Tourismuspolitik im Fokus der Regierungsverhandlungen?

Chancen und Herausforderungen im Fokus der Regierungsverhandlungen

Die Tourismuspolitik steht aktuell im Rampenlicht der österreichischen Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos. Die Branche, ein zentraler Wirtschaftsmotor des Landes, wird dabei von einem dichten Netz aus föderalen Strukturen, hohen Steuerquoten und einem Mangel an Fachkräften geprägt. Diese Themen, die bereits in der Jubiläumsfolge des SmartHotelKey-Podcasts mit Thomas Reisenzahn anlässlich der Nationalratswahl 2024 eingehend beleuchtet wurden, bleiben hochaktuell.

 

 

 

In diesem Beitrag gehen wir auf die aktuellen Herausforderungen der Tourismuspolitik ein, analysieren die Bedeutung der Regierungsverhandlungen und reflektieren die Kernaussagen des Interviews mit Thomas Reisenzahn. Mit einem klaren Blick auf die Praxis identifizieren wir dabei zentrale Handlungsfelder für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Tourismuspolitik.

Aktuelle Herausforderungen: Steuerlast, Fachkräftemangel und Strukturprobleme

Steuerpolitik: Eine zentrale Stellschraube für den Tourismus

Die österreichische Steuer- und Abgabenquote zählt zu den höchsten in Europa, ein Faktum, das Tourismusbetriebe erheblich belastet. Insbesondere Lohnnebenkosten stellen für viele familiengeführte Hotels eine enorme Herausforderung dar. Die Entlastung des Faktors Arbeit – beispielsweise durch eine steuerliche Befreiung von Überstunden oder eine Senkung des Eingangssteuersatzes – wurde im Wahlkampf 2024 mehrfach thematisiert und ist auch in den Regierungsverhandlungen ein zentrales Anliegen.

Die Kritik der Branche an einer möglichen Substanzbesteuerung (wie sie von SPÖ und Grünen vorgeschlagen wurde) bleibt bestehen. Familienbetriebe, die auf wertvolle Immobilien angewiesen sind, könnten dadurch massiv gefährdet werden. Auch die fehlende Möglichkeit zur Bilanzaufwertung, wie sie in Südtirol erfolgreich praktiziert wird, zeigt den Reformbedarf auf.

Fachkräftemangel: Ein Dauerthema

Mit fast 15.000 unbesetzten Stellen kämpft der Tourismus in Österreich weiterhin mit einem gravierenden Fachkräftemangel. Besonders problematisch ist die restriktive Arbeitsmarktpolitik: Während in Bayern Hoteliers von einer offenen Arbeitsmarktpolitik profitieren, stehen österreichische Betriebe oft vor bürokratischen Hürden.

Die Forderung nach einer Abschaffung oder Flexibilisierung von Kontingenten für Drittstaatsangehörige, wie sie von Branchenvertretern eingebracht wurde, könnte eine rasche Abhilfe schaffen. Zudem plädieren viele Experten für steuerliche Anreize, um Pensionisten zu motivieren, länger im Arbeitsmarkt aktiv zu bleiben.

Komplexität der touristischen Organisationsstruktur

Die föderale Struktur des österreichischen Tourismus führt zu Doppelgleisigkeiten und ineffizienten Abläufen. Eine Vereinfachung der Zuständigkeiten und die Förderung gemeinsamer Marketingstrategien, die über Landesgrenzen hinweg agieren, wären notwendig, um den Tourismus zeitgemäß und wettbewerbsfähig zu gestalten.

Die Rolle der Regierungsverhandlungen: Reformbedarf und neue Ansätze

Sachbezugsregelungen und Bürokratieabbau

Ein positiver Schritt ist die geplante Anpassung der Sachbezugsregelungen für Mitarbeiterunterkünfte. Doch es bleiben offene Fragen, etwa zur Nachweispflicht des Lebensmittelpunktes bei längerer Nutzung. Solche Detailfragen bergen das Risiko, notwendige Reformen zu verzögern.

Der Bürokratieabbau steht ebenfalls weit oben auf der Agenda. Die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) fordert, dass sich die neue Regierung klar zur Reduktion von Verwaltungsaufwand bekennt. Beispiele aus dem Bereich der Digitalisierung, wie der digitale Meldezettel, könnten als Vorbilder dienen.

Nachhaltigkeit und Transformation

Während die Grünen (die in der nächsten Regierung keine Rolle spielen werden) die Nachhaltigkeit im Tourismus in den Mittelpunkt stellen, bleibt die Umsetzung oft unkonkret. Eine langfristige Transformation muss alle Akteure einbinden und Maßnahmen wie die Förderung von CO₂-neutralen Betrieben, umweltfreundlichen Mobilitätslösungen und regionalen Wertschöpfungsketten umfassen.

Arbeitsmarkt: Entfesseln statt Bremsen

Die Politik ist gefordert, den Arbeitsmarkt zu entlasten. Steuerfreie Überstunden, eine Abschaffung des Saisonnierkontingents und eine Flexibilisierung der Rot-Weiß-Rot-Karte wären Schritte, die unmittelbar Wirkung zeigen könnten. Der Erfolg anderer Länder wie Deutschland zeigt, dass eine offenere Arbeitsmarktpolitik den Fachkräftemangel effektiv bekämpfen kann.

Ausblick: Was kann die nächste Regierung leisten?

Die Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos bergen das Potenzial, die Rahmenbedingungen für den Tourismus grundlegend zu verbessern. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass Kompromisse auf Kosten der dringend benötigten Reformen gehen.

Kernforderungen der Branche:

  • Steuerreform: Senkung der Lohnnebenkosten, Abschaffung der Substanzbesteuerung, Förderung von Bilanzaufwertungen.
  • Arbeitsmarktpolitik: Flexibilisierung der Rot-Weiß-Rot-Karte, Anhebung der Sachbezugsgrenzen, Attraktivierung des Arbeitens im Ruhestand.
  • Entbürokratisierung: Digitalisierung von Prozessen, Vereinfachung der Organisationsstrukturen.
  • Nachhaltigkeit: Unterstützung umweltfreundlicher Initiativen und Investitionen.

Nur eine konsequente Umsetzung dieser Maßnahmen wird es ermöglichen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Tourismus zu sichern und gleichzeitig soziale und ökologische Verantwortung zu übernehmen.

Fazit zur Tourismuspolitik

Die Tourismuspolitik in Österreich steht am Scheideweg. Die aktuellen Regierungsverhandlungen bieten die Gelegenheit, die Weichen für eine moderne, zukunftsorientierte Branche zu stellen. Die Herausforderungen – von der Steuerlast über den Fachkräftemangel bis hin zu strukturellen Defiziten – sind bekannt. Was jetzt zählt, ist der Mut zur Veränderung und der Wille zur Zusammenarbeit.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob die neue Regierung den Erwartungen gerecht wird. Eines ist sicher: Der Tourismus bleibt ein Schlüsselbereich für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Österreichs.

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