Das passende F&B-Konzept für ein urbanes Hotel

Bei unserem heutigen Thema dreht sich alles um die Gastronomie und um das passende F&B-Konzept für das Stadthotel im urbanen Umfeld. Wir wollen uns anschauen, welche strategischen Überlegungen zu einer nachhaltigen und erfolgreichen Gastronomie führen können. Michael Kolarik-Leingartner ist Markenverantwortlicher für Budweiser in Österreich und Category Manager für Bier bei Del Fabro Kolarik. Er ist außerdem zweifacher Biersommelier-Staatsmeister. Das ist aber natürlich nicht der Grund, warum er im Podcast zu Gast ist. Michael ist vor allem um den Stellenwert bei der Positionierung des Getränkesortiments bemüht. Er moderiert Verkostungen, verfasst Fachartikel und berät Gastronomen in den Bereichen Sortiment, Schankhygiene und Produktqualität. Michael kennt die Hotellerie sehr gut und ist ein absoluter Experte auf seinem Gebiet.

 

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F&B-Konzept für ein urbanes Umfeld – Kernaussagen

  • Strategische Überlegungen zum F&B-Konzept führen zu einer nachhaltig erfolgreichen Gastronomie.
  • Das Restaurant ist ein Ort der Entspannung, wo man bewusst verweilt, ohne mit den Gedanken schon beim nächsten Vorhaben zu sein.
  • Ein wichtiges Thema ist auch die Nutzung der Flächen, die sehr viel Geld wert sind.
  • Der erste Schritt ist, das Sortiment zu analysieren. Es stellt sich zunächst die Frage, ob es nötig ist, die volle Breite anzubieten oder ob es in der Handhabung nicht einfacher wäre, sich auf einzelne Themen zu fokussieren.
  • Generation Zero Alkohol: Einen großen Zuwachs am Bedarf wird es im Bereich der alkoholfreien Getränke geben.
  • Know-how, Servicequalität und Aufwand müssen in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen. Nicht alles kann man restlos garantieren.

Transkript dieser Podcast-Folge

Marco: Hallo Michael und herzlich willkommen bei Smart Hotel Key. Ich freue mich sehr, dass du dir heute Zeit für unser Interview nimmst. Ich habe im Intro schon erzählt, worum es heute geht. Für alle, die dich noch nicht kennen, stell dich doch bitte unseren Hörerinnen und Hörern kurz vor. Wer bist du, und womit beschäftigst du dich bei Del Fabro Kolarik? Welche Expertise hast du uns heute mitgebracht? #00:01:29-1#

Michael: Hallo, es freut mich, dass ich hier sein darf. Ich bin Michael Kolarik-Leingartner. Der Liebe wegen bin ich 2016 nach Wien gezogen. Ich komme aus einer Gastronomie-Familie und habe auch in eine solche eingeheiratet. Von Beruf bin ich Bierbrauer, und im Laufe meines Berufslebens habe ich mich wirtschaftlich weitergebildet. Ich war viele Jahre im Biergeschäft tätig, mehr als fünf davon als Teamleiter im Verkauf Gastro-Marketing. Seit vier Jahren bin ich bei Del Fabro Kolarik für das Biersortiment verantwortlich. Parallel dazu bin ich der Marketing-Mann für Budweiser Budvar in Österreich. #00:02:20-4#

Marco: Du hast deine Expertise des Bierbrauens auf umfassende F&B-Konzepte erweitert. Das bringt uns zu unserem heutigen Thema. Gastronomie und Tourismus gehören eng zusammen. Die Hotellerie ist nur dann interessant, wenn das Gastronomische dazu passt. Das muss nicht immer der eigene Betrieb sein, ist es aber sehr oft. Wenn wir uns das urbane Umfeld näher anschauen, wie können die F&B-Konzepte zur Positionierung eines städtischen Hotelbetriebs beitragen? Und was ist dabei wichtig? #00:02:57-3#

Michael: Die Gastronomie hat einen großen und weitreichenden Markenkontaktpunkt mit der Hotellerie. Restaurants werden von Freunden und Geschäftspartnern besucht, und sie empfehlen das Hotel weiter, auch wenn sie nur im Restaurant gegessen haben und die angeschlossenen Zimmer nicht gesehen haben. Die Gastronomie ist die Visitenkarte des Hotelbetriebs, weil sich dort subjektiv eine Meinung gebildet wird. #00:03:34-7#

Marco: Hast du das Gefühl, dass bei Ferienaufenthalten die gastronomischen Highlights eher im Gedächtnis bleiben als die anderen Facilities des Hotels? #00:03:44-3#

Michael: Ja, definitiv. Das Restaurant ist ein Ort der Entspannung, wo man bewusst verweilt, ohne mit den Gedanken schon beim nächsten Vorhaben zu sein. Wenn man den Gastronomiebesuch zum Erlebnis macht und sich vielleicht sogar Zeit nimmt, um das Umfeld auf sich wirken zu lassen, dann bleibt der Besuch auch besser im Gedächtnis. #00:04:20-9#

Marco: Du hast zwei wichtige Stichpunkte genannt, die Emotionalität und das Erlebnis. Aber nicht immer macht man gute Erfahrungen. Manchmal ärgert man sich über lange Wartezeiten oder über die Lautstärke im Lokal. Worauf kommt es bei der Konzeption deiner Meinung nach an, wenn man einen Rückzugsort und eine Wohlfühlatmosphäre schaffen möchte? #00:04:50-4#

Michael: Sei es das Hotelrestaurant oder ein Lokal im Allgemeinen, einfach nur aufsperren und warten, ob jemand kommt, das funktioniert nicht. Ich benötige eine Methode, die zu meinem Gesamtkonzept passt und die einen Beitrag zur Positionierung und zum Stil des Hauses leistet. Vielleicht ist sie sogar mein USP, ein Alleinstellungsmerkmal oder Verkaufsargument. Für mich ist die Werbeleistung, die mit dem Restaurant entsteht, ein großer Aufwand, der stark dazu beitragen kann, wie das Haus im Ganzen gesehen wird. Ein Beispiel: Der Bayerische Hof in München hat ganz sicher unzählige Gäste, die alle schon einen Drink auf der Hotelterrasse genommen, aber noch nie ein Zimmer von innen gesehen haben. #00:05:54-7#

Marco: Das trifft auch auf mich zu. Geschlafen habe ich dort noch nicht, aber einen Drink auf der Terrasse habe ich mir ebenfalls schon gegönnt. #00:05:59-9#

Michael: Und wie haben wir das Image dieses Hauses im Kopf? Eigentlich nur als „rein, rauf, Drink bestellen, schöne Zeit haben, weggehen“. Vom Hotelbetrieb haben wir nichts gesehen. #00:06:12-9#

Marco: So ist es, da gebe ich dir recht. In Österreich hat es keine Tradition, in einem Hotelrestaurant zu essen, einen Kaffee zu trinken oder an die Bar zu gehen. Die lokale Bevölkerung fühlt dabei eher eine Hemmschwelle. In anderen Städten gehört die Hotelgastronomie ganz normal zum Stadtbild. Bei uns wird sie eher stiefmütterlich behandelt. Ändert sich das inzwischen? Nutzt die lokale Bevölkerung auch die Hotels als Rückzugsort, um dort zu essen und zu trinken? #00:07:00-5#

Michael: Als Getränkelieferant von Hotels sehe ich, dass dieses Konzept auch in Österreich auf dem Vormarsch ist. Die Hotels bekommen zunehmend regionale Besucher. Unternehmen, die ihre Gäste in einem Hotel unterbringen, nutzen die Location, um ihre Treffen dort abzuhalten, damit der Gast nicht in das Industriegebiet am Ende der Stadt kommen muss, wo sich das Hotel befindet. Die Betreiber sollten wissen, wer ihre Gäste sind. Das Hotel wird zu einem Treffpunkt, der regionale Besucher und Gäste vereint. Außerdem geht es um eine einfache Versorgung, um zum Beispiel den Aufwand am An- oder Abreisetag zu minimieren. Oder man möchte den internationalen Gästen etwas Besonders bieten, ein zum Anlass passenden USP, den Unique Selling Point. Das ist bei uns in der Vergangenheit nicht besonders beachtet worden. #00:08:25-3#

Das Sacher zum Beispiel ist kein reines Caféhaus, sondern es betreibt auch ein Restaurant und sogar ein Hotel, also drei getrennte Betriebe. Bei den großen Unternehmen funktioniert dieses Konzept bereits sehr gut. Aber auch die neuen und modernen Modelle mit ihren Plattformen und neutralen Ebenen werden immer besser. Vor Kurzem war ich in einem Wiener Hotel, in dem viele regionale Winzer mit ihren Sortimenten vertreten sind. Die Variationen der Weine kann man an der Bar glasweise verkosten. #00:09:09-2#

Marco: Das erzählt eine Geschichte und passt gut zusammen. Ich habe das Gefühl, dass die Gastronomie in den Hotels früher einfach mitgelaufen ist, ohne dass man sich Gedanken um einen USP gemacht hat. Darauf hast du gerade hingewiesen. Als Zulieferer mit Getränkekonzeptionen bist du stark in der Hotellerie unterwegs. Mit welchen Herausforderungen haben deine Kunden aktuell hauptsächlich zu kämpfen? #00:09:41-2#

Michael: Punkt 1 ist natürlich das fehlende Personal. Entweder sind Bewerber vorhanden, denen es an Qualität fehlt, oder die Betreiber wären bereit, Abstriche machen, bekommen aber das Personal nicht. Inzwischen merkt man in einigen Betrieben eine gewisse Entspannung, weil ein allgemeines Umdenken stattgefunden hat, wie man den Betrieb organisieren kann. #00:10:22-3#

Marco: Du meinst administrative und operative Optimierungen, die dazu führen, dass der Betrieb effizienter arbeitet und weniger Mitarbeitende benötigt. #00:10:32-2#

Michael: Man fragt sich, ob es in gewissen Bereichen tatsächlich notwendig ist, Wissensträger selbst zu beschäftigen oder ob man sich stattdessen am Know-how der Vorlieferanten bedienen kann. Brauche ich in der Gastronomie den Sommelier, der mir die Weinkarte macht, oder kann ich diese Aufgabe an einen externen Anbieter abgeben? Muss der Barmann, dem ich ein monatliches Gehalt zahle, die Signature Drinks entwerfen oder kann ich alternativ eine reproduzierbare Kreation einkaufen? #00:11:19-4#

Ein wichtiges Thema ist auch die Nutzung der Flächen, die sehr viel Geld wert sind. Wahrscheinlich werden die eigenen Quadratmeter nicht die ganze Zeit genutzt. Der Gastrobetrieb kann zu einer Plattform werden, die auch ein Externer nutzt, zum Beispiel, um seine Marke zu präsentieren. #00:11:43-5#

Marco: Du meinst flexibel gestaltbare Räumlichkeiten, je nach Anlass, zum Beispiel, dass ich den Frühstücksraum am Nachmittag für Veranstaltungen oder als Präsentationsfläche verwende. #00:11:54-5#

Michael: Ja, wenn das möglich ist. Eine „Bar Campari“ ist normalerweise nicht in einer Hotelgastro beheimatet, und man braucht keine 100 Campari Bars in Österreich, aber wenn man sich umsieht, was in der Gastronomie passiert, dann sieht man eine Vielzahl an Kooperationskonzepten, sogar im alpinen Raum. Denken wir nur an die Ausstatter und Fashion Marken. Ich habe schon auf diversen Sofas gesessen, die nicht zufällig ausgewählt wurden, sondern sie wurden auch von anderen Unternehmen als Ausstattung eines Show Rooms genutzt, obwohl sie täglich in der regulären Gastro zum Einsatz kommen. #00:12:44-3#

Marco: Bietet ihr auch entsprechende Serviceleistungen für Kunden an, die ihre Gastronomie auf diese vielfältige Art und Weise optimieren möchten? Vielleicht gibt es Restaurants, die ihren Umsatz steigern wollen und nach entsprechenden Hilfskonzepten suchen, um nicht schließen zu müssen. Wie würdet ihr ein solches Kundengespräch angehen? Schließlich lebt ihr von der Getränkeabnahme der Gastronomie. #00:13:06-8#

Michael: Wir leben hauptsächlich von den Getränken. Der erste Schritt ist, das Sortiment zu analysieren. Es stellt sich zunächst die Frage, ob es nötig ist, die volle Breite anzubieten oder ob es in der Handhabung nicht einfacher wäre, sich auf einzelne Themen zu fokussieren. Dabei geht es auch um den Warenwert, der sich im Lager befindet und Kapital bindet. Kann ich Produkte auslagern oder ist es wirklich nötig, einen vollen Weinkeller zu führen? Wäre es nicht besser, mich mit ausgewählten Weinen einzudecken, die ich woanders vorverkostet habe? #00:14:04-5#

Das gilt auch für die Konzeptthematik. Als Händler sprechen wir mit Markeninhabern, Importeuren und auch mit den Großhändlern, die die Gastro nicht direkt beliefern. Dort orientieren wir uns am Bedarf und schlüpfen in eine Vermittlerrolle. In der heutigen Zeit sollten diese Player nicht nur ausschließlich Warenlieferant sein, sondern sie sollten darauf geprüft werden, was sie als Partner für den Betrieb leisten können. Getränkelieferanten werden oft als Ausstattungsbringer gesehen, die Getränke, Gläser und Kühlschränke liefern. Man sollte aber auch offen für den Gedanken sein, dass eine Marke Werbepartner des Hauses werden kann. Sie kann sich an Werbeflächen und an Mitarbeiterschulungen beteiligen und als potenzieller Partner dazu beitragen, dass ich mehr Kompetenz zu meinen Mitarbeitern bringe. Die Integration führt im besten Fall dazu, ein Qualitätssystem zu entwickeln, das zu einer gelungenen Customer Journey beiträgt. Das sind viele Themen, die zur reinen Warenlieferung hinzukommen. #00:15:29-3#

Marco: Es muss ein Umdenken stattfinden. Ihr seid de facto kein reiner Getränkelieferant, sondern ihr seid ein Partner des Hotelbetriebs. Ihr bringt Know-how ein und gestaltet gemeinsam mit dem Betreiber das Konzept qualitativ hochwertig. Das ist genau die Überleitung zu der von dir genannten Frage, ob man das ganze Know-how überhaupt im Haus benötigt oder ob man besser mit externen Partnern zusammenarbeitet und deren Wissen anzapft. #00:15:58-1#

Michael: Du hattest die Befürchtung angesprochen, dass man seinen Gastrobetrieb im schlimmsten Fall aufgeben muss. Wenn man die Gastro streicht, dann begibt man sich in ein anderes Segment. Welchen Bedarf gibt es in meiner Region, und wie schaut es beim Mitbewerb aus? Muss ich vielleicht mein Preisniveau anpassen? Das sind Fragen, die ich mir stellen muss, egal, ob die Gastronomie Gewinn abliefert oder Minus einbringt. Der Beitrag zum Gesamtergebnis ist meist schwierig zu ermitteln, aber er ist der wertvollste, den man im Auge haben sollte. #00:16:39-2#

Marco: Auf dieses Thema möchte ich noch einmal zurückkommen. Wenn ich mir die reine Kosten- und Erlösseite anschaue, dann ist das von dir beschriebene Szenario oft der Fall. Auch bei meinen Kunden ist der reine Gastronomiebetrieb selten gewinnbringend. Ganz im Gegenteil, viele sind froh, wenn sie mit dem Restaurant eine Null einfahren. Aber natürlich trägt der Gastronomiebetrieb im Idealfall zur gesamten Strategie und zur Positionierung des Hotels bei. Deshalb sollte ich es mir sehr gut überlegen, ob ich das Restaurant aufgebe. #00:17:15-1#

Michael: Definitiv. #00:17:19-4#

Marco: Wir haben einige Themen angesprochen, bei denen ihr unterstützend tätig sein könnt. In der Praxis haben die Hoteliers nicht nur einen einzigen Lieferanten für ihre Gastronomie, sondern mehrere. Wie geht ihr mit dem Wunsch nach Sortimenterweiterung oder -verringerung um? Das betrifft schließlich verschiedene Lieferanten, die einbezogen werden müssen. Gibt es in der Praxis Konfliktpotenziale? #00:17:54-8#

Michael: Die Objektivität ist sehr wichtig. Je länger man gemeinsam mit seinen Kunden zusammenarbeitet, desto mehr profitiert man nach einer gewissen Zeit selbst. Bei einer Sortimentsüberarbeitung möchte man natürlich nicht, dass die eigenen Produkte wegfallen. Das funktioniert aber nicht einfach so, sondern ich muss die Produktpalette auf die Sinnhaftigkeit des Gastrokonzeptes des Betriebs prüfen. Wenn dabei eine gute Kooperation entsteht, dann profitieren beide Seiten. #00:18:43-0#

Marco: Also geht der Trend hin zur strategischen Beratung, weg vom reinen Sortiment. Die von dir beschriebene Vorgehensweise, Produkte aus dem Sortiment zu nehmen, könnte theoretisch auch dazu führen, dass euer Unternehmen Aufträge an die Mitbewerber verliert. #00:18:55-7#

Michael: Am liebsten sind mir die Getränke, die der Gast bereits konsumiert hat. Umso mehr Produkte ich liefere, die anschließend im Keller liegenbleiben, desto unzufriedener wird der Kunde werden. #00:19:10-9#

Marco: Das ist richtig. Schauen wir in die Zukunft. Mit welchen Themen muss sich die Branche näher beschäftigen? Gibt es einen Status quo, an dem man nicht weiter festhalten sollte, um am Ball zu bleiben? Wo siehst du Potenzial, und was kommt womöglich auch international auf uns zu und wird auch in der urbanen österreichischen Gastronomie Fuß fassen? #00:19:41-2#

Michael: Einen großen Zuwachs am Bedarf sehe ich im Bereich der alkoholfreien Getränke. #00:19:53-9#

Marco: In einer Gruppe gibt es immer Einzelne, die keinen Alkohol trinken, zum Beispiel Kinder und Autofahrer. #00:20:02-4#

Michael: Genau, das sind Besucher, die noch Auto fahren müssen, gesundheitlich nicht ganz fit sind oder die sich dazu entschlossen haben, momentan etwas gesünder zu leben. Dieser Gruppe muss man die Möglichkeit alkoholfreier Drinks bieten, um sie in die Runde zu integrieren und die Stimmung mit erleben zu lassen. Auch sie sollen mit den anderen anstoßen können und sich wohlfühlen. Die Gruppe, die bewusst lebt und weniger Alkohol trinkt oder sogar ganz verzichtet, wächst international stark an. #00:20:50-0#

Marco: Ist dieser Trend hauptsächlich bei der Jugend erkennbar oder geht er quer durch alle Altersstrukturen? #00:20:52-0#

Michael: Er betrifft alle Altersgruppen und ist ein internationaler Trend, den man erkennen kann. Bei der Gruppe der 18- bis 25-Jährigen sind es zum Beispiel in Großbritannien schon über 25 Prozent, die keinen Alkohol trinken. #00:21:15-2#

Marco: Das wusste ich nicht. Machen sie das bewusst, also aus Überzeugung? #00:21:14-4#

Michael: Ja, das machen sie bewusst, nicht aus einer Religion heraus, sondern es ist eine Entscheidung, die sie getroffen haben. Es sind auch diejenigen, die verzichten, weil sie Leistung bringen müssen. Natürlich ist dabei auch der gesundheitliche Aspekt wichtig. Es geht ihnen jetzt noch gut, und sie wollen, dass das möglichst lange so bleibt. Sie überdenken ihr Konsumverhalten auch im fortgeschrittenen Alter. Das merken wir beim Bier und im Bereich der Schaumweine. Auch Drinks an der Bar gehen zurück, und es werden zunehmend alkoholfreie und alkoholreduzierte Getränke nachgefragt. Diese Nachfrage müssen wir bedienen. #00:22:00-3#

Marco: So genannte Light-Varianten. Das amerikanische Bud Light braucht in Österreich sicher etwas länger, um Fuß zu fassen. #00:22:10-9#

Michael: Bei den alkoholreduzierten Getränken habe ich nicht an das Bier gedacht. Bei meinem letzten Barbesuch habe ich den Barkeeper nach seinen Empfehlungen gefragt. Er persönlich mag am liebsten einen Negroni, aber sehr gerne wollte er mir diesen in einer alkoholreduzierten Variante zubereiten. Dieses Getränk schmeckte auch nicht viel anders als der Negroni mit Alkohol, und wir führten ein interessantes Business-to-Business-Gespräch. Der Barkeeper erzählte mir, dass er liebend gerne zwei alkoholreduzierte Drinks zum selben Preis der alkoholischen verkauft, und zwar schon ab 16:00 Uhr und nicht erst ab 22:00 Uhr. #00:22:54-0#

Marco: Das ist eine unternehmerische Denkweise. Er verkauft lieber zwei, die halb so stark sind, für den regulären Preis. #00:23:03-5#

Michael: Aber die haben den vollen Geschmack, das muss man schon sagen. #00:23:04-5#

Marco: Das ist natürlich wichtig. #00:23:09-5#

Michael: So funktioniert es jedoch nicht bei allen Getränkekategorien. Im Wirtshaus bestelle ich mir mittags zum Gulasch kein Mineral-Zitron oder Cola, sondern als Biertrinker ist das „alkoholfreie Durstlöschergetränk mit Biergeschmack“ für mich die bessere Wahl, wenn ich den Aspekt des Food Pairings heranziehe. Ich habe bewusst nicht „alkoholfreies Bier“ gesagt, denn das wäre ein 1:1-Vergleich mit dem normalen Bier. Die Getränke komplett ohne Alkohol fallen jedoch in eine andere Kategorie. #00:23:44-4#

Marco: Diese Entwicklungen sind sehr spannend. Die früheren jungen Generationen kurz nach der Jahrtausendwende waren eher für das Komasaufen berüchtigt, vor allem bei uns in Österreich. Der Trend scheint sich sehr stark zu wandeln. Es ist klar, dass sich die Gastronomie darauf einstellen muss. #00:24:11-7#

Zum Abschluss des Interviews möchte ich auf das Thema zurückkommen, bei dem du die größte Expertise hast. Du bist Biersommelier, sogar österreichsicher Staatsmeister gewesen. Ich selbst bin auch ein Bierliebhaber. Welche Rolle spielt die richtige Auswahl der Biere oder auch generell des Getränkesortiments? Eine Zeitlang war es modern, dass jede Region ihre eigene Craft-Bier-Marke ins Leben gerufen hat. Ist es wichtig, eine breite Bierauswahl anzubieten? #00:25:09-2#

Michael: Mein Appell lautet, ich muss darauf schauen, dass die Auswahl immer der besten Qualität angepasst ist, die ich auf den Tisch bringen kann. Dabei geht es zum Beispiel um die Anzahl der Fassbierleitungen. Jahrzehntelang gab es einen Wettkampf zwischen den österreichischen Brauereien, die zum Bier noch einen Radler und einen Zwickel und noch dies und jenes angeboten haben und dem Wirt am liebsten sieben Hähne verkauft hätten. Umso weniger durch die Leitungen fließt, umso schlechter ist die Qualität. Wenn das Bier nicht frisch ist, animiert es nicht zum Trinken. #00:25:53-4#

Ich sehe es immer gerne, wenn man in einer Wiener Gastronomie original Wiener Bier oder Lager als Hauptprodukt angeboten bekommt. Deswegen stellt sich die Frage, ob ich ein zusätzliches Produkt einkaufen muss oder ob das angebotene Bier nicht sowieso schon aus der Region stammt. Das ist es, was der internationale Gast sehen und probieren möchte. Die regionalen Biere sind geschmacklich nicht weit von dem entfernt, was der Gast mit Bier assoziiert. Nichtsdestotrotz gibt es auch den Sicherheitsgedanken. Wenn der Gast untertags schon mit der regionalen Küche experimentiert hat, dann ist die Hotelbar oder das Zimmer ein Rückzugsort, wo er vielleicht etwas Vertrautes haben möchte. Eine Marke mit hoher Bekanntheit und zugeschriebener Qualität ist sicherlich eine gute Wahl. #00:27:05-4#

Wenn es nicht gerade meinen USP betrifft, würde ich das Thema Breite und Auswahl nicht ins Unendliche steigern. Insbesondere unterjährige helle Lager-Biere müssen frisch serviert werden. Reifepotenzial besteht bei Bier ab 7 Prozent Volumen aufwärts. In diesem Bereich benötigen wir jedoch Servicekräfte mit Know-how, die das Bier erklären und servieren können. #00:27:25-5#

Marco: Im Zweifel sollte man eher auf Bekanntes mit einer guten Qualität zurückgreifen, damit ich die Gäste auf jeden Fall zufriedenstellen kann. #00:27:38-1#

Michael: Weniger ist mehr. Je besser das Genusserlebnis, desto höher die Preisakzeptanz. #00:27:46-1#

Marco: Damit lieferst du uns einen schönen runden Abschluss. Lieber Michael, gibt es noch etwas, was du loswerden willst und was wir noch nicht angesprochen haben? Hast du noch einige Schlussworte oder Tipps für unsere zuhörenden Hoteliers? #00:28:00-6#

Michael: Wichtig ist, klar zu denken, was der Partner leisten kann bei all den Themen, die in der heutigen Zeit auf uns zukommen. Wenn ich mir die Markenprogramme und Jahrespläne der Getränkehersteller anschaue, sehe ich bereits sehr viel im Bereich Mitarbeiterschulung und Werbekooperationen. Social Media ist ein wichtiges Beispiel dafür, was Partner leisten können. Wir sollten uns fragen, ob wir wirklich all das brauchen, was wir im Haus stehen haben. Vielleicht ist das eine oder andere eher eine Belastung. Weswegen kommt der Gast überhaupt zu mir und nicht zur Konkurrenz? Know-how, Servicequalität und Aufwand müssen in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen. Nicht alles kann man restlos garantieren. #00:28:57-1#

Marco: Auf die Partner zugehen und sehen, was man gemeinsam weiterbringen kann. Lieber Michael, vielen Dank für deine Zeit und für das Interview. #00:29:05-1#

Über Michael und Del Fabro Kolarik

Michael Kolarik-Leingartner ist Markenverantwortlicher für Budweiser Budvar in Österreich und Category Manager für Bier bei Del Fabro Kolarik. Als zweifacher Biersommelier-Staatsmeister ist er um die Positionierung des Stellenwertes von Bier bemüht, moderiert Verkostungen, verfasst Fachartikel und berät Gastronomen in den Bereichen Sortiment, Schankhygiene & Produktqualität.

Bildcredit: Budweiser Budvar

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