Die Macht der Preiskommunikation

Die Preiskommunikation ist ein wichtiges Instrument innerhalb des Preismanagements. Ausgehend von der Digitalisierung werden Preisbewegungen schneller und flexibler vorgenommen (Stichwort „Dynamic Pricing„). Als Konsequenz daraus ergibt sich eine neue Dynamik in der Kommunikation von Preisveränderungen.

 

 

 

Zusätzlich werden Hoteliers vor Herausforderungen in der Preiskommunikation gestellt, wenn die Preissensitivität der Gäste zunimmt oder eine verstärkte Austauschbarkeit des Angebots und der Leistungen beklagt wird. Dadurch nimmt auch die Relevanz der Art und Weise zu, wie Hotels über Preise und Restriktionen informieren, diese darstellen und auch Veränderungen kommunizieren.

Roman Kmenta erklärt uns als „The voice of value„, warum nichts zu teuer und der Wert immer wichtiger als der Preis ist.

Transkript dieser Podcast-Folge

Marco: Hallo Roman, vielen Dank, dass du dir Zeit für unser Gespräch nimmst. Ich habe im Intro schon einige Worte zu dir und zu unserem heutigen Thea gesagt. Sei doch so nett und stell dich unseren Hörerinnen und Hörern selbst noch einmal vor. Wer bist du, was machst du, und wo sind deine Berührungspunkte mit dem Tourismus?  #00:01:09-3#

Roman: Ich freue mich ebenfalls, dass ich heute dabei sein darf. Mein Name ist Roman Kmenta, ich bin Österreicher und beschäftige mich seit einigen Jahren mit dem Schwerpunktthema Preis und allem, was dazu gehört. Das ist viel mehr, als man vielleicht glaubt. Ich halte Vorträge auf Kongressen über den Bereich Tourismus. Außerdem reise ich viel und bin selbst sehr gerne Gast. In den letzten Monaten hatte ich coronabedingt viel Zeit, um weitere Bücher zu schreiben, die sich mit Preisfindung beschäftigen.  #00:02:04-8#

Marco: Vielen lieben Dank für die Einleitung. Wenn man im Internet nach dir und deinen Dienstleistungen sucht, stößt man immer wieder auf den Titel „The Voice of Value“. Was bedeutet die Preiswertigkeit für dich, und wie wichtig ist der Preis im Bereich Kommunikation?  #00:02:29-7#

Roman: Ich nenne mich „The Voice of Value“, weil ich darauf hinweisen möchte, dass wir uns viel zu viel mit dem Preis, aber zu wenig mit dem eigentlichen Wert beschäftigen. Auf dieser Welt ist nichts zu teuer, sondern es ist lediglich manches zu wenig wert. Das sieht man gerade im Tourismusbereich oft, wo die Preise nach oben offen sind. Man kann Hotelzimmer für viele Tausende von Euro pro Nacht buchen, aber sind sie diesen Preis tatsächlich wert? Der Wert ist ein vielschichtiges Konstrukt, und ich habe mir auf die Fahnen geheftet, ihm Wert eine Stimme zu geben. Wenn der Wert stimmt, dann kann man jeden Preis verlangen.  #00:03:09-5#

Marco: Du reist gerne und viel. Hast du das Gefühl, immer den richtigen Wert für dein Geld zu erhalten?  #00:03:17-9#

Roman: Nein, natürlich nicht. Egal um welches Produkt oder um welche Dienstleistung es sich handelt, jeder von uns hat eine Wertvorstellung im Kopf. Wir suchen nach einem akzeptablen Gleichgewicht, nach einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Wenn der Wert höher ist als der Preis den man bezahlt, dann freut man sich, weil man glaubt, etwas geschenkt zu bekommen. Ist der Wert jedoch niedriger als der Preis, dann fühlt man sich über den Tisch gezogen und unfair behandelt. Das passiert immer wieder. Wir gehen im Restaurant essen und sind überrascht, wenn die Rechnung kommt. „So toll war es eigentlich gar nicht“, denken wir uns dann. Auch mir passiert es, dass ein Hotel nicht meinen Erwartungen entspricht.  #00:04:03-5#

Marco: Das hört sich an, als würde der Hotelier die Strategie „Trial and Error“ anwenden. Bin ich zu billig, bin ich zu teuer, und mit welchen Preisen gehe ich auf den Markt? Wie kann ich diese Gratwanderung meistern, und wie kann ich einschätzen, was meine Leistung wert ist?  #00:04:20-7#

Roman: Das sind sehr gute Fragen. Meist richten wir uns nach den Marktpreisen und schauen, was die anderen verlangen. Letztlich ist jedoch der einzig wahre und richtige Preis derjenige, den der Kunde noch bereit ist, zu zahlen, und zwar für einen Wert, den wir in seinem Kopf aufgebaut haben. Das ist gerade im Tourismusbereich schwierig, wo sich die Preise stündlich, wenn nicht sogar minütlich ändern. Je nachdem, mit welchem Gerät und auf welcher Plattform man online geht, werden unterschiedliche Preise angezeigt. Und deshalb hast du recht, dass man in der Preisfindung flexibel sein und Strategien ausprobieren muss.  #00:05:09-1#

Marco: Gerade in der Ferienhotellerie darf man nicht leichtfertig mit Variablen arbeiten, denn die Gäste sprechen miteinander und vergleichen die Preise. Wir nutzen Systeme, die alle 7 Minuten ihre Preise ändern, je nach Marktgegebenheit und Mitbewerber. Manchmal ist sogar das Wetter dafür verantwortlich, wenn die Preise fallen. Sind variable Preisschwankungen unbedingt notwendig?   #00:05:46-0#

oman: Nein, sie sind sicher nicht notwendig, aber sie können durchaus Sinn ergeben und zusätzlichen Profit bringen. Ich muss mit Fingerspitzengefühl an die Preisfindung herangehen, denn schließlich wollen wir vermeiden, dass sich ein Gast grob benachteiligt fühlt. In der heutigen Zeit, wo Preise ein wichtiger Wettbewerbsfaktor geworden sind, geht es nicht mehr ohne variable Angebote. Wenn ich einen festen Preis für die ganze Saison ansetze, dann mache ich mir zwar weniger Arbeit, aber ich hole auch nicht das Maximum an Ertrag heraus.  #00:06:30-3#

Marco: Diese strategischen Entscheidungen sind im individuellen Hotelbetrieb sicher anders möglich als bei großen Ketten. Bei den günstigen Design Hotels wie Motel One gibt es das Dynamic Pricing, das heißt, ich kann mir sicher sein, immer den fast gleichen Preis zu bezahlen. Holen diese Hotels nicht das Maximum heraus?  #00:06:52-0#

Roman: Das ist ein sehr gutes Beispiel für die Vielschichtigkeit des Themenfeldes. Es ist eine Frage der Positionierung, wenn ein Hotel damit wirbt, immer den gleichen Preis bieten zu können. „Bei uns weißt du, was du bezahlst, egal von welchem Gerät aus, zu welcher Tageszeit und mit welchem Vorlauf.“ Das ist eine schöne Positionierungsbotschaft. Viele Kunden finden das sympathisch, denn sie können sich sicher sein, immer den besten Preis zu erhalten.  #00:07:37-3#

In der Wirtschaft kann man alles Mögliche machen, natürlich auch das Gegenteil von dem, was wir heute besprechen. Aber man muss sich darüber im Klaren sein, welche Auswirkungen es hat. Natürlich kann ich ein Billigpreisanbieter sein, wenn ich es mir leisten kann. Ich kann auch ein High End-Anbieter sein, wenn es zu meinem Angebot passt.  #00:07:59-3#

Marco: Damit sind wir bei einem ganz wichtigen Thema, der Positionierung und der Leistung. Ich sollte genau wissen, was ich bieten kann und was mich dieses Angebot kostet. Wo ist meine Preisuntergrenze, und ab welcher Schwelle schaffe ich einen Break Even mit der Anzahl der Übernachtungen? Ich selbst bin ein Freund der progressiven Preisgestaltung und gewähre gerne den günstigsten Preis, je früher jemand bucht. Je näher das Anreisedatum rückt, desto teurer wird die Übernachtung.  #00:08:26-3#

Corona hat uns gelehrt, dass Tourismus sehr angreifbar ist. Viele Betriebe haben nicht gewusst, wie es weitergehen soll. Jetzt im Sommer steigt die Nachfrage glücklicherweise wieder, vor allem im Inland. Die Hochkonjunktur vom Jahr 2019 werden wir jedoch noch lange nicht wieder erreichen. Es ist ein kleiner Schritt, die Preise zu senken, um ein Stück vom Markt mitzunehmen. Aber wann kann ich meine Preise voraussichtlich wieder erhöhen? Kann es eine Strategie sein, die Preise kurzfristig und vorübergehend zu senken?  #00:08:57-8#

Roman: Jede Strategie kann ihre Berechtigung haben, wenn ich mir darüber bewusst bin, welche Folgen sie auslöst. Die Auslastung ist eine wichtige Kennzahl in der Hotellerie. Auf einem Kongress sagte mir ein Teilnehmer aus dem Hotelleriebereich, „wie checkt ein Hotelier, ob es dem Geschäft gerade gut geht? Er schaut aus dem Fenster raus, und wenn der Parkplatz gefüllt ist, dann ist das Hotel ausgelastet.“ Aus Sicht des Preises und des Ertrags ist das nicht unbedingt richtig. Man kann verschiedene Rechenmodelle anstellen, die ergeben, dass man mit einer geringeren Auslastung bei gleichzeitig höheren Preisen einen besseren Ertrag erzielt. Meiner Meinung nach wird allgemein zu wenig gerechnet. Alles ist denkbar, ich muss nur in der Lage sein, das Ergebnis auszurechnen. Ich kann mir verschiedene Szenarien ausrechnen, Auslastung versus Preis und Ertrag, und was bleibt dabei übrig? Mit diesen Modellrechnungen lassen sich erstaunliche Resultate erzielen. Plötzlich wird mir bewusst, dass ich mit 20 Prozent weniger Auslastung sogar einen höheren Ertrag erwirtschafte, wenn ich an dieser oder jener Stellschraube drehe. Beispiele durchzurechnen ist eine wichtige Grundlage. Es wird zu viel auf die Auslastung und auf den Umsatz geschaut und zu wenig auf das geachtet, was übrigbleibt.  #00:10:29-0#

Marco: Du hast ein wichtiges Thema angesprochen. Ich frage die Hoteliers gerne provokant, was ihr größter Erfolg war. Sie erzählen mir dann, dass sie teilweise 100 Prozent Auslastung erzielt hätten. Meine Antwort darauf lautet: Dann hast du etwas falsch gemacht und dich zu billig verkauft!  #00:10:47-3#

Roman: Ganz genau. Wenn jeder kauft, dann bist du zu billig, und wenn ein Hotel zu 100 Prozent ausgelastet ist, dann ist der Preis zu niedrig.  #00:11:00-5#

Marco: Es gibt sicher Ausnahmen, aber in der Regel hat man etwas falsch gemacht, wenn man zu 100 Prozent ausgelastet ist. Kommen wir auf die Preissenkungen zurück. Angenommen, ich bin bisher einer progressiven Preissteigerung gefolgt, die zum Anreisezeitpunkt teurer wird, aber jetzt benötige ich Liquidität. Nun gehe ich mit günstigeren Preisen auf den Markt. Wie lange wirken sich Preissenkungen am Markt aus? Wenn Gäste merken, dass es billiger wird, sind sie dann gleichermaßen bereit, mehr zu bezahlen?  #00:11:38-5#

Roman: Das kommt auf das Klientel an. Wenn ich als Tourist ein Hotel buche, in dem ich bereits vor Jahren schon einmal war, dann bin ich meist unempfindlich, da ich ohnehin nicht mehr weiß, was ich damals bezahlt habe. Überall, wo regelmäßig gebucht wird und wo sich die Menschen daran erinnern, was sie zahlen, würde ich Preissenkungen vorsichtig angehen und statt einer Senkung lieber eine Zusatzleistung anbieten. Der Preis bleibt, aber es gibt jetzt ein Zuckerl, man bekommt noch eine Flasche Sekt aufs Zimmer oder sonst einen interessanten Vorteil für den Gast. Das finde ich weitaus besser, als ständig mit dem Preis herumzuspielen.  #00:12:41-3#

Marco: Danke, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Auch ich bin kein Freund von Preissenkungen. Einerseits muss man seine Zielgruppe im Auge behalten, und andererseits ist es nötig, die Grundauslastung zu gewährleisten, denn ich muss liquide bleiben, und meine Kosten müssen gedeckt sein.  #00:13:04-7#

Roman: Ja, das ist richtig.  #00:13:07-4#

Marco: Das sind Entscheidungen, die ich als Unternehmer treffen muss. Eine Sache begleitet uns vor allem nach Corona: Viele Partner beginnen wieder damit, Kontingente einzukaufen. Sie wittern ein Geschäft und versuchen, viele Übernachtungen möglichst günstig zu erhalten. Im Gegenzug sichern sie eine Grundauslastung und bieten viele gute Gäste. Eines deiner Top-Themen ist die Preisverhandlung. Wie starte ich in Preisverhandlungen mit Geschäftspartnern, die mir das Blaue vom Himmel versprechen?  #00:13:49-9#

Roman: Am besten mit einer guten Vorbereitung, denn die zahlt sich bei Preisbesprechungen wirklich aus. Zunächst prüfe ich, was in der Vergangenheit mit dem Vertragspartner vereinbart wurde. Als Nächstes lege ich für mich einen konkreten Zielpreis und eine unterste Schmerzgrenze fest, die mir als Verhandlungsbasis dienen. Aber Achtung: Bitte nicht diese unterste Schmerzgrenze akzeptieren. Der verhandelte Preis muss natürlich darüber liegen. Ich darf in der Hitze des Gefechtes nicht bis zum Äußersten nachgeben. Das Ergebnis sollte eher in Richtung Zielpreis gehen.  #00:14:36-7#

Wenn ich bereits Erfahrung in Verhandlungsrunden habe, dann weiß ich, welche Argumente und Einwände mein Gegenüber anbringen wird. Diese notiere ich mir im Vorfeld, um mit entsprechenden Antworten gerüstet zu sein. Dazu gehören auch Fragen und Gegenfragen, die ich meinem Verhandlungspartner stellen will. Diese Vorbereitung ist enorm wichtig.  #00:15:00-1#

Dazu gehört eine gute Portion Selbstbewusstsein. Wenn ich Angst vor dem Gespräch habe, dann werde ich wahrscheinlich verlieren. Auch wenn es schwer fällt: Im Zweifelsfall muss ich bereit sein, auch ohne Einigung aus dem Gespräch zu gehen. Wenn ich alles akzeptieren muss, dann habe ich schlechte Karten, die Verhandlungen zu einem positiven Ergebnis zu bringen. Es muss eine Untergrenze geben, und wenn keine Einigung erzielt werden kann, muss ich dies akzeptieren.  #00:15:50-0#

Marco: Das heißt, dass man sich an die selbst gesteckte Untergrenze halten und in den Verhandlungen hart bleiben muss.  #00:15:53-4#

Roman: Genau. Deswegen rate ich dazu, Ziele schriftlich zu fixieren. Strategisch und längerfristig sollte ich alles tun, um möglichst nicht von einem einzelnen Partner abhängig zu sein. Je größer die Möglichkeiten, desto leichter fallen die Verhandlungen.  #00:16:18-7#

Marco: Das ist das Thema der Multi-Channel-Strategie. Wenn ich mit mehreren Vertriebspartnern gut zusammenarbeite, dann wird es mir leichter fallen, auf denjenigen zu verzichten, dessen Anforderungen aus dem Ruder laufen. Damit haben wir die Seite des Verkäufers beleuchtet, aber wie schaut es aus, wenn die Gäste verhandeln wollen? Soll man dann auch hart bleiben und an den bisherigen Denkmustern festhalten? Mir gefällt der Titel deines Buches „Wir sind dann mal teurer. Selbstbewusst Preise erhöhen ohne Kunden zu verlieren“ sehr gut. Was steckt hinter dieser Aussage?  #00:17:01-0#

Roman: Im Buch geht es um taktische und strategische Komponenten. Zur Strategie gehören Positionierung und Multi-Channelling, und die Taktik beinhaltet die psychologischen Verhandlungsmethoden. Auch hier gilt wieder, dass ich gut vorbereitet sein und meine Zielpreise und Untergrenzen kennen muss. Ich lege mir eine gute Argumentation zurecht und weiß genau, was ich antworte, wenn mir ein Gast entgegnet, dass er beim Mitbewerber weniger für das Zimmer bezahlt.   #00:17:47-8#

Ich muss genau wissen, was mein Angebot wert ist, denn der Wert wird oft vollkommen falsch eingeschätzt. Im Urlaub steigen wir gerne in einem schönen Hotel ab. Der Service ist ausgezeichnet, es gibt einen Pagen, und das Gepäck wird aufs Zimmer gebracht. Meine Frau liebt das, aber ich hasse es! Ich mag es nicht, die Kontrolle über meinen Koffer abgeben zu müssen. Natürlich gebe ich dem Pagen ein Trinkgeld, aber im Grunde bin ich nicht bereit, für diesen Service zu zahlen, denn ich kann meinen Koffer selbst mitnehmen. Er hat Rollen, und es gibt einen Aufzug. Im Zimmer angekommen, muss ich auf meinen Koffer warten, weil der Page viele andere Koffer ausliefert, bevor er endlich zu mir kommt. Das ist für mich alles Andere als ein Mehrwert.  #00:18:45-4#

Auf Santorin in Griechenland, in der Nähe des Caldera-Vulkans, bei 40 Grad Hitze und mit einem 30 Kilo schweren Koffer, den man viele steile Treppen hoch schleppen musste, da war ich natürlich über diesen Service dankbar, aber in einem normalen Hotel benötige ich ihn nicht. Viele Hotels denken nicht darüber nach, ob der Gast einen solchen Service wünscht oder nicht. Sie denken, dass ein Page Eindruck macht und einen Mehrwert bietet. Nein, er bietet keinen Mehrwert, und bei manchen Gästen kann das sogar kontraproduktiv sein.  #00:19:22-2#

Du hast das Konzept von Motel One erwähnt, das sehr gut gemacht ist. Man hat sich Gedanken darüber gemacht, was dem Kunden wichtig und wirklich etwas wert ist. Ich denke, sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen, und zwar für touristische und für Business-Reisende gleichermaßen. Ich brauche ein gutes Bett, eine gute Dusche, ein modernes und sauberes Zimmer. Wenn ich nur eine Nacht oder nur wenige Nächte in diesem Hotel bin, dann benötige ich weder ein großes Zimmer noch einen großen Schrank. Wichtig ist, dass mir ein gutes und großes Fernsehgerät zur Verfügung steht und eventuell noch eine Mini-Bar. That’s it!  #00:19:56-0#

So findet man heraus, was meinen Gästen etwas wert ist, natürlich immer angepasst auf die jeweilige Zielgruppe. Das kann auch ein Upgrade für ein besseres Zimmer sein, wenn ich nicht ausgelastet bin. Während eines Business-Trips kam ich einmal in den Genuss eines Upgrades in ein Zimmer mit freistehender Badewanne mit Blick auf den Fernseher. Das war richtig nett, und ich habe dieses Angebot gerne genutzt. Es kann aber auch etwas ganz Anderes sein wie eine zusätzliche Flasche Wein oder ein kostenfreier Bügelservice. Lieber auf diese Art den Wert erhöhen als beim Preis nachzulassen.  #00:20:43-6#

Marco: Man muss sich auf jeden Fall intensiv mit der eigenen Zielgruppe beschäftigen. Es kann passieren, dass ich aufgrund meines Preisgefüges Gäste im Haus habe, die ich eigentlich gar nicht haben möchte. Und möglicherweise wären, die ich gerne im Haus hätte, sowieso bereit gewesen, mehr zu zahlen.  #00:21:01-7#

Roman: Genau. Es ist eine Frage der Positionierung, ein enorm wichtiges Thema.  #00:21:09-1#

Marco: Du hast ein Stichwort angesprochen, mit dem auch ich mich intensiv beschäftige, und zwar den preispsychologischen Effekt. Du schreibst über Behavioral Pricing, Ankerpreise und Schwellenpreise. Welche Auswirkungen haben diese Effekte gerade in der digitalen Preiskommunikation? Oder sind sie eher eine Art i-Tüpfelchen, wenn ich sowieso schon eine gute Preisstrategie anwende?  #00:21:32-4#

Roman: Es ist der Schnittlauch auf dem Butterbrot, aber gerade in unserer Branche haben die preispsychologischen Effekte sehr große Auswirkungen. Tourismus ist ein Feld, in dem täglich viele Kaufvorgänge abgewickelt werden. Ein Anlagenbauer arbeitet innerhalb eines Jahres womöglich nur an einem einzigen Projekt, erzielt damit aber einen Umsatz von 20 Millionen Euro. Bei diesem Auftrag spielt die Preispsychologie eine kleinere Rolle als bei einem Hotel, das 70 Buchungsvorgänge mit jeweils vielen kleinen Beträgen pro Tag bearbeitet. Die Effekte wirken nicht bei allen Vorgängen gleich, aber in Summe wirken sie stark.   #00:22:22-5#

Es gibt Praktiken, die leicht einsetzbar sind. Ich sollte immer ein besonderes Angebot parat haben, zum Beispiel eine exklusive Suite. Wahrscheinlich vermiete ich sie selten, aber sie lässt die anderen Preise im Vergleich deutlich günstiger erscheinen. Meist kauft man weder das Teuerste, noch das Billigste, sondern bleibt bleibt beim Preis in der Mitte. Dann hat man das Gefühl, ein gutes Preis-Leistungsverhältnis erhalten zu haben. Eine weitere Möglichkeit sind Pakete. Wir verabschieden uns von der Zimmer-ohne-Frühstück-Preisvergleichbarkeit hin zum Paket, in dem das Frühstück selbstverständlich im Zimmerpreis enthalten ist. Vielleicht gehört noch ein Bügelservice dazu oder eine Flasche Wein. Ich mache ein schönes Package daraus und verkaufe es. Das generiert Zusatzumsatz, und ich bin raus aus der Gleichmacherei mit anderen.  #00:23:38-7#

Marco: Gerade in der Ferienhotellerie war das Packaging sehr gebräuchlich. Erst seit dem Aufkommen der vielen Preisvergleichsportale ging der Trend zurück zum günstigsten Preis und damit zum Zimmer ohne Verpflegung. Wenn man diesen Trend mitgeht, dann kommt man in eine Preisspirale, die sich ständig nach unten dreht, weil man immer wieder günstiger sein muss als die anderen.    #00:24:10-9#

Roman: Genau. Dann bin ich voll in der Vergleichbarkeit, und dann geht es nur noch um den Preis und um nichts Anderes mehr. Will ich das, und kann ich es mir leisten, bei diesem Spiel mitspielen? Die billigen Preise funktionieren nur scheinbar. Es wird gebucht, man freut sich über eine hohe Auslastung, aber das böse Erwachen kommt sehr viel später, meist zum Jahresende, wenn der Steuerberater an der Abrechnung sitzt und erkennt, dass die Buchungslage zwar gut war, man aber nichts verdient hat.  #00:25:08-3#

Dann braucht es Mut, neue Strategien und eine klare Positionierung, wohin die Reise gehen soll. Wenn ich das Preisvergleichsspielchen mitspiele, dann heißt das, dass ich auf der Kostenstruktur extrem schlank sein muss, denn sonst funktioniert es nicht.  #00:25:30-6#

Marco: Bedeutet das auf der anderen Seite, dass der Anteil der Gäste, der nur nach dem Preis schaut, von der Branche überschätzt wird?  #00:25:38-3#

Roman: Ja, ich glaube, dass er überschätzt wird. Natürlich kommt es dabei auf die Zielkundengruppe an. Manche sind total unsensibel, was Preise anbelangt, andere hingegen sind sehr sensibel. Der Preis wird einerseits überbewertet, andererseits aber auch unterbewertet. Was meine ich damit? Er wird unterbewertet, wenn man sich bewusst macht, welche desaströsen Auswirkungen eine Aktion wie „wir zahlen Ihnen die Mehrwertsteuer“, also eine Preissenkung, auf den Ertrag haben kann. Das wird selten im Voraus berechnet. Dann müssen plötzlich an allen Ecken und Enden an Kosten gespart werden, um dieses Versprechen einzuhalten.  #00:26:43-7#

Auf der anderen Seite wird der Preis massiv überschätzt, weil man denkt, es gäbe kein anderes Marketing-Instrument als die Drehschraube der Preisfindung. Wenn man einen Laien fragt, was man ändern könnte, um das Geschäft anzukurbeln, dann erhält man wahrscheinlich als Erstes die Antwort, dass man die Preise senken muss. Das ist alles, was vielen einfällt, und das finde ich schade. Der Preis wird überschätzt, denn es gibt auch noch andere Möglichkeiten, um den Ertrag zu steigern.  #00:27:17-9#

Marco: Eine Preissenkung scheint die offensichtlichste und einfachste Möglichkeit zu sein, um etwas zu ändern.   #00:27:27-6#

Roman: Es ist einfach, geht schnell und hat unmittelbare Auswirkungen auf die Buchungen. Alle anderen Änderungen dauern länger, benötigen mehr Kreativität und bessere Ideen. Wenn ich aus der Abhängigkeit der Preisvergleiche ausbrechen will, dann muss ich dafür sorgen, dass ich mich auch in den üblichen Buchungsportalen durch andere Vorteile von den Mitbewerbern abhebe. Manche Hotels sind mit der Google-Suche quasi nicht zu finden. Es kostet Mühe, Zeit und Geld, aber es bringt Erfolge. Wenn ich mit einer guten Idee einen höheren Preis aufrecht erhalten kann, dann stecke ich gerne Mühe, Zeit und Geld in eine erfolgreiche Strategie hinein.  #00:28:13-4#

Marco: Preis und Vertrieb gehen Hand in Hand. Die beste Preisstrategie nützt nichts, wenn ich nicht sichtbar bin und mich niemand bucht. Andererseits kann ich die beste Vertriebsstrategie haben, mit den falschen Preisen werde ich trotzdem Verluste einfahren. Deshalb bin ich ein großer Fan davon, beide Seiten detailliert abzuwägen, bevor ich in Aktionismus gerate.  #00:28:36-8#

Roman: Das kann ich auch bestätigen.   #00:28:40-9#

Marco: Du hast vier Bücher über das Thema Preise geschrieben, „Smart Preise verhandeln“, „Wir sind dann mal teurer“, „Nicht um jeden Preis“ und „Zu teuer – Antworten auf Preiseinwände“. Mit Preisverhandlungen und der entsprechenden Kommunikation hast du dich intensiv auseinandergesetzt. Wenn dich ein Hotelier um Rat fragt, welche ersten Schritte empfiehlst du ihm oder ihr? Mit was beginnst du deine Analyse?  #00:29:17-6#

Roman: Ich würde mir zunächst anschauen, welche Preise vom Kunden bisher gut angenommen wurden. Zweitens würde ich mir die letzte Ertragsrechnung zeigen lassen und nachrechnen, was bei den Preisen übriggeblieben ist. Für die Analyse habe ich mir eine Pyramide erstellt, die ich von unten nach oben bearbeite. Gleich nach den Zielen kommt die Frage nach der Positionierung. Mit diesen Faktoren würde ich mich als Erstes beschäftigen, denn sie sind grundlegend. Wer sind meine Zielkunden, und was ist ihnen wichtig? Ich arbeite mich von unten nach oben hoch, um die richtige Positionierung zu finden. Diese Strategie wirkt sich auch auf meinen Ertrag nachhaltiger aus als eine verkäuferische Rhetorik. Natürlich ist auch die Rhetorik wichtig. Wenn der Kunde fragt, was die Übernachtung pro Woche kostet, und der Mitarbeiter sagt, dass man normalerweise 137,- Euro pro Tag verlangt, dann heißt das für den Kunden, dass da noch was geht.  Das hat Auswirkungen, aber keine so massiven wie die Positionierung. Meine Methode ist, mit den strategischen Fragen zu beginnen und mich dann zu den taktischen hochzuhangeln.  #00:30:42-3#

Marco: Wichtig ist auch der Blick auf die Innen- und Außenwahrnehmung, wie ich positioniert bin und wie mich die Gäste sehen. Auch das kann vielfach divergieren.  #00:30:51-3#

Roman: Genau. Wie wertvoll werde ich an den Touch Points wahrgenommen? Ich denke, dass alles super läuft, aber tatsächlich biete ich Dinge an, die die Kunden nicht interessieren und die daher nichts wert sind. Wenn der Wert stimmt, dann ist der Preis egal, denn wenn er passt, dann ist alles möglich.  #00:31:17-9#

Marco: Zum Abschluss möchte ich noch auf die Sterne-Qualifizierung eingehen, ein heißes Thema in der Hotellerie. Viele High-End-Hotels lassen sich nicht mehr zertifizieren, andere hingegen sind auf die Sterne-Kategorisierung angewiesen. Welchen Einfluss haben Sterne auf das Preisgefüge?  #00:31:38-9#

Roman: Die Gäste kennen die Hotel-Sterne und wissen sie einzuordnen. Heutzutage werden Sterne nicht nur in der Hotellerie vergeben, sondern sie sind in allen möglichen Bereiche zu finden. Die Kunden von Amazon lassen sich von den dortigen Bewertungen leiten. Fünf Sterne stehen für ein gutes Produkt. Dieses System ist allen bekannt. Auch, wenn Gäste behaupten, sie würden sich nicht nach den Sternen richten, lassen sie sich unbewusst doch von ihnen beeinflussen. Wenn ich ein Fünf-Sterne-Hotel führe, dann würde ich diese Auszeichnung natürlich auch sehr gerne nach außen zeigen. Wenn ich bisher noch keine Sterne habe, dann würde ich mich zertifizieren lassen, wenn der Aufwand nicht zu groß ist. Sterne sind Vertrauenssignale, die sich auf der Webseite widerspiegeln. Ja, ich würde die Sterne-Kategorisierung nutzen. Vielleicht bringt es nicht so viel wie erhofft, aber es schadet nicht.  #00:32:38-4#

Marco: Hast du zum Abschluss noch einen letzten Tipp für alle unsere Hoteliers? Auf was sollen sie diesen Sommer Wert legen beziehungsweise bereits vorausschauend auf den kommenden Winter?  #00:32:55-6#

Roman: Wir alle sind stark in das operative Geschäft eingebunden. Es wird rund um die Uhr von früh bis spät gearbeitet. Mein Tipp lautet deshalb, sich rauszunehmen und einen Schritt zurückzugehen. Ich weiß, es ist ein Luxus, aber gönnt euch einen Tag, um einen Blick von außen auf euer Business zu werfen, vielleicht sogar mit professioneller Unterstützung. Arbeitet an eurem Business anstatt in eurem Business. Das ist extrem profitabel eingesetzte Zeit.  #00:33:30-0#

Marco: Vielen Dank, Roman. Diesen Tipp gebe ich gerne weiter. Danke, dass du heute mein Gast warst.  #00:33:34-4#

Roman: Es hat mir viel Spaß gemacht. Danke.  #00:33:37-0#

Weiterführende Informationen:

Roman Kmenta ist seit mehr als 30 Jahren als Unternehmer, Keynote Speaker und mehrfacher Bestsellerautor international tätig. Er unterstützt Unternehmen und Unternehmer dabei, ihre Umsätze auszubauen und vor allem mehr Gewinn zu erzielen.

Fotocredits Titelbild: Medizinische Universität Wien
Fotocredits Beitrag: Fotoatelier Christian Schörg

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