Stilgruppen statt Zielgruppen

Stilgruppen statt Zielgruppen: Warum Werte wichtiger sind als Demografie

Die klassische Zielgruppenanalyse, die sich auf soziodemografische Merkmale wie Alter, Einkommen oder Wohnort konzentriert, stößt zunehmend an ihre Grenzen. Moderne Konsumenten – und damit auch Hotelgäste – lassen sich nicht mehr so leicht in feste Schubladen stecken (und eigentlich war das nie wirklich möglich). Vielmehr sind es gemeinsame Werte, Interessen und Lebensstile, die über das Reiseverhalten und die Hotelwahl entscheiden.

 

 

 

Beim Kongress der Österreichischen Hotelvereinigung (ÖHV) hat Toan Nguyen von Jung von Matt NERD über genau dieses Thema gesprochen und betont: „Zielgruppen sind tot! Most targeting models are trash.“ Stattdessen sieht er große Potenziale in der Betrachtung von Stilgruppen, die sich aus gemeinsamen Werten, Lebensstilen und Konsumverhalten zusammensetzen, also einen gemeinsamen Lifestyle pflegen.

In diesem Beitrag tauchen wir tiefer in dieses Konzept ein:

  • Was sind Stilgruppen – und warum sind sie für die Hotellerie relevanter als Zielgruppen?
  • Wie helfen Sinus-Milieus dabei, Gäste besser zu verstehen?
  • Welche drei Potenziale sieht Toan Nguyen für die Zukunft der Hotellerie?

Was sind Stilgruppen?

Stilgruppen basieren auf gemeinsamen Wertehaltungen und Lebensstilen – unabhängig von Alter, Geschlecht oder Einkommen. Ein Beispiel: Die Generation Z gilt als nachhaltig orientiert, aber gleichzeitig boomt Fast Fashion von Marken wie Shein. Dies zeigt, dass Konsumverhalten nicht linear verläuft und sich nicht allein aus dem Alter ableiten lässt.

Statt Zielgruppen-Segmentierung nach demografischen Kriterien sollten Hotels ihre Gäste nach Lifestyle, Werten und Interessen ansprechen. Ein luxuriöses Wellnesshotel kann für wohlhabende Babyboomer genauso attraktiv sein wie für junge digitale Nomaden, wenn es sich auf gemeinsame Werte wie Gesundheit und Entspannung fokussiert.

Social Media als Must-have

Ein entscheidender Punkt, den auch Nguyen betont: Hotels müssen heute als Content Creator denken. Junge Reisende suchen nicht mehr nur nach schönen Zimmern – sie wollen Instagram-würdige Erlebnisse, von stylischen Fotospots über besondere Erlebnisse bis hin zu perfekt inszenierten Cocktails.

Hotels sollten deshalb Social-Media-freundliche Bereiche schaffen, zum Beispiel:

  • Design-Elemente, die zum Fotografieren einladen
  • Spektakuläre Aussichten und Instagram-taugliche Locations
  • Eventformate mit Influencern oder Creators

Sinus-Milieus: Wie helfen sie Hoteliers, ihre Gäste besser zu verstehen?

Eine bewährte Methode, um Zielgruppen auf Basis von Lebensstilen und Werten zu definieren, sind die Sinus-Milieus. Dieses Modell wurde von der INTEGRAL Markt- und Meinungsforschung für Österreich adaptiert und beschreibt zehn gesellschaftliche Gruppen, die sich nicht nach Alter oder Einkommen, sondern nach Lebensauffassung und Werthaltung unterscheiden.

Welche Sinus-Milieus sind für den Tourismus besonders relevant?

Laut INTEGRAL sind fünf Milieus besonders reisefreudig:

  • Etablierte – wohlhabend, leistungsorientiert, traditionsbewusst
  • Performer – ehrgeizig, global vernetzt, digital affin
  • Postmaterielle – nachhaltig, kulturinteressiert, weltoffen
  • Digitale Individualisten – Lifestyle-orientiert, kreativ, experimentierfreudig
  • Adaptiv-Pragmatische – junge, flexible Mitte mit Familienfokus

Für die Ferienhotellerie sind vor allem Adaptiv-Pragmatische, Performer und Etablierte von Bedeutung, da sie gezielt nach Erholung, Erlebnis und Qualität suchen. Für die Stadthotellerie spielen Postmaterielle und Digitale Individualisten eine größere Rolle, da sie sich stärker für Kultur, Networking und urbane Erlebnisse interessieren. Insgesamt kommt es aber vor allem auf die Schnittmenge zwischen Positionierung / Angebot des Hotels und den Werten und Needs der jeweiligen Milieus / Stilgruppen an.

Praktische Anwendung für Hoteliers:

Statt sich nur auf klassische Zielgruppen wie „Familien“ oder „Geschäftsreisende“ zu fokussieren, können Hotels ihre Angebote gezielter ausrichten:

  • Boutique-Hotels mit urbanem Flair ziehen Digitale Individualisten an
  • Nachhaltige Wellnesshotels sprechen Postmaterielle an
  • Exklusive Resorts mit Premium-Service sind perfekt für Etablierte

Wichtig: Hotels sollten maximal zwei bis drei Milieus als Hauptzielgruppe wählen, um ihre Angebote gezielt auszurichten.

Zukunftstrends für die Hotellerie: Workation, Creator Economy & Longevity

Die neue Art der Gästedefinition über Stilgruppen und deren Lifestyles bringt nicht nur Veränderungen im Marketing, sondern auch in den Angeboten von Hotels mit sich. Toan Nguyen nennt in seinem Vortrag drei Schlüsseltrends, die für Hoteliers immer wichtiger werden:

  • Workation – Arbeiten und Reisen verschmelzen immer mehr
  • Creator Movement – Social-Media-Influencer bestimmen Trends und Hotelentscheidungen
  • Longevity – Gesundheit, Wellbeing und Langlebigkeit werden zunehmend wichtiger

Workation – Reisen und Arbeiten verschmelzen

Dank Remote Work wird es für viele Menschen attraktiver, längere Zeit im Ausland oder in einem Hotel zu verbringen. Hotels sollten daher:

  • Schnelles WLAN und Co-Working-Spaces anbieten
  • Ruhige Arbeitsbereiche mit schöner Aussicht schaffen
  • Pakete für längere Aufenthalte mit flexiblen Buchungsoptionen entwickeln

Creator Economy – Social-Media-Trends beeinflussen Hotelbuchungen

Junge Reisende entscheiden sich oft für ein Hotel, weil es auf Social Media cool aussieht. Hotels sollten:

  • Social-Media-Spots schaffen, die sich perfekt für Fotos eignen
  • Zusammenarbeiten mit Influencern und Reisebloggern
  • Events oder Challenges veranstalten, die sich viral verbreiten können

Longevity – Gesundheit, Wellness und Langlebigkeit als neue Luxusgüter

Wellness ist längst nicht mehr nur eine Spa-Anwendung – es geht um einen ganzheitlichen gesunden Lifestyle. Hotels können hier ansetzen mit:

  • Gesunder Ernährung und nachhaltiger Küche
  • Yoga- und Meditationsangeboten
  • Nachhaltigen Hotelkonzepten mit Fokus auf Umweltfreundlichkeit

Fazit: Zukunft der Hotellerie – Gäste durch Werte verstehen

  • Klassische Zielgruppenmodelle sind veraltet. Gäste entscheiden sich nicht mehr nach Alter oder Einkommen für ein Hotel, sondern nach Lebensstil und Werten.
  • Sinus-Milieus helfen, Gäste besser zu verstehen. Sie zeigen, welche Werte und Interessen ein Hotel ansprechen sollte, um gezielt die richtige Stilgruppe zu erreichen.
  • Die Zukunft liegt in Workation, Creator Economy und Longevity. Hotels müssen Arbeits-, Social-Media- und Wellness-Trends in ihr Konzept integrieren, um relevant zu bleiben.

Hoteliers sollten sich daher klar positionieren: Wen wollen wir wirklich ansprechen? Welche Werte leben unsere Gäste? Und wie gestalten wir unser Hotel-Erlebnis passend dazu?

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