Der Produktlebenszyklus ist ein Konzept der Betriebswirtschaftslehre und beschreibt den Prozess zwischen der Markteinführung eines „Gutes“, in unserem Fall eines Hotels, und der Herausnahme aus dem Markt. Dabei wird die „Lebensdauer“ des Produkts in mehrere Phasen unterteilt.
Nach dem zweiten Corona-Jahr schauten Hotelbetreiber in Österreich erst vor kurzem wieder optimistischer in die Zukunft. In der alpinen Ferienhotellerie überwogen im Februar und März aufgrund der optimalen Wetter- und Pistenverhältnisse zuversichtliche Vorhersagen für 2022. Dieser Optimismus hinsichtlich einer langsamen Erholung wurde durch den Ukrainekrieg wieder deutlich abgekühlt. Die Abwärtsrisiken sind abermals kaum abschätzbar, für die Stadthotellerie sowieso. Lieferengpässe und Rohstoffpreise treiben die Inflation rasant nach oben.
Gerade in solch einer heiklen Situation ist es sinnvoll, den Lebenszyklus des eigenen Betriebes zu kennen. Denn auf der Basis eines identifizierten Lebenszyklus ist es möglich, die Position und die Krisenresistenz des Betriebs zu bestimmen und die entsprechenden Maßnahmen daraus abzuleiten. Das Wissen um den Status ist also immens wichtig zur Absicherung in unruhigen Zeiten.
Der Lebenszyklus eines Hotels
Der Produktlebenszyklus beschreibt die unterschiedlichen Stadien, die ein Hotel im Laufe der Jahre durchmacht.
Traditionell werden diese Zyklen in folgende Phasen gegliedert:
- Neuinvestition bzw. Reinvestition
- Einführungsphase (2. und 3. Jahr) nach der Investition
- Blütephase (3. bis 10. Jahr) (Wachstum)
- Reininvestitionsphase ab dem 10. Jahr (Reife und Sättigung)
- Abstiegsphase (10. bis 15. Jahr) (Rückgang)
- Agoniephase (15. bis 25. Jahr)
- Sterbephase nach 25 Jahren
In jeder dieser Phasen verändern sich die Umsätze, Betriebsergebnisse und das Bilanzbild. Am wichtigsten sind dabei die ersten drei Phasen und die richtige Weichenstellung nach Phase 3. Aber alles der Reihe nach.
Neuinvestition
Es ist verständlich, dass – bedingt durch hohe Investitionslasten – im Bereich einer Neu- bzw. Erweiterungsinvestition eine niedrige Kapitalrendite und ein niedriger operativer Cashflow zu erwarten sind. In dieser Phase ist einerseits mit langsam steigenden Umsätzen und andererseits in der Regel mit einem hohen Kapitalbedarf sowie einer, aufgrund der geringen Auslastung, noch negativen Rendite zu rechnen. Die strategische Positionierung, Differenzierung und Spezialisierung sollte bestmöglich in der Investition verankert sein.
Einführungs- und Wachstumsphase
Gerade bei der Neu-Eröffnung von Hotels liegt zu Beginn (logischerweise) meist die Steigerung der Auslastung im Fokus. Daher werden oft sehr hohe Rabatte angeboten, um neue Gäste anzulocken und idealerweise zu begeistern. In dieser Phase machen Hotelführung, Gästeansprache und Risikomanagement einen zentralen Bereich der Betriebsfestlegung aus. Die Eintrittsbarrieren sollten überwunden und die Gästebedürfnisse bestmöglich befriedigt sein.
Die festgelegte Strategie gehört in der dieser Phase des Lebenszyklus laufend adaptiert und verfeinert. Die Digitalisierungsbereiche müssen perfekt aufeinander abgestimmt sein und mit dem operativen Betrieb Hand in Hand gehen. Es gilt schnell zu wachsen und Marktanteile zu gewinnen. Neue Abstimmungen im Produkt bzw. im Angebot sollten in dieser Phase durchgeführt werden. Bei zu geringer Nachfrage muss es sofort zu einer Korrektur kommen. In der Einführungsphase sollte sich der Cashflow ins Positive drehen, die Kapitalrendite bleibt allerdings noch sehr gering.
Bei Hoteliers setzt sich in dieser Phase oft eine gewisse Ernüchterung ein. Jetzt heißt es „konsequent bleiben“ und sich auf die eigenen Stärken zu verlassen. Die Einführungsphase ist beendet, wenn der Break-even-Point erreicht ist, also die Erlöse die Kosten ausgleichen.
Mit Beginn der Wachstumsphase werden erstmals Gewinne erzielt, obwohl die Ausgaben (vor allem für Marketing, Werbung und Kommunikation) anhaltend hoch sind. Diese Phase ist durch starkes Wachstum gekennzeichnet. Die Preis- und Vertriebsstrategie gewinnt an Bedeutung. Da ein Hotel nur bedingt über eine stetige Auslastungssteigerung wachsen kann, wird nun sukzessive der Preis gesteigert.
Blütephase
In der Blütephase wird erwartet, dass das Investment möglichst hohe Erträge und Gewinne erwirtschaftet. In dieser Phase wird man sich an hohen Deckungsbeiträgen und Renditen orientieren. Die Umsätze steigen jetzt langsamer und Kostenrationalisierungen sollten das operative Betriebsergebnis optimieren. Ein Hauptziel der Reifephase ist es, den Cashflow zu maximieren, um dem Hotel die Investitionskosten wieder zurückzubringen. Dienstleistungen sollten gewisse Neuheitswerte zeigen und einen „Relaunch“ suggerieren. Zusätzliches Kapital für neue künftige Erträge sollte aber noch nicht erschlossen werden. Gegen Ende dieser Konsolidierungsphase ist der richtige Zeitpunkt gekommen, neue Strategien für die nächste Phase, die Reininvestitionsphase, vorzubereiten.
Jetzt entscheidet sich, ob das Hotel den nächsten Schritt im Lebenszyklus setzen und damit die Voraussetzungen für eine nächste „Blütezeit“ einleiten kann. Letztendlich sind die Preisdurchsetzung, die Auslastung und das Betriebsergebnis, also der wirtschaftliche Erfolg, der Maßstab für die Krisenresistenz des Hotels.
Die Kenntnis der einzelnen Phasen liefert jedenfalls einen wertvollen Beitrag für die Ausrichtung und Absicherung in unsicheren Zeiten.