Einleitung: Flexibilität statt Vorausplanung – Gäste buchen anders
Der Tourismus hat sich in den letzten Jahren tiefgreifend verändert – und mit ihm das Buchungsverhalten der Gäste. Immer mehr Reisende entscheiden sich kurzfristig für einen Urlaub oder einen Wochenendtrip. Sie buchen spontan, wetterabhängig, flexibel – oft nur wenige Tage oder Wochen vor der Anreise. Für familiengeführte Ferienhotels in Österreich bringt dieser Trend neue Herausforderungen, aber auch Chancen.
Klar ist: Die klassische Frühbuchung verliert an Dominanz. Gäste möchten sich alle Optionen offen halten, reagieren auf das Wetter oder kurzfristige Gelegenheiten. Besonders in den Alpenregionen spielt die Wetterlage bei Aktivurlauben eine immer größere Rolle. Gleichzeitig erwarten diese Last-Minute-Gäste das gleiche Qualitätsniveau wie Vorausbucher – nur eben mit weniger Vorlauf.
In diesem Beitrag schauen wir uns an, was hinter diesem Gästeverhalten steckt, wie Hotels darauf reagieren können, ohne ihre Preispolitik zu verwässern, und welche Rolle digitale Sichtbarkeit, Kommunikation und Servicequalität dabei spielen.
Last-Minute: Warum buchen Gäste immer kurzfristiger?
Moderne Gäste leben in einem Umfeld, das kurzfristige Entscheidungen fördert:
- Digitale Buchungsplattformen bieten rund um die Uhr Zugriff auf Verfügbarkeiten
- Flexibles Arbeiten (Stichwort Homeoffice) macht spontane Kurzurlaube möglich
- Unsicherheiten durch wirtschaftliche oder familiäre Faktoren machen langfristige Planung schwieriger
- Mobile Endgeräte ermöglichen Buchungen „on the go“ – mit wenigen Klicks
Dieser Trend ist in allen Altersgruppen spürbar, betrifft aber vor allem:
- Junge Familien mit dynamischem Alltag
- Berufstätige Paare mit begrenztem Urlaubsbudget
- Individualreisende, die Angebote vergleichen und kurzfristig zuschlagen
Ferienzeiten verlieren ihre langfristige Planbarkeit
Selbst in klassischen Ferienzeiten, wie den Sommerferien oder über Feiertagswochenenden, nimmt das Buchungsfenster ab. Wo früher 3–6 Monate im Voraus gebucht wurde, sehen wir heute vermehrt Buchungsentscheidungen innerhalb von 14 bis 21 Tagen vor Anreise – manchmal sogar noch kurzfristiger.
Last-Minute: Was bedeutet das für Hotels?
Kurzfristige Buchungen bringen Unsicherheiten mit sich:
- Unklare Auslastung bis kurz vor dem Anreisedatum
- Schwierige Planung in Küche, Housekeeping und Kinderbetreuung
- Logistikdruck bei spontanen Zusatzwünschen (Kinderbetten, Ausflugsplanung, Wellness-Slots)
Diese Unsicherheit kann den organisatorischen Aufwand erhöhen – besonders für kleinere Teams, wie sie in familiengeführten Hotels üblich sind.
Chancen durch flexibles Agieren – ohne Preisverfall
Gleichzeitig eröffnet das neue Verhalten Möglichkeiten:
- Restkapazitäten können sinnvoll belegt werden
- Upselling gelingt oft bei spontanen Gästen, die „sich etwas gönnen wollen“
- Stammgäste oder Newsletter-Abonnenten können gezielt angesprochen werden, wenn sich kurzfristige Verfügbarkeiten ergeben
Wichtig: All das ohne systematischen Preisnachlass, sondern mit Fokus auf Wert, Vertrauen und Qualität.
Strategien für den professionellen Umgang mit Last-Minute-Buchungen
Last-Minute Gäste haben keine Zeit für lange Recherchen. Sie möchten auf Anhieb erkennen, ob dein Hotel passt – sowohl vom Angebot als auch vom Gefühl.
Wichtige Elemente deiner Online-Präsenz:
- Mobiloptimierte Website mit schneller Ladezeit
- Aktuelle Verfügbarkeiten und direkte Buchbarkeit
- Übersichtliche Darstellung der Inklusivleistungen
- Emotionale, authentische Bildsprache
- Google My Business und Bewertungsportale aktuell halten
Tipp: Ein Bereich „Jetzt verfügbar“ schafft Vertrauen, ohne auf Rabatte zu setzen. Hier geht es um Sichtbarkeit – nicht um Verkaufstricks.
Preisstrategie mit Haltung: Stabilität statt Schnäppchenjagd
Preisstabilität ist nicht nur ein betriebswirtschaftlicher Wert, sondern ein Teil deiner Positionierung. Gerade in der Spontanbuchung zeigt sich: Qualitätsorientierte Gäste suchen nicht zwingend das günstigste Angebot – sondern das überzeugendste.
Was zählt:
- Transparente Preisstruktur über alle Kanäle hinweg
- Glaubwürdige Kommunikation der Mehrwerte: Lage, Service, Küche, Familienfreundlichkeit
- Erklärungen statt Aktionen: Warum ist das Angebot den Preis wert?
Das Prinzip: Nicht der Preis überzeugt – sondern der wahrnehmbare Wert.
Kommunikation: Schnelligkeit schlägt Rabatt
Kurzfristige Buchungen verlangen eine schnelle und klare Kommunikation. Gäste wollen innerhalb weniger Minuten wissen:
- Was ist verfügbar?
- Was ist im Preis enthalten?
- Was erwartet sie vor Ort?
Hilfreiche Tools & Maßnahmen:
- Automatisierte Pre-Stay-E-Mails
- Digitale Gästemappen mit Aktivitätsinfos
- Kurze WhatsApp-Nachrichten oder Direktnachrichten bei Social-Media-Anfragen
So entsteht Vertrauen – und das auch ohne Vorbereitungszeit.
💡 Kurzfristige Entscheidung – langfristige Wirkung: Spontane Gäste können zu Stammgästen werden, wenn der erste Eindruck überzeugt.
Fazit: Last-Minute-Buchungen professionell managen – mit Haltung und Qualität
Der Trend zur kurzfristigen Buchung ist gekommen, um zu bleiben. Aber das bedeutet nicht, dass Hotels ihre Preisstrategie aufweichen oder hektisch mit Rabatten reagieren müssen.
Was zählt, ist ein klarer, werteorientierter Auftritt:
- Zeige deine Verfügbarkeit, aber bleib deiner Preislinie treu.
- Biete Flexibilität im Service, aber nicht in der Preisgestaltung.
- Kommuniziere schnell, klar und auf Augenhöhe – dann buchen Gäste auch kurzfristig mit Vertrauen.
So gelingt es, aus einer Herausforderung eine Chance zu machen – und deine Werte als Gastgeber:in konsequent zu leben.
2 Antworten
Guten Tag Herr Riederer,
mit großem Interesse verfolge ich Ihren Podcast. Zu ihrem aktuellen Thema Frühjahrsputz für den Hotelbetrieb bin ich was die „Preislinie“ im Last Minute Bereich betrifft absolut auf Augenhöhe mit ihren Aussagen. Wir sind ein Stadthotel mit einem hohen Leisure Anteil an den Wochenenden. Die Herausforderung hier an diesem Standort liegt darin, dass wir die von Ihnen angewandten Werkzeuge bereits nutzen, jedoch die Mitbewerber in einer höheren Sterne Kategorie, mit ähnlichen guten Bewertungen wie wir sie haben, im Last Minute Bereich ihre Raten teilweise drastisch senken, dass das Preisniveau unter unser Preisniveau sinkt und sie dadurch das Last Minute-Volumen nahezu komplett abschöpfen. Walk-In Gäste an unserem Hotelstandort gibt es kaum noch. Was raten Sie uns in solch einer Situation anlässlich der Preisstrategie?
Herzliche Grüße
Hallo Christian und herzlichen Dank für den wertvollen Kommentar – und natürlich für Ihr Interesse am Podcast!
Sie sprechen eine zentrale Herausforderung an und sind dabei sicher nicht der einzige Betrieb, dem es so geht: Man betreibt aktives Preismanagement, positioniert sich in seinem Zielmarkt und sorgt für Sichtbarkeit – und dann unterbieten andere Betriebe (vielleicht auch noch mit höherer Klassifizierung) kurzfristig die eigene Preislinie. Ich verstehe sehr gut (und weiß auch aus eigener Erfahrung), dass das frustriert und die eigene Strategie auf die Probe stellen kann.
Aus meiner Sicht gibt es in solchen Situationen zwei zentrale Hebel – jenseits der reinen Preislogik:
1. Stärkung der Differenzierung im Buchungsprozess selbst:
Wenn der Preis vergleichbar (oder sogar höher) ist, müssen die „gefühlten Unterschiede“ früh im Buchungsverlauf (bzw. in der Entscheidungsphase) sichtbar werden. Das beginnt bei der Bildsprache auf der Website, klaren Vorteilen für Direktbucher und endet bei der Kommunikation des Konzepts. Gäste buchen dann oft (auch kurzfristig) nicht das günstigste Produkt, sondern das stimmigste Erlebnis.
2. Fokus auf langfristige Gästebindung:
Gerade wenn Walk-Ins kaum eine Rolle spielen, lohnt es sich, auf Frühbucher zu setzen und sich möglichst unabhängig vom Last-Minute-Markt zu machen. Dazu kann auch der Kontakt zu bereits bekannten Gästen über sämtliche Kommunikationskanäle gestärkt werden. Das schafft eine größere Unabhängigkeit vom dynamischen Preiskampf – und positioniert den Betrieb als verlässliche Wahl statt als austauschbare Option.
Wichtig ist: Nicht das Marktverhalten der Mitbewerber bestimmt Ihre Preisstrategie – sondern die eigene Kalkulation, Positionierung und Zielgruppe. Der Mitbewerb hat natürlich Einfluss auf das Gästeverhalten – aber wie stark wir diesen Einfluss werden lassen, liegt zu einem großen Teil in unserer eigenen Hand.
Ich hoffe, ich konnte etwas weiterhelfen und wünsche jedenfalls weiterhin viel Erfolg bei der konsequenten Umsetzung Ihrer Strategie!