KI im Tourismus

Tauche ein in die Welt der Künstlichen Intelligenz (KI) im Tourismus und erfahre, wie österreichische Top-Hotels bereits heute KI nutzen, um ihren Service zu verbessern und sich an der Spitze der Branche zu behaupten. Ein besonderer Fokus liegt auf den Ergebnissen einer umfassenden Studie, die Österreichs Führungsposition in der Anwendung von KI im Tourismus bestätigt.

 

 

 

Mein Interviewpartner in der aktuellen Podcastfolge ist niemand geringerer als Dr. Markus Gratzer, der Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung. Markus gibt spannende Einblicke in die Zukunft der Hotellerie und wir diskutieren, wie KI zur Produktivitätssteigerung und Effizienzverbesserung beiträgt.

Diese Podcast-Folge ist ein Muss für jeden, der an der Schnittstelle von Technologie und Tourismus interessiert ist!

Kernaussagen des Interviews

  • Österreichs Hotellerie an der Spitze bei KI-Nutzung: Ein aktuelles White-Paper der ÖHV zeigt, dass Österreichs Top-Hotellerie führend in der Anwendung von KI-Technologien ist.
  • KI-Einsatz in der Hotellerie: Vom Revenue Management bis zur Gästekommunikation – KI findet vielfältige Anwendungsfälle in der österreichischen Hotellerie.
  • Technologische Fortschritte und Wandel: Markus betont die schnelle Entwicklung von KI-Tools und deren Potenzial zur Prozessoptimierung.
  • KI als Lösung für Fachkräftemangel: KI-Technologien werden zunehmend genutzt, um Herausforderungen wie den Fachkräftemangel zu bewältigen.
  • Individuelle Anpassungsfähigkeit von KI: Die Anpassungsfähigkeit und individuelle Anwendung von KI ermöglicht maßgeschneiderte Tourismuserlebnisse.

Einsatzfelder von KI im Tourismus

Transkript der Podcast-Folge zu KI im Tourismus

Marco: Hallo Markus, herzlich willkommen bei Smart Hotel Key. Ich habe in der Einleitung schon gesagt, worum es heute geht und wer mein Gesprächspartner ist. Was sollten unsere Hörerinnen und Hörer über Markus Gratzer wissen, abgesehen davon, dass er Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung ist?  #00:01:39-5#

Markus: Hallo Marco, vielen Dank für die Einladung zu deinem Podcast mit diesem spannenden Thema. Was muss man über mich wissen? Ich bin Touristiker mit Herz und Blut. Seit fast zehn Jahren bin ich Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung, das heißt, dass ich mich bereits seit Langem und auch sehr intensiv mit Hotellerie und Tourismus beschäftige. Mein Schwerpunkt liegt auf der Technologie und auf der Veränderung von Wertschöpfungsketten und Arbeitsabläufen im Tourismus.  #00:02:39-6#

Marco: Dass du ein leidenschaftlicher Touristiker bist, erkennt man sofort, wenn man Nachrichten von dir liest. Du hast angesprochen, dass du dich seit Längerem mit der Technologie im Tourismus beschäftigst. Heute wollen wir die Künstliche Intelligenz unter die Lupe nehmen. Technologie, Digitalisierung und KI sind schon seit längerer Zeit ein Thema in der Branche. Ab wann spricht man von Künstlicher Intelligenz? Wo würdest du die Grenze ziehen?  #00:03:02-2#

Markus: Die KI ist seit geraumer Zeit ein Schwerpunkt der Forschung und ihren verschiedenen Anwendungsfeldern. Vereinfacht gesagt spricht man von Künstlicher Intelligenz, wenn Maschinen beziehungsweise Computersysteme Aufgaben automatisiert und selbständig übernehmen, die bisher menschliche Intelligenz erforderten. Die Systeme müssen Sprache verstehen, Muster und Bilder erkennen und aufgrund dieser Informationen Entscheidungen treffen können. Sie müssen in der Lage sein, aus diesen Erfahrungen zu lernen und sich kontinuierlich zu verbessern. Es gibt bereits unzählige Anwendungen, die im Alltag angekommen sind, beispielsweise ChatGPT. Bei diesem Programm hat man das Gefühl, man führt einen Dialog mit einem echten Gegenüber. Das ist sehr beeindruckend. Im Hintergrund laufen automatisierte Regelwerke ab, die von einem Sprachmodell analysiert werden, um anschließend passende Sätze zurückzuspielen.   #00:04:34-7#

Marco: Spannend ist auch, wie sich das Mindset geändert hat. Früher befürchteten die Menschen, die Digitalisierung würde ihre Arbeitsplätze bedrohen, und heute sind sie eine Unterstützung bei den Herausforderungen des Fachkräftemangels. Die Zeiten ändern sich. Siehst du diese Entwicklung positiv, oder sollten wir eher vorsichtig sein?  #00:05:01-0#

Markus: Natürlich sollte man bei jeder neuen Entwicklung vorsichtig sein und Risiken erkennen. Auf der anderen Seite nehmen wir die Chancen wahr, die sich bieten, um Prozesse und Arbeitsabläufe zu vereinfachen. Vieles lässt sich mittlerweile an Maschinen outsourcen. Neue Tools entstehen mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit, und es herrscht eine Dynamik am Markt, die wir uns vor einigen Jahren nicht hätten vorstellen können. Jetzt wird greifbar, dass man die Werkzeuge der Künstlichen Intelligenz auch für die Produktivitätssteigerung im Tourismus einsetzen kann.  #00:05:55-5#

Marco: Es gibt eine aktuelle Studie über den Status quo der Nutzung von KI in der Hotellerie. An der Umfrage beteiligten sich mehr als 1.000 Hotels in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Griechenland. Das Ergebnis ist sehr erfreulich, denn es zeigt, dass Österreichs Top-Hotellerie an der Spitze liegt. Das ist erste Mal seit Discover wieder der Fall. Worauf lag der Fokus dieser Studie, und wie viel besser schneiden wir in Österreich tatsächlich ab?  #00:06:37-3#

Markus: Die Studie wurde von Prof. Schegg von der Hochschule Wallis durchgeführt. Er beschäftigt sich explizit mit Technologieanwendungen im Tourismus und hat bereits verschiedenste Untersuchungen realisiert. Er kam damals auf uns zu, um uns als repräsentativen Partner für die fünf teilnehmenden Länder seiner neuen Studie zu gewinnen. Als Erstes sollten wir eine Bestandsaufnahme zum Thema Künstliche Intelligenz machen. Ich war zunächst skeptisch, weil ich mir gedacht habe, dass es noch zu früh sei, um verlässliche Zahlen nennen zu können. Aber die Ergebnisse waren sehr spannend. 147 der in Österreich befragten Unternehmen sind Mitglieder der ÖHV, meist aus der Kategorie der Vier- und Fünf-Sterne-Hotels. Sie gaben an, dass sie die Anwendungen der Künstlichen Intelligenz bereits intensiv nutzen.  #00:07:59-9#

Marco: Geht es bei den Betrieben hauptsächlich um digitale Tools? Oft erkennt man nicht, dass eine Künstliche Intelligenz hinter einer Anwendung steckt. Beispielsweise sind die Chatbots schon relativ lange auf dem Markt. Anfangs gab es einen gewissen Hype um diese Kommunikationsroboter, der nach einiger Zeit wieder abflachte. Mit ChatGPT erleben sie Revival, denn ChatGPT ist ein Bot, der lernen kann. Gibt es eine Abgrenzung, die definiert, was noch zur aktuellen KI-Entwicklungen zählt und was nicht?  #00:08:33-6#

Markus: Eine klare Abgrenzung gibt es nicht. Schauen wir uns das Beispiel der Revenue Management Systeme an. Bereits seit einiger Zeit gibt es Programme, die Forecasts und Dynamic Pricing-Empfehlungen auf Basis von Künstlicher Intelligenz abgeben. Ob dabei eine KI im Hintergrund arbeitet oder nicht, ist für den Anwender sekundär. Er braucht gute Ergebnisse und ein starkes System, das ihm hilft, seine Aufgaben zu erledigen und verlässliche Voraussagen zu treffen.

Auch in der Haussteuerung werden inzwischen KI-unterstützte Systeme genutzt. Die Chatbots, die du genannt hast, werden verstärkt in der Kommunikation im Bereich FAQ eingesetzt. Sie arbeiten mit vorgegebenen Antworten auf häufig gestellte Fragen. Diese so genannten Large Language Models werden jetzt von ChatGPT abgelöst, das in der Lage ist, Sprache zu interpretieren und individuelle Antworten zu geben. Das ist eine neue Qualität. KIs wie ChatGPT können auch Bewertungen analysieren. Es gibt noch weitere Anwendungsfelder, bei denen schon seit längerer Zeit verschiedenste Tools und Lösungen eingesetzt werden.  #00:10:06-9#

Marco: Beim Revenue Management hätte man den Ausdruck „KI“ zwar früher nicht verwendet, aber tatsächlich sind es die gleichen Mechanismen und Technologien, die dahinterstehen. Die Studie vergleicht Länder miteinander, und sie zeigt sehr deutlich, in welchen Bereichen die KI bereits stark im Einsatz ist, nämlich vor allem bei den vorausschauenden Analysen, zum Beispiel im Revenue Management sowie bei der Personalplanung, wo ich es nicht vermutet hätte. Alle Tools, die bei der Erstellung von Einsatzplänen unterstützen, sind logischerweise mit einer Intelligenz ausgestattet. Einen Link zum Download der Studie werde ich in die Show Notes einstellen. Im internationalen Vergleich schneidet Österreichs Top-Hotellerie besonders gut ab. Wie erklärst du dir diesen Vorsprung?  #00:11:08-8#

Markus: Dieses Ergebnis hat uns einerseits überrascht, andererseits war es eine Bestätigung, über die wir uns gefreut haben. Wir wussten, dass die österreichische Hotellerie bereits sehr weit vorne ist, was Innovation und Technologie betrifft. Sie ist auch führend darin, sich Veränderungen schnell anzupassen. Bereits in den 2000er Jahren hat man sich in Österreich mit Tourismustechnologie beschäftigt und verschiedenste Plattformen wie Feratel und Discover eingesetzt.

Die ÖHV sowie andere Organisationen begleiten und unterstützen die Tourismusunternehmen auch bei Weiterbildungsthemen und Studien. Das ist ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor. Die Betriebe verfügen über eine gute Basis an Informationen, die es ihnen ermöglicht, sich intensiv mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen. Und die Strukturen der KMUs tragen dazu bei, Entscheidungen schnell herbeiführen zu können. Sie sind offen für Neues. Bei den großen Hotelketten benötigen solche Prozesse oft eine lange Zeit, bis sie in die Phase der Umsetzung und Adaption und gelangen. Das zeigt, dass unsere Betriebe sehr innovativ mit neuen Technologien umgehen.  #00:13:00-3#

Marco: Es ist definitiv ein Vorteil, dass wir in Österreich nach wie vor einen hohen Prozentsatz an inhabergeführten Hotels haben, bei denen Entscheidungen schnell gefällt werden können. Andererseits haben die Ketten natürlich viel mehr Macht, wenn sich erst einmal etwas durchgesetzt hat.  #00:13:20-4#

Markus: Für große Häuser ist es kein Problem, umfangreiche Ressourcen einzusetzen, und sie haben bessere Möglichkeiten bei der Entwicklung von Tools. Kleinere Betriebe haben den Nachteil, mit einer Vielzahl an fragmentierten Systemlandschaften umgehen zu müssen. Dadurch können sie die Digitalisierung als Ganzes sowie die sich bietenden Skaleneffekte weniger gut nutzen. #00:13:45-6#

Marco: Wir kleineren Betriebe sind flexibler, aber sobald die großen Ketten ihre Chancen nutzen, geraten wir im Worst Case international ins Hintertreffen. Wie können wir unseren Vorsprung halten, und welche Rolle spielt die Politik dabei? In eurem White Paper sprecht ihr an, dass es wichtig ist, die passenden politischen Rahmenbedingungen zu setzen. Was bedeutet das in Bezug auf die Vorreiterrolle der KMUs im Tourismus?  #00:14:16-1#

Markus: Das ist ein wichtiger Punkt. Auch bei der Technologie geht es natürlich immer um Skaleneffekte und um die Anwendung. Wenn der Standard der Betriebe im Tourismus eine Vorreiterrolle einnehmen soll, dann benötigt man klare Ziele und Definitionen, was das für die Branche bedeutet. Wie soll Österreich positioniert werden, und wie will man sich von den großen Playern unabhängig machen? Welche Maßnahmen müssen getroffen werden? Gibt es bestimmte Budgets, Förderungen und Initiativen für die Zusammenarbeit und Entwicklung gemeinsamer Systeme? Die Betriebe müssen geschult und begleitet werden, um das nötige Know-how zu erwerben. Es gibt natürlich eine Fülle von Instrumenten, die man politisch einsetzen kann, zum Beispiel Leuchtturmprojekte und gezielte Förderungen. Man könnte ein Tourismuskompetenz-Center mit Schwerpunkt KI ins Leben rufen, um KMUs und die Destinationen besser miteinander zu vernetzen. Mit Vorausdenken, dem Willen zur Veränderung und schnellen Maßnahmen bieten sich viele Möglichkeiten. Die Entwicklungen gehen bahnbrechend schnell voran, und zwar in Monatszyklen, nicht mehr wie früher in Jahren. Die Großen wie Expedia oder Booking entwickeln ihre Tools ständig weiter, und aufgrund dieses Vorsprungs, gepaart mit der Marktmachtdominanz, verlieren die anderen dann wieder den Anschluss. Darin besteht eine große Gefahr.  #00:16:13-5#

Marco: Du sprichst sehr wichtige Punkte an. Der Wille und die notwendigen Rahmenbedingungen sind die Voraussetzung dafür, um mithalten zu können. Wenn man sich die KI-Modelle und die modernen technischen Unterstützungsmöglichkeiten anschaut, dann stellt sich die Frage, wo noch Verbesserungspotenzial für die Zukunft besteht. In welchen Bereichen müssen wir noch mehr tun, und was wird noch nicht ausreichend genutzt?  #00:16:52-1#

Markus: Das ist eine spannende Frage, die ich dir jedoch nicht hundertprozentig beantworten kann. Die Entwicklung schreitet momentan rasant voran. Innerhalb weniger Monate können sich Chancen und Möglichkeiten für Prozessabläufe auftun, die wir heute noch gar nicht auf dem Schirm haben. Ich denke, dass sich bei der Kommunikation mit den Gästen in der nahen Zukunft viel tun wird. Chatbots sind nur der Anfang. Auf der Prozessebene, beispielsweise im Wareneinkauf und bei der Lagerlogistiksteuerung, wird sich aufgrund der Künstlichen Intelligenz vieles verbessern. Mit entsprechenden Systemen lässt sich in diesem Bereich viel Geld sparen.  #00:17:48-5#

Du hast die Mitarbeitereinsatzplanung angesprochen, Marco. Auch auf diesem Gebiet lassen sich Ressourcen und Mitarbeiterkosten einsparen. Viele Prozesse befinden sich gerade in der Entwicklungsphase. Das Gleiche gilt für die Kundenkommunikation sowie für Marketing und Vertrieb. Die neuen Technologien werden zur Prozessoptimierung in nahezu allen Abläufen eines Betriebs beitragen. Das ist eine sehr große Chance. Der Fachkräftemangel wird auch in den kommenden Jahren weiterhin bestehen bleiben. Als Unternehmer muss ich deshalb besonders gut analysieren, wo Lösungen geschaffen werden können kann, um Produktivitätssteigerungen und Prozessverbesserungen zu erzielen.  #00:18:39-4#

Marco: Das Gute ist, dass es um Optimierung geht und nicht um Ersatz, denn natürlich wollen wir unsere Mitarbeiter behalten. Der Tourismus wird immer eine Dienstleistungsbranche bleiben, in der es menschelt. Service braucht Menschen, aber alles, was unsere Arbeit effizienter macht, ist zu befürworten.  #00:19:05-0#

Markus: Richtig.  #00:19:04-4#

Marco: Dabei möchte ich auch auf potenzielle Gefahrenquellen eingehen. Wenn ich Aufgaben wie Pricing, Gästekommunikation und Reservierung auf KIs auslagere, benötige ich in fünfzehn Jahren dann überhaupt noch menschliche Mitarbeiter?  #00:19:44-4#

Markus: Das ist eine gute Frage. Bestimmte Aufgaben laufen bereits automatisiert ab. Prozesse ändern sich im Laufe der Zeit. Wir nutzen heute keine CDs mehr, um Musik anzuhören, und in Zukunft wird wieder neue und bessere Technologien geben. Chancen, aber auch Risiken sehe ich darin, die Mitarbeiter im Umgang mit modernen Systemen zu schulen. Diejenigen, die jetzt eine Karriere im Tourismus beginnen und später Verantwortung übernehmen werden, die müssen mit den Tools umgehen können und sie verwertbar machen. Komplexität sowie die Handhabung der Technologien stellen eine Herausforderung dar. Auch die Bereiche Sicherheit und Datenschutz gewinnen mehr und mehr an Bedeutung. Es gibt noch viele Unsicherheiten in diesem Bereich. Keiner weiß genau, wie man in Zukunft mit den gewonnenen Informationen umgehen muss. Wir sind Cybercrime-Angriffen ausgesetzt, zum Beispiel aus der Ecke von Buchungsplattformen wie Booking. Die sind zu einem Problemfeld geworden. Alle gefährdeten Unternehmen sind gefordert sind, sich und andere zu schützen. Wir erkennen, dass die modernen Technologien ein Einfallstor bieten für Menschen, die sich dort bereichern wollen.  #00:21:48-3#

Marco: In der EU wird bereits diskutiert, wie KI-Tools reguliert werden müssen. Das heißt, dass ich mich als Anwender genau informieren muss, was ich nutzen darf und was nicht, zum Beispiel, wenn es um die Urheberrechte bei Bildgeneratoren geht.  #00:22:13-2#

Markus: Das ist ein großes und schwieriges Thema. Mit dem Artificial Intelligence Act macht die EU einen entscheidenden Schritt zur Regulierung von KI. Warnungen vor einer unkontrollierten Nutzung der KIs gibt es zu genüge. Aber diese Regeln sind wichtig, denn es geht um die Sicherheit der Betriebe und der Unternehmer. Und auch die Anbieter müssen sich an diese Regeln halten.  #00:22:44-7#

Marco: Zum Thema Gefahrenquellen beschäftigt mich noch eine weitere Frage. Wenn jeder auf KI setzt und dabei individuell und mit einer spitzen Positionierung agiert, werden wir dann nicht wieder austauschbar? Oder kann man sagen, dass KI für jeden individuell und spezifisch ist?  #00:23:03-4#

Markus: Darin sehe auch ich eine gewisse Gefahr. Man muss sehr genau prüfen, in welchem Bereich man die KI einsetzt. Stell dir ein Szenario vor, in dem eine Künstliche Intelligenz eine Bewertung zu einem Urlaub schreibt, und eine andere KI darauf antwortet. Wenn alles nur noch virtuell abläuft, wo bleibt dann die Authentizität eines Erlebnisses? Den Vorteil einer echten Erfahrung wird man nicht ersetzen können. Wir müssen uns darauf fokussieren, Technologien dort zu nutzen, wo es zwischenmenschliche Berührungspunkte gibt. Darauf müssen unsere Mitarbeiter trainiert werden. Das macht den Tourismus aus, auch den österreichischen, und diesen USP darf man nicht aufgeben. Wir müssen aufpassen, nicht austauschbar zu werden, denn im Grunde geht es immer das persönliche Erlebnis vor Ort. Das macht den Tourismus aus und definiert auch Österreich als Urlaubsland. Daher bin ich davon überzeugt, dass wir auf der sicheren Seite sind. Trotzdem sollten wir uns dieser Gefahren bewusst sein und auch in der Werbung und in der Kommunikation darauf achten, authentisch zu bleiben.  #00:24:36-0#

Marco: Produkte, Services und Dienstleistungen sollten weiterhin individuell und spezialisiert entwickelt und weiter vorangetrieben werden. Das gilt auch für die Werbung, bei der man durchaus die Unterstützung der KI nutzen kann. Ihr habt sehr viele Partner, die sich mit den Möglichkeiten der Digitalisierung beschäftigen. Ich selbst nutze bisher ChatGPT noch nicht als Suchmaschine, aber vielleicht sollte ich das ändern. Der übliche Standard ist Google, aber wenn man nach anderen Tools sucht, wird man mit unzähligen Angeboten an Programmen überschüttet, die ihrerseits auch noch mit vielen Plug-ins erweitert werden können. Das ist ganz schön unübersichtlich und kann zu Überforderung führen. Wo fängt der Hotelier am besten an, wenn er beginnt, sich mit der Künstlichen Intelligenz zu beschäftigen? Kann er die Unterstützung der ÖHV nutzen?  #00:25:42-7#

Markus: Es ist eine Kernaufgabe der ÖHV, Orientierung zu geben. Gleichzeitig wollen wir die Anwender vor Überforderung schützen. Wir haben ein White Paper zum Thema Künstliche Intelligenz erstellt, in dem wir die Anwendungsfelder detailliert erklären und technische Lösungswege aufzeigen. Wir stellen mögliche Partner und Best Practices vor, die in den Betrieben eingesetzt werden können. Außerdem möchten wir dazu beitragen, dass sich Betriebe untereinander vernetzen.

Als weitere Säule bieten wir in unserem ÖHV Campus Seminare zum Thema ChatGPT an. Wie erklären, wie diese KI funktioniert und wie man sie im Tourismus nutzt. Dieses Seminar haben wir bereits viermal veranstaltet, weil es immer ausgebucht war. Der Bedarf ist groß. Die Betriebe möchten wissen, wie eine KI funktioniert und wie sie dieses Wissen im eigenen Unternehmen anwenden können. Als ÖHV geben wir den Betrieben Tools, Partner und Best Practices an die Hand, die ihnen helfen, individuelle Entscheidungen zu treffen. Darin sehen wir unsere Verantwortung. #00:27:26-0#

Marco: Die wichtigsten Themenbereiche zu euren Angeboten und Services werde ich in den Show Notes verlinken. Ich möchte noch einen Blick in die Zukunft werfen. Normalerweise bitte ich meinen Interviewpartner um einen kurzen Ausblick auf die nächsten Jahre, aber in der Digitalisierung ändert sich innerhalb kürzester Zeit so vieles, dass wir diese Frage heute nicht beantworten können. Deshalb würde mich interessieren, wo die Reise in den nächsten zwölf Monaten hingeht. Was steht uns 2024 an neuen Entwicklungen und Umbrüchen bevor? Traust du dich, eine Prognose abzugeben?  #00:28:01-5#

Markus: Es ist beeindruckend, wie schnell neue Lösungen und Tools auf den Markt kommen. Von ChatGPT gibt es bereits mehrere Versionen und sogar ein Sprach-Interface. Google hat „Bard“ herausgebracht. Ich glaube, dass es in dieser Dynamik weitergehen wird. Das heißt, dass sich die Basis, also die großen Systeme, rasant weiterentwickeln werden. Unterschiedlichste Anwendungsbereiche und sehr konkrete Lösungen tun sich auf.

Ich denke, dass im ersten Halbjahr weitere tourismusspezifische Anwendungen herauskommen werden, und ich könnte mir vorstellen, dass große Player wie Google und Expedia KI-Lösungen für die Kommunikation mit Gästen und Kunden auf den Markt bieten. Womöglich wird man mit Hilfe einer KI komplette Reise-Packages buchen können. Wir leben in sehr dynamischen und spannenden Zeiten, was die Technologien betrifft. Viele Neuerungen werden operativ schnell und einfach umgesetzt werden können. Die Herausforderung dabei ist, immer auf dem Laufenden zu bleiben. Das gelingt nur, wenn man sich ständig mit den Neuerungen beschäftigt. Vieles kann sich innerhalb eines Drei-Monats-Rhythmus ändern. Das wird auch für die ÖHV spannend.  #00:29:46-9#

Marco: Alles bleibt anders! Wie hoch ist der Anteil an Texten in eurem Whitepaper, die von ChatGPT erstellt wurden?  #00:30:05-9#

Markus: Im Whitepaper haben wir alle Texte selbst verfasst. Aber in der neuesten Ausgabe unserer Mitgliederzeitschrift „die lobby“, die ebenfalls das Thema KI als Schwerpunkt hat, haben wir mit ChatGPT gearbeitet, und alle Bilder wurden mit Künstlichen Intelligenzen erstellt. Das hat uns gezeigt, dass wir bereits heute sehr viel Technologie in unserer täglichen Arbeit einsetzen können, dass wir durch Produktivitätssteigerungen effizienter werden.

Ein weiteres Beispiel: Wir führen oft Umfragen mit offenen Antworten durch, für deren Auswertung wir bisher einen ganzen Tag benötigt haben. Mittlerweile übernehmen ChatGPT und andere Programme diese Aufgabe innerhalb von zehn Minuten. Es ist eine unserer Prioritäten, selbst mit den Technologien zu arbeiten, um das Wissen in die Betriebe übersetzen zu können.  #00:31:06-3#

Marco: Ich bin schon sehr gespannt, wohin die Reise noch gehen wird. Ihr bleibt am Ball, und ich werde verfolgen, was sich alles tut. Inzwischen arbeite auch ich mit ChatGPT 4.0, und das ist ein guter Anfang. Lieber Markus, vielen Dank für das spannende Interview. Die letzten Worte gehören immer dem Gast. Gerne kannst du jetzt noch einige Schlussworte einbringen. Gibt es noch etwas, was du loswerden willst oder was wir noch nicht angesprochen haben? Vielleicht einige kurze Tipps für unsere Hoteliers? Danke, dass du heute mein Gast warst.  #00:31:37-6#

Markus: Vielen Dank Marco, dass ich bei dir sein durfte und dass wir dieses spannende Gespräch geführt haben. Ich möchte allen Hörerinnen und Hörern mitgeben: Seid neugierig auf das, was passiert und möglich ist. Bei Fragen nicht zögern, sondern die ÖHV kontaktieren, damit wir diesen spannenden Weg gemeinsam gehen können. Wir stehen den Mitgliedern und Betrieben gerne zur Verfügung. Ich freue mich auf das kommende Jahr 2024.  #00:32:05-3#

Über Dr. Markus Gratzer

KI im Tourismus, Markus Gratzer

 

Einfach „machen“ – mein Ziel ist es, lösungsorientiert an Probleme heran zu gehen.

 

 

 

Dr. Markus Gratzer ist seit 2014 Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Er findet es immer wieder spannend, neue Ideen zu entwickeln und innovative Lösungen zu finden. Strukturen und Netzwerke zu schaffen bereitet ihm ebenso Freude wie die Weitergabe von Wissen und Know-How an die Hotel-Branche.

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