen. Eine Entscheidung zu treffen, das ist wie eine Weggabelung. Ich habe es in der Hand, wohin ich reisen will. Das ist etwas Positives, und davor muss ich keine Angst haben. #00:24:12-0#
Thomas: Genauso ist es. Entscheidungsfindung stärkt das Selbstvertrauen. Wenn du die KPIs für deine Entscheidungen regelmäßig übst und überprüfst, dann macht es Spaß, Neues auszuprobieren. Es ist, wie du sagst: Du selbst bist der Kapitän deines Schiffes. #00:24:33-3#
Marco: Danke für das Interview, lieber Thomas. #00:24:37-8#
Thomas: Dankeschön. #00:24:38-7#
Weiterführende Informationen
Thomas Mangold
Thomas Mangold ist Keynote-Speaker und Autor mehrerer Bücher für ein effektiveres Zeit- und Selbstmanagement. Er unterstützt dich dabei, wieder mehr Zeit für dich und für die wirklich wichtigen Dinge in deinem Leben zu haben. Außerdem unterstützt er Unternehmer die Effektivität ihrer Mitarbeiter zu steigern. Mit Blog, Podcast, Büchern und vielen Selbsttests wurde Thomas vom Selbstmanagement-Problemfall zum Selbstmanagement-Experten!
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