Kaum war die Situation in der Geschichte des Tourismus unberechenbarer als aktuell. Die Kostensteigerungen und der Zinsanstieg fordern die Stressresistenz der Betriebe enorm heraus. Das Heimtückische ist ja, dass gleichzeitig verschiedene Teuerungen im Betrieb zuschlagen. Das Betriebsergebnis kommt dadurch auch automatisch von mehreren Seiten unter Druck (Nachfrage über Auslastung und Preis vs. Kostenanstieg). Neben den Energiekosten werden auch die Wareneinsätze und Personalkosten weiter steigen. Dadurch weist eine der wichtigsten Kennzahlen zur Rentabilität, der Gross Operating Profit (GOP), steil nach unten. Die Planungssicherheit scheint dahin zu sein und man muss sich die Frage stellen, ob Budgets und Forecasts überhaupt noch Sinn machen?
Wie soll man seine Preis- und Vertriebsgestaltung jetzt angehen?
Auch wenn der kommende Winter von Unsicherheiten geprägt ist (und wohl auch bleiben wird), zahlt es sich aus einen kühlen Kopf zu bewahren und strategisch rechtzeitig die Weichen zu stellen bzw. auch für kurzfristige Änderungen während der Saison gewappnet zu sein.
Da die Nachfrage-Situation sehr volatil ist, empfiehlt es sich in mehreren Szenarien (Best, Real, Worst Case) zu planen und diese mit den Inlands- und Auslandsmärkten in Korrelation zu bringen. Das Nächtigungsvolumen hat dann je nach Segment natürlich Auswirkungen auf die zu erwartende Erlösstruktur. Auch Preisschwankungen und schwächere Preisdurchsetzungsraten sollten hier bedacht werden.
Szenarienplanungen sind jedenfalls nur dann sinnvoll, wenn auch Handlungsfelder definiert werden. Was ist zu tun, wenn der Worst Case eintritt? Was bedeutet das für die Angebotsgestaltung? Für Marketing und Vertrieb? Aber auch für die Mitarbeitersituation?
Geduld in der Preis- und Vertriebsgestaltung
In der Preis- und Vertriebsoptimierung sind Geduld und Ausdauer gefragt: Preise senken resultiert langfristig jedenfalls nicht in mehr Nachfrage!
In einem sind wir uns einig: Preissteigerungen sind unvermeidbar. Die Gretchenfrage ist nur, wie hoch diese ausfallen müssen. Und um diese Frage zu beantworten, müssen sich die Betriebe mit ihrer jeweiligen Erlös- und Kostenstruktur auseinandersetzen.
Revenue Management ist unbestritten ein guter und wichtiger Ansatz, um die richtigen Preise zur richtigen Zeit an den (richtigen) Gast zu bringen. Dabei ist es für eine möglichst optimale Preisstrategie essentiell, sich der internen und externen Einflussfaktoren bewusst zu werden.
Doch was bedeutet das? Als Problemlösung einfach zu sagen „Bitte Revenue Management einführen“ ist zu kurz gegriffen. Geht es tatsächlich nur um Preiserhöhungen? Dynamic Pricing? Wird die Kostenseite auch betrachtet? Es braucht zunächst einfach mehr Grundlage (Datenanalyse) und strategische Überlegungen, um tatsächlich flexible Preissysteme einzuführen.
Wichtigste Punkte und Gedächtnisstützen für Hotel-Pricing in Krisenzeiten:
- Qualität hat seinen Preis / Preisdumping ist auch in Krisenzeiten keine Lösung
- Preis bleibt der wichtigste Gewinnhebel – Mut zum Preis
- Mehrleistungen und Zugaben statt Preissenkungen
- Preisnachlass nur mit Gegenleistung (zB nicht mehr gratis stornierbar)
- Je später der Gast bucht, desto teurer wird es!
- Hinterfragen der langfristigen Auswirkungen bei allen kurzfristigen Maßnahmen
- Planung in Szenarien
- Forecasts sind und bleiben extrem wichtig, vor allem für die Operative – aber auch für die strategische Planung.
- Mituntern müssen zusätzliche Datenströme ins Forecasting einfließen: Suchanfragen, Conversion-Rates, Anfragen zu konkreten Daten, Event-Anfragen, …
Vertriebs- und Marketingstrategie hinterfragen
Die besten Preise bringen jedoch nichts ohne attraktive Sichtbarkeit, und im Gegenzug wird das beste Online-Marketing wirkungslos ohne die richtige Preisstrategie. Die aktuelle Situation zwingt uns also nicht nur dazu, unsere Preise und Kosten zu optimieren, sondern auch unsere Vertriebs- und Marketingstrategie aktiv zu hinterfragen.
Vielleicht ergeben sich ja auch neue Buchungsmotive oder neue Zielgruppen, die es anzusprechen gilt? Möglicherweise müssen wir auch bestehende Vertriebskanäle schließen, um die richtigen Gäste zu erreichen. Neue Buchungsmotive und Vertriebskanäle müssen dabei auch immer zur eigenen Positionierung und zur eigenen Zielgruppe passen. Auch ist es nicht ratsam zur gleichen Zeit zu viele Zielgruppen zu vermischen, da man sich sicher sein kann, dass sich dann ein Gästesegment unwohl fühlt im Urlaub
Mit professioneller Preisgestaltung den Anschluss wahren
Grundsätzlich geht es beim Revenue Management um die Ertragssteuerung über den Preis. Für eine möglichst optimale Preisstrategie ist es essentiell, sich der internen und externen Einflussfaktoren bewusst zu werden. Schlecht durchdachte kurzfristige Entscheidungen (wie panische Preisreduktionen) können dem Betrieb langfristig schaden. Wer heute seine Preise nicht im Griff hat, der wird sich morgen vielleicht schon keine Gedanken mehr darüber machen müssen…
- Hier geht’s zur Podcast-Folge „Forecasting in volatilen Zeiten„