Arbeitszeitmodelle im Tourismus

Die Arbeitszeiten im Tourismus und in der Gastronomie werden oft angeprangert. Die Gestaltung der Arbeitszeit ist daher aktuell ein großes Thema im Tourismus. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels, der mittlerweile schon zu einem generellen Mitarbeitermangel geworden ist. Die Pandemie hat dies nochmals verstärkt und vorangetrieben. Kritisiert werden oft unflexible und schlechte Arbeitszeiten.

 

 

Bei der Suche nach Lösungen stehen die Betriebe in einem Spannungsfeld zwischen der Attraktivität als Arbeitgeber mit flexiblen Zeit-(Teilzeit)Modellen und der Knappheit an Fachkräften, die notwendig sind, um die betriebswirtschaftlich erforderliche Auslastungen zu bewältigen.

Als Lösung stehen eine Reihe von verschiedenen Arbeitszeitmodellen zur Verfügung:

  • Vollzeit
  • Teilzeit
  • Gleitzeit und andere Durchrechnungsmodelle
  • Rufbereitschaft
  • Home-Office
  • Jobsharing.

Doch was ist im Tourismus möglich? Und welche Variante kann man für den eigenen Betrieb bestmöglich nützen?

Vollzeit

Bei Vollzeit wird (zumindest bisher) meist 5, 5 ½ oder 6 Tage in der Woche im Betrieb gearbeitet, wobei meist 40 bis 48 Stunden pro Woche anfallen.

5-Tage-Woche: Die Kollektivverträge für Arbeiter und Angestellte in der Hotellerie gehen davon aus, dass die wöchentliche Normalarbeitszeit von 40 Stunden auf 5 Tage in der Woche verteilt wird. Die 5 Tage müssen nicht zusammenhängen. Es muss aber jedenfalls eine Wochenruhe von 36 Stunden gewährleistet sein.
Bei einer 5-Tage-Woche beträgt die tägliche Normalarbeitszeit 8 Stunden. Bei einer ungleichmäßigen Verteilung der Normalarbeitszeit auch 9 Stunden.
Werden täglich mehr als 9 Stunden oder wird zusätzlich an einem 6. Tag in der Woche gearbeitet, so liegen immer Überstunden vor (Zuschlag von 50 %).

6-Tage-Woche: Die 6-Tage Woche auf Basis der 40 Stunden Normalarbeitszeit kann vereinbart werden und kommt vor allem bei Saison- und Gastarbeitern vor.
Der Arbeitgeber muss allerdings bei der Entgeltvereinbarung beachten, dass alle am 6. Tag in der Woche geleisteten Arbeitsstunden mit einem Zuschlag von 50 % – also im Verhältnis 1:1,5 – zu honorieren sind.

Zusätzlich muss jedenfalls eine Wochenruhe von 36 Stunden gewährleistet sein.

Die Entgeltvereinbarung kann bei einer Verteilung der Arbeitszeit auf 6 Tage in der Woche, beispielsweise auf 5 Tage á 7 Stunden und zusätzlich auf einen Tag á 5 Stunden, so aussehen:

  • 5 Tage á 7 Stunden = 35 Stunden Normalarbeitszeit
  • 1 Tag á 5 Stunden = 5 Arbeitsstunden mit 50% Zuschlag

Die zuschlagspflichtigen Arbeitsstunden am 6. Tag der Woche gelten steuerrechtlich nicht als Überstunden!

4-Tage-Woche: Eine 4-Tage-Woche liegt vor, wenn die gesamte Wochenarbeitszeit von 40 Stunden regelmäßig auf vier Tage verteilt wird.
Eine 4-Tage-Woche mit 10 Arbeitsstunden pro Tag ist somit prinzipiell möglich, aber bitte Vorsicht bei Jugendlichen oder Müttern, die aufgrund der täglichen Arbeitszeitgrenzen nicht in entsprechenden Modelle einbezogen werden können.

An welchen vier Tagen in der Woche gearbeitet wird, ist frei vereinbar. Die vier Tage müssen nicht zusammenhängen. Es muss aber jedenfalls eine Wochenruhe von 36 Stunden gewährleistet sein.
Der Vorteil der 4-Tage-Woche für den Arbeitgeber besteht darin, dass die tägliche Normalarbeitszeit 10 Stunden betragen kann, ohne dass Überstunden anfallen. Der Vorteil der 4-Tage-Woche für den Arbeitnehmer liegt darin, dass er in jeder Woche drei freie Tage hat. Ein weiterer Vorteil für den Mitarbeiter besteht darin, dass er sich 1-2 mal An- und Heimreise zur Arbeit spart, was auch ökologisch sinnvoll ist.

Wird ausnahmsweise an einem der drei freien Tage gearbeitet, so liegen immer Überstunden vor, die mit einem Zuschlag von 50 % – also im Verhältnis 1:1,5 – abzugelten sind.

Teilzeit

Wenn 5 Tage oder weniger und weniger als 40 Stunden pro Woche im Betrieb gearbeitet wird, dann spricht man von Teilzeit. Hier gibt es die Variante der Blockarbeitszeit. Der Mitarbeiter wechselt zwischen längeren Freizeit- und Arbeitsblöcken und arbeitet z.B. eine Woche Vollzeit und hat im Anschluss eine Woche frei. Hier gibt es auch andere Zeitvarianten. Dieses Zeitmodell kann in den Ferienzeiten für Eltern oder für Reisebegeisterte von Vorteil sein. Zur Vermeidung von Zuschlägen muss der Durchrechnungszeitraum beachtet werden (Dieser beträgt bei Teilzeit bis zu 13 Wochen, bei Vollzeit bis zu 26 Wochen).

Höchstarbeitszeit

An den 5 oder 6 Arbeitstagen pro Woche darf die tägliche Höchstarbeitszeit durch neue (= freiwillige) Überstunden bis auf 12 Stunden ausgedehnt werden. Insgesamt kann auf diese Weise die wöchentliche Höchstarbeitszeit maximal 60 Stunden betragen. Zusätzlich ist allerdings zu beachten, dass in einem rollierenden (= jede Woche neu beginnenden) Zeitraum von 17 Wochen die wöchentliche Höchstarbeitszeit im Schnitt maximal 48 Stunden nicht überschreiten darf.

Gleitzeit

Ist nicht für alle Abteilungen geeignet, jedoch für Back-Office Abteilungen wie Sales, Marketing, Buchhaltung und Reservierung (ein Koch muss pünktlich für die Frühstücksvorbereitung da sein) nützlich und verbreitet.

Dabei gibt es drei Bestandteile:

  • Rahmenarbeitszeit (in der Zeit kann der Mitarbeiter arbeiten)
  • Kernarbeitszeit (Anwesenheitspflicht)
  • Normalarbeitszeit (normal Arbeitszeitbeginn und –ende)

Die Gleitphasen finden jeweils zwischen Rahmen- und Kernarbeitszeiten statt.

Bei der Gleitzeit kann zusätzlich die Möglichkeit der Durchrechnung über einen längeren Zeitraum genützt werden, was weitere Flexibilität bietet. Wichtig ist dabei, dass die Mehrleistungszeit innerhalb des Durchrechnungszeitraums wieder ausgeglichen wird, da sonst am Ende der Durchrechnung teure Überstundenzuschläge anfallen würden.

Home-Office

Eine weitere attraktive Variante vor allem für Back-Office Bereiche, die sich in den letzten zwei Jahren besonders wegen Corona stark verbreitet hat, ist die Arbeit von zu Hause.
Home-Office ist möglich bei Voll- und Teilzeitarbeit. Eine Gestaltungsvariante ist hier der Wechsel zwischen Arbeit im Betrieb und von Zuhause. Es empfehlen sich Modelle, die bis zu 20% der Arbeitszeit im Home-Office ermöglichen (d.h. bei einer 5- Tage Woche – 1 Home-Office Tag). Der Arbeitgeber erspart sich dadurch Büroraum und kann flexible Bürosysteme nützen, der Mitarbeiter erspart sich Zeit für An- und Heimreise und hat mehr Flexibilität in der Gestaltung seiner Arbeitszeit.

Rufbereitschaft

Der Arbeitnehmer ist während der Freizeit abrufbar. Eigentlich muss der Arbeitsplan gesetzlich 14 Tage im Voraus feststehen, aber unvorhersehbare Ereignisse wie Krankheit, mehr Nachfrage bei gutem Wetter oder kurzfristigere Gästebuchungen können das unmöglich machen. Diese unvorhersehbaren Peaks und Ausfälle wären mit der Rufbereitschaft gut abdeckbar. Dabei ist der Aufenthaltsort bei der Rufbereitschaft frei wählbar, man muss aber immer erreichbar sein. Außerdem ist der Zeitraum, wie schnell man im Betrieb sein muss, vorher zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abzuklären. Es kann vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft 50% des Lohns erhält, auch wenn er nicht arbeitet. Bei einem Arbeitseinsatz erhält er generell sein normales Gehalt für die geleistete Arbeitszeit. Sind es Überstunden, fällt die Überstundenpauschale an. Eine andere Variante ist eine monatlich ausgezahlte Pauschale für die Rufbereitschaft. Laut Gesetz sind max. zehn Tage pro Monat Rufbereitschaft erlaubt.

Job-Sharing

Zwei Mitarbeiter teilen sich eine Vollzeitstelle. Hier können die Mitarbeiter nacheinander oder gleichzeitig arbeiten. Sie können die gleichen Aufgaben bewältigen oder sich Aufgaben und Verantwortung aufteilen. Auf jeden Fall ist eine gute Kommunikation und Abstimmung notwendig. Die Mitarbeiter vertreten sich außerdem bei Urlaubs- und Krankheitstagen. Die Konstruktion ist auch durchaus möglich bei Führungspositionen. Besonders gefragt bei Mitarbeitern ist sie bei Schwangerschaften bzw. werdenden Eltern.

Jobsharing ist eine attraktive Möglichkeit, sofern man ausreichend Mitarbeiter findet, die sich die Arbeitsplätze teilen und sich auch entsprechend gut abstimmen. Diesbezüglich sicher eine Herausforderung für die Führungskraft, die aber Vorteile für alle Beteiligten bietet.

Auf die passenden Rahmenbedingungen achten

Bei der Suche nach Lösungen müssen alle oft sehr spezifischen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden: Größe des Betriebs und Anzahl der Mitarbeiter, Angebotsumfang, Attraktivität der Standortumgebung (Mitarbeiterunterkünfte), arbeitsrechtliche Rahmenbestimmungen, wirtschaftliche Gegebenheiten, etc.

Bei der Einführung neuer Arbeitszeitmodelle sollte sich also jeder Betrieb genau überlegen was zum eigenen Unternehmen passt. Danach gilt es, alle Rahmenbedingungen zu analysieren und idealerweise auch die Mitarbeiter zu befragen.

Zusammenfassung und Fazit

Flexible Arbeitszeitmodelle und Teilzeitmodelle sind wesentliche Faktoren um Mitarbeitern einen attraktiven Arbeitsplatz anbieten zu können, was bei der aktuellen Arbeitsmarktlage eine betriebliche Notwendigkeit ist. Anderseits erfordern Teilzeitvarianten eine größere Anzahl von Mitarbeitern, die ohnehin schwer zu finden sind. Gleichzeitig erhöhen flexible Modelle der Arbeitszeit auch den Führungsaufwand. Daher ist es notwendig die richtigen Modelle zu entwickeln, die auch die unterschiedlichen Anforderungen der Bereiche und der regionalen Situation des Hotels widerspiegeln.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diesen Artikel teilen:

We are social

Facebook

Mit dem Laden des Beitrags akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Facebook.
Mehr erfahren

Beitrag laden

Du hast Fragen zu den Schlüsselthemen der Hotellerie?

Neugierig?

Hier findest du noch weitere spannende Artikel

News & Entwicklungen

GenZ verändert die Reisebranche

Die Generation Z (GenZ), geboren zwischen 1996 und 2010, ist dabei, die Reisebranche grundlegend zu verändern. Klassische, zweiwöchige Sommerurlaube verlieren an Bedeutung, während kürzere, häufigere

WEITERLESEN »
Neue Kennzahlen im Revenue Management
Preis & Vertrieb

Neue Kennzahlen im Revenue Management

Revenue Management ist eine anspruchsvolle Disziplin, aber aus der Hotellerie nicht mehr wegzudenken. Revenue Management erfordert umfangreiche Kenntnisse in Bereichen wie Nachfrageprognosen, Preisstrategien und Bestandsverwaltung.

WEITERLESEN »