Die Gästesegmentierung ist ein Basiselement des Hotel-Marketings. Grundsätzlich geht es darum, die Fülle an potenziellen Gästen aufzuteilen, um Zielgruppen zu fokussieren. Dementsprechend können wir unsere Angebote ausrichten. Um Gäste mit einer Marketing-Botschaft zu erreichen, muss der Inhalt relevant für sie sein. Hierfür ist es notwendig, die Gäste in Segmente zu unterteilen, um sie individuell ansprechen zu können.
Es reicht schon lange nicht mehr, Angebote nach dem Gießkannenprinzip am Markt anzupreisen, sondern sie müssen sinnvoll aufgeteilt werden. Homogene sowie teilweise auch heterogene Teilmärkte müssen zunächst erfasst werden, um sie anschließend festlegen zu können. Das alles klingt kompliziert, aber im Grunde wird dieses Prinzip in der Hotellerie ohnehin bereits angewandt.
In der klassischen Marktsegmentierung unterteilen wir vor allem in vier Bereiche: geografische, soziodemografische, verhaltensorientierte und psychografische Kriterien. Die ersten drei Bereiche nutzen wir sehr oft, psychografische Kriterien hingegen selten. In der klassischen Marktsegmentierung definieren wir Grundvoraussetzungen für das Funktionieren einer homogene Gruppe. Zunächst ist es wichtig, die einzelnen Segmente messbar zu machen. Als Zweites kommt die Frage nach der Erreichbarkeit. Außerdem ergibt eine Gästeklassifizierung nur dann Sinn, wenn auch die dritte Voraussetzung erfüllt ist, nämlich die Profitabilität. Was erwarte ich mir von dieser Segmentierung? Ich werde keine Gruppe messen und ansprechen, wenn ich mir kein Ergebnis davon erwarte. Das sind die drei Voraussetzungen, um Segmente zu definieren.
Die geographische Gästesegmentierung
Wir haben unsere Meldeblätter, in denen die Gäste ihre Daten eintragen, unter anderem auch ihre Anschrift und ihr Herkunftsland. Die geografische Erfassung ist somit in jedem Beherbergungsbetrieb möglich. Hierbei unterscheiden wir in makro- und in mikro-geografische Segmentierungen. Makrogeografische Merkmale umfassen Länder und größere Regionen, mikrogeografische Daten bestimme Bundesländer und einzelne Städte.
Wenn ich ein Hotel in Tirol führe, dann macht es einen großen Unterschied, ob die Mehrzahl meiner Gäste aus der Hauptstadt Wien oder aus Oberösterreich stammt. Je näher der Gast an meinem Betrieb wohnt, desto kurzfristiger kann ich ihn womöglich für einen Besuch gewinnen. Auch wenn ich einen hohen Anteil an deutschen Gästen beherberge, ist es sinnvoll zu wissen, aus welchem Bundesland sie kommen. Geografische Segmentierung ist eine erste groben Einteilung.
Die sozio-demographische Gästesegmentierung
Die zweite Möglichkeit ist die soziodemografische Segmentierung. Hierbei unterscheidet man zwischen sozioökonomischen und demografischen Kriterien. Wir erfassen Geschlecht, Alter, Wohnort und eventuell Familienstand unserer Gäste, denn es macht einen Unterschied, ob sie als Alleinreisende, als Paar oder mit Kindern zu uns kommen. Sozioökonomische Kriterien sind nicht immer einfach zu erfassen. Ein Titel im Namen lässt Rückschlüsse auf die Tätigkeit eines Gastes zu. Haben wir viele Business-Gäste, dann wissen wir anhand des buchenden Arbeitgebers, in welchen Branchen sie arbeiten.
Die soziale Schicht und das Einkommen zu erkennen, das wird schon schwieriger, aber es lässt sich daran ableiten, welche Gäste welche Kategorien bevorzugt buchen. Auch die Staatsangehörigkeit und die Religionszugehörigkeit sind sozioökonomische Kriterien, wobei die Religionszugehörigkeit aus datenschutzrechtlichen Themen nicht erfasst werden darf.
Wichtig ist, zwischen demografischen und sozioökonomischen Bereichen zu unterscheiden. Der Vorteil der soziodemografischen Gästesegmentierung ist die leichte Messbarkeit sowie die Stabilität dieser Daten. Gäste, die ich nach nach soziodemografischen Kriterien definiert habe, kann ich zielgenau ansprechen. Ich weiß ziemlich sicher, wie sie sich verhalten werden, wenn sie bei mir im Haus sind. Es ist jedoch schwierig, sie ausfindig zu machen.
Die verhaltensorientierte Gästesegmentierung
Eine weitere Klassifizierungsmöglichkeit ist die Verhaltensorientierung. Hierbei geht es um die Nutzenanalyse beziehungsweise um das Buchungsverhalten. Wann buchen bestimmte Gäste, und wie oft und wie regelmäßig buchen sie? Diese Daten benötige ich, um Stammgäste zu definieren. Wir unterscheiden zwischen Erstgästen, wiederkehrenden Gästen und Stammgästen. Nutzen die Gäste Bonusprogramme, und sind sie loyal? Sprechen Sie auf Werbeaktionen und auf Packages an? Auch das sind Verhaltensmuster, die uns helfen, Gäste besser kennenzulernen. Bucht ein Gast eher über Booking als über meine Webseite? Wie buchen die Gäste, wann und über welchen Kanal? Was konsumieren sie vor Ort? Buchen sie die Übernachtung nur mit Frühstück oder essen sie auch in unserem Restaurant? Verbringen sie viel Zeit an der Bar? Das alles sind verhaltensorientierte Segmentierungen, die ich für meine Analysen nutzen kann.
Die psychographische Gästesegmentierung
Der vierte Bereich behandelt die psychografische Segmentierung. Sie geht davon aus, dass die Abgrenzung der Marktsegmente aufgrund von soziodemografischen Merkmalen nicht ausreicht, und dass psychografische Konstrukte unsere Entscheidungen beeinflussen. Das heißt, dass sich anhand des Lebensstils einer Gruppe typische Verhaltensmuster erkennen und auf dieser Basis Gewohnheiten und Meinungen herausarbeiten lassen. Zu den psychografischen Segmentierungskriterien zählen auch Einstellungen, Werte, Persönlichkeitsmerkmale und Milieus.
Grenzen klassischer Marktsegmentierung
Aufgrund der Vielzahl an Kategorien wird es immer schwieriger, Gäste punktgenau zuzuordnen. Das gilt vor allem für hybride Gäste, die sowohl hochpreisig als auch klassisch buchen und unterschiedlich konsumieren. Aus diesem Grund werden klassische Segmentierungsverfahren oft erweitert oder durch neuere Verfahren abgelöst, beispielsweise durch die Beschreibung sozialer Milieus wie Sinusmilieus oder durch neurologische Typisierungen. Einer dieser Ansätze sind die so genannten Limbic Types, die sehr stark von der Gehirnforschung geprägt sind.
Affinity Groups
Eine weitere Möglichkeit der Marktsegmentierung ist sind Affinity Groups. Sie unterscheiden sich von den beschriebenen Klassifizierungsansätze vor allem dadurch, dass sich die Zielgruppe selbst definiert und nicht durch den Hotelier bestimmt wird. Dies ist beispielsweise bei Gruppen der Fall, die ein gemeinsames Hobby oder eine andere Gemeinsamkeit teilen.
Affinity Groups lassen sich nicht über herkömmliche Kriterien segmentieren. Nehmen wir als Beispiel die Wintersportart des Free Ridings: Die Anhänger kommen aus allen Altersgruppen und Gesellschaftsschichten, aus den unterschiedlichsten Ländern und Wertegefügen. Die Affinity Group umfasst all diejenigen, die der Szene angehören und den entsprechenden Lifestyle leben, unabhängig von anderen Unterscheidungskriterien.
Die Buyer Persona
Die verschiedenen Arten der Gästekategorisierung helfen mir, meinen Wunschgast zu definieren. Dieses Thema haben wir auch bereits im Podcast-Interview mit Paul Lanzerstorfer besprochen. Paul erklärte uns, wie man „Personas“ erstellt, fiktive Figuren, die aus realen Eigenschaften einer Zielgruppe definiert werden. Ein großer Vorteil ist, dass ich mit Hilfe der fiktiven Gäste unterschiedliche Segmentierungsmöglichkeiten verbinden kann und dadurch ein genaues Bild meines potenziellen Wunschgastes erhalte.
Bei der Erstellung einer Persona helfen mir bestimmte Fragen. Was bewegt den Gast dazu, mein Hotel zu buchen? Was unterscheidet ihn von anderen Gästen? Was beeinflusst seine Buchungsentscheidung? Welche Angebote ziehen ihn an? Bei der Erstellung eines Zielkunden geht es auch darum, ihm ein Gesicht zu geben. Wir definieren, woher er kommt, was er beruflich macht, worauf er anspricht und welche Werte ihm wichtig sind. Wir erstellen eine fiktive Gästekartei mit Foto und Verhaltensmustern, die perfekt im Marketing eingesetzt werden kann. Meine Marketingaktionen lassen sich dann perfekt auf diese Zielgruppe projizieren. Die Strategie unterstützt mich außerdem bei allen operativen Fragestellungen rund um neue Angebote und Kooperationen.
Fazit
Die Gästesegmentierung ist eine unabdingbare Voraussetzung für jeden Hotelbetrieb, um Verständnis für die Gäste aufzubauen und zu optimieren. Unsere Branche stellt uns viele nützliche Werkzeuge zur Verfügung. Es gibt verschiedenste Segmentierungsansätze. Manche davon nutzen wir automatisch, andere noch nicht bewusst genug. Die bisherigen Einteilungen in Source Codes, Market Codes, Channel Codes und Price Codes sollten wir hinterfragen. Womöglich kann eine andere Einteilung zielgerichteter sein, die mir dann auch im Marketing gute Dienste leistet.
Weil Gäste in verschiedenen Bereichen aktiv sind, ist es sinnvoll, sich mit Wertegruppierungen wie den Milieus auseinanderzusetzen.