Ein Blick hinter die Kulissen: Anforderungen, Kooperationen und Strategien im Umgang mit prominenten Hotelgästen.
Taylor Swift, Udo Lindenberg, Bob Geldof – die Liste an Stars, die in Hotels einchecken, ist lang. Doch was bedeutet es für die Hotellerie, wenn Musiker und Künstler zu Gästen werden? In der aktuellen Folge des Smart Hotel Key Podcasts spricht Marco Rieder mit Alexander Grübling, Chefredakteur der ÖGZ, über die spannende Beziehung zwischen Hotellerie und Musikbranche. Dabei wird schnell klar: Hotels sind längst nicht mehr nur Unterkünfte, sondern spielen eine wichtige Rolle in der Live- und Entertainment-Industrie.
Kernaussagen
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Preisgestaltung bei prominenten Gästen: Das Beispiel Rosewood Vienna während der Taylor-Swift-Tour zeigt, wie stark Hotels ihre Preise anpassen: Von 700 € auf über 11.000 € pro Nacht.
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Neue Einnahmequellen der Musikbranche: Da Künstler heute weniger mit Tonträgern verdienen, sind Tourneen und PR-Termine zentrale Einnahmequellen (mit großem Bedarf an Hotelübernachtungen).
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Flexibilität und Service als Schlüsselfaktoren: Late Check-in, Frühstück am Nachmittag oder kleine Mahlzeiten rund um die Uhr; Musiker erwarten vor allem Sauberkeit, Flexibilität und Diskretion.
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Hotels als Bühne: Lobbys, Bars oder Rooftops werden zu Veranstaltungsorten für kleine Konzerte, Unplugged Sessions oder DJ-Events und bieten Reichweite sowie PR für das Hotel und seine Umgebung.
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Kooperationen mit der Musikindustrie: Wer sich als Hotel positionieren möchte, sollte aktiv auf Labels und Managements zugehen und die eigenen Stärken klar präsentieren.
Transkript der Podcastfolge über Stars im Hotel:
Marco:
Ich freue mich sehr, heute wieder einmal einen ganz speziellen Gast bei mir zu haben. Langjährige Podcast-Hörer werden nicht überrascht sein und werden die Stimme gleich erkennen.
Der liebe Alexander Grübling ist heute bei mir zu Gast, Chefredakteur der ÖGZ und wir haben in der Vergangenheit schon die ein oder andere gemeinsame Folge aufgenommen. 20 Sonderfolgen sind daraus entstanden und heute freue ich mich wieder, ihm die ein oder andere Frage stellen zu dürfen. Servus Alex.
Alexander:
Hallo Marco und danke für die Einladung. Ich habe auch nachgezählt, es sind wirklich 20 Folgen und das war vor 13 Monaten, dass wir die letzte aufgenommen haben.
Marco:
Und das ist schon ein „Zeiterl“ her.
Alexander:
Das ist schon ein „Zeiterl“ her und ich weiß nicht, ob du dich erinnern kannst, aber weißt du, was damals passiert ist vor 13 Monaten?
Marco:
Puh, du wirst es mir gleich sagen. Das hat mit unserer heutigen Folge zu tun.
Alexander:
Also, ich glaube jeder, der Teenager als Kinder hat oder sich für Popmusik interessiert, wird sich erinnern können, Taylor Swift wollte damals drei Konzerte in Wien spielen, die leider abgesagt werden mussten. Und das war für viele Teenager eine Enttäuschung, für die Hotels auch, die schon wirklich sehr viele Buchungen hatten. Und wir haben uns damals angesehen, das Hotel, in dem Taylor Swift einchecken wollte oder auch eingecheckt hat, das war das Rosewood Vienna.
Wir haben uns damals angesehen, um wie viel die die Preise erhöht haben. Marco, jetzt schätze mal, also ein Zimmer im Rosewood.
Marco:
Normalerweise zahlt man dort, glaube ich, rund 700 Euro im Rosewood, während Taylor Swift, also es geht jetzt nicht darum, wie viel Taylor Swift bezahlt hat, sondern wie hoch die öffentlichen Preise waren.
Alexander:
Genau, also es gibt ja durchaus Fans, die sich denken, hey, ich checke in einem Hotel ein, wo Taylor Swift ist, vielleicht treffe ich sie im Aufzug oder beim Frühstück, das wäre doch ein nettes Add-on zu meinem Konzertbesuch. Schätze mal, wie die Preissteigerung ausgesehen hat.
Marco:
Naja, wird schon auf 5.000, 6.000 Euro raufgegangen sein.
Alexander:
Die Preise sind auf 11.500 Euro pro Nacht gestiegen für ein Zimmer, für das normalerweise 700 Euro abgerufen werden. Das heißt, ich bin jetzt auch kein Mathe-Genie, aber das werden so an die 1.500 Prozent sein. Das ist auch eine elegante Art, um Fans zu sagen, na, wir wollen eigentlich nicht, dass ihr bei uns eincheckt.
Also das ist meine Interpretation, vielleicht gibt es ja auch Leute, die bereit wären, das zu bezahlen. Also ich denke, eine durchaus strategische Entscheidung der Hotels.
Marco:
Naja, aber strategisch entscheiden könnte man ja einfach auch keine Verfügbarkeiten generell anzubieten. Das heißt, das Rosewood hat eigentlich nur gesagt, wenn du bereit bist, 11.000 Euro zu zahlen, dann darfst du im gleichen Hotel wie Taylor Swift wohnen.
Alexander:
Das stimmt, das stimmt allerdings auch. Und das ist auch eine ganz gute Überleitung zu einem Thema, weil wir haben uns dann auch angesehen, wie ist das? Will man Rockstars oder Popstars im Hotel haben?
Und wenn ja, wie bringe ich die zu mir eigentlich? Hast du dich mit so einem Thema schon mal beschäftigt?
Marco:
Ich habe nicht die Recherche getätigt wie du oder ihr wahrscheinlich bei euch im Verlag, aber tatsächlich finde ich schon das Thema an sich natürlich sehr spannend, weil es stellen sich ja für mich zwei Fragen. Einerseits ist es als Hotelbetrieb oder generell als Unternehmen wahrscheinlich eine Ehre, wenn ein Star bei mir zu Gast ist. Die Frage, die ich mir stelle, darf man es überhaupt auch dann medial verwerten?
Wenn ja, ist das wahrscheinlich was wert und das muss man einschätzen. Und die andere Frage ist, wie kommt überhaupt wer zu mir? Wie schaffe ich es, dass wer zu mir kommt ins Hotel?
Gilt das sowieso nur für Fünf-Sterne-Ess-Hotels oder wollen dann bestimmte Stars gerade in der Musikbranche nicht sowieso irgendwo nächtigen, wo sonst keiner ist und wo sie nicht gesehen werden? Das sind schon spannende Fragen, die ich mir so ab und zu mal stelle, wenn ich sehe, welche Stars bei uns auftreten. Aber tiefer recherchiert oder Gedanken dazu habe ich mir da nicht gemacht.
Alexander:
Das kommt natürlich ganz auf die Agenturen, die den Künstler unterbringt und da gibt es ganz unterschiedliche Anforderungen, die Künstler an Hotels haben. Grundsätzlich ist es so, ich glaube viele denken bei Rockstar im Hotel, da denken viele vielleicht an wilde Partys, kaputte Fernseher, die aus dem Fenster fliegen. Doch die Beziehung zwischen der Hotellerie und der Musikbranche hat sich in den letzten Jahren wirklich stark verändert.
Und das ist das, was wir herausgefunden haben. Es geht nämlich um wirklich ganz neue Chancen. Also Kooperationen, die Hotels spannend für Künstler machen und auch umgekehrt.
Das ist eigentlich ein wirklich interessantes Thema. Und zwar müssen wir uns eines vor Augen führen, die Musikwirtschaft hat sich grundlegend verändert. Das heißt, Künstler verkaufen jetzt weniger CDs, Platten oder gar keine mehr.
Es gibt nur noch Streams, die verdienen weniger. Das heißt, Live-Auftritte sind die Haupteinnahmequelle für Künstlerinnen und Künstler. Und damit steigt auch gleichzeitig der Bedarf an Hotelübernachtungen für Tourneen oder auch PR-Aktivitäten.
Sprich, die müssen ja nicht nur in Hotels nächtigen, weil sie jetzt irgendwo ein Konzert spielen, sondern weil sie auch irgendwie PR-technisch Interviews geben müssen und so weiter. Also das ist gar nicht ein so kleiner Markt. Und ich würde sagen, aus den Exzessen dieser früheren Rockstar-Allüren, die wir alle kennen und schon gehört haben, ich denke so an Rolling Stones ganz früher vielleicht, ist jetzt eigentlich ein nachhaltiger und kreativer Austausch geworden.
Wir haben uns angesehen in der Geschichte und recherchiert, was Musiker von Hotels erwarten. Und das sind eigentlich Basics, die man eigentlich voraussetzen kann bei jedem guten Hotel, einigermaßen guten Hotel. Das ist einmal, was genannt wird, ist Sauberkeit und Flexibilität.
Und die Flexibilität ist genannt, Late-Check-in, später Check-out, Frühstück auch außerhalb der Normzeiten. Also sprich, auch wenn es einmal am Nachmittag Frühstück geben sollte, dann ist das sicher ein Pluspunkt. Mittlerweile punkten auch kleine Pensionen durch persönlichen, unkomplizierten Service, weil es kommen ja nicht nur Superstars, es kommen ja auch eher unbekanntere Bands.
Also sprich, kleine Mahlzeiten aus geschlossener Küche. Und wer das bieten kann, der sichert sich langfristige Beziehungen mit den Bands, dem Management und den Plattenfirmen, die das im Endeffekt auch brauchen. Hotels können aber auch Partner für PR und Promotions sein, wie ich schon erwähnt habe.
Das heißt, die machen dann Interview-Marathons. Ich kenne das. Du bekommst dann so einen Slot, 15 Minuten darfst du ein Interview führen und dann kommt schon der nächste.
Das ist wirklich durchgetaktet und da gibt es keine Gnade, da gibt es keine längeren Gespräche. Da kommt der Manager und beendet das Gespräch nach 10, 15 Minuten. Sie machen Pressetage, Promotions.
Ein gutes Beispiel in Wien ist das 25 Hours. Also die arbeiten ganz eng mit Labels und Künstlern zusammen. Da gibt es also schon eine Vertrauensbasis.
Wichtige Faktoren, die auch noch genannt werden, ist eben die Atmosphäre. Wie schon gesagt, snacks um die Uhr, Berücksichtigung spezieller Wünsche. Also sprich, die haben diese Anforderungen, die sie auch nicht nur an die Konzertbühnen schicken, sondern auch an die Hotels, was denn alles bereitstehen muss.
Das heißt, da kann es auch mal passieren, dass man nicht das Haus Mineralwasser hinstellt, sondern dass da ganz bestimmte Marke gewünscht wird.
Marco:
Also dieses Luxus- und Komfortthema ist dann natürlich trotzdem präsent. Jetzt nicht im Sinne von, ich brauche ein Riesenluxuszimmer und die wilden Partys, sondern meine Wünsche müssen halt erfüllt werden. Aber ich glaube, das zweite Riesenthema wird ja schon das Thema der Privatsphäre auch sein, oder?
Also die Diskretion und Ruhe ist, schätze ich jetzt einmal schon, ein ganz essentielles.
Alexander:
Ja, vor allem bei den Superstars ist das so. Das Hotel selbst wird aber auch zur Bühne. Das heißt, Lobbys und Bars werden als Veranstaltungsorte genutzt.
Sprich, kleine Konzerte finden auch statt, Vernissagen, Unplugged Sessions. Also es gibt auch bildende Künstler, die mal in Hotels einchecken oder DJ-Lines, das kennt man, das ist jetzt nichts Neues. Ein Beispiel dazu ist das Hotel Schani in Wien, die halt auch Konzerte und Events machen.
Und sowas kann auch ein ganzes Dretzel oder Viertel beleben. Das heißt, das ist ja nicht nur für das Hotel gut, sondern eigentlich auch für die ganze Umgebung. Und im Endeffekt schafft sowas Reichweite und PR.
Und das auch bei kleinen Budgets. Das muss man sich eigentlich vor Augen führen.
Marco:
Ja gut, es wird halt nicht jeder Betrieb Taylor Swift oder einen Robbie Williams bekommen, aber es geht dann sehr viel, was du sagst, um die Beziehung wahrscheinlich zu auch kleineren, mittelgroßen Bands und der laufenden Tätigkeit am Ende des Tages. Ist schon ein spannendes Feld.
Alexander:
Ja, also wie gesagt, Gastgeber sein und zwar auch für Künstler. Und ich würde sagen, keine Angst, diese Rockstar-Allüren, das gibt es eigentlich nicht mehr. Vielleicht gibt es Heavy-Metal-Bands, die sich nicht zu benehmen wissen, aber ich glaube, diese Zeiten sind vorbei.
Und so kann man sich auch für ein junges, musik- und kunstaffines Publikum natürlich auch interessant machen. Also ich weiß jetzt nicht, ob das Rosewood deswegen sehr viele junge Gäste hat, aber möglicherweise.
Marco:
Zumindest junge Gäste aus einer gewissen Schicht, die es sich auch leisten können.
Alexander:
Jedenfalls werden sie medial vertreten und das war eine Gratiswerbung. Neue Zielgruppen.
Marco:
Wollen die Stars überhaupt immer, dass man weiß, wo sie nächtigen?
Alexander:
Nein, also die Superstars wollen das nicht und ich durfte auch schon einige, also in der Vergangenheit, vor meiner ÖGZ-Zeit, habe ich auch im Kulturjournalismus gearbeitet und ich durfte auch einige interviewen und das war eigentlich taput. Es wurde nicht kommuniziert. Also bei der Taylor Swift wurde das irgendwie geleakt.
Das war dann auch in einigen Medien drin, wo die halt nächtigt. Aber im Grunde genommen, diese wirklichen großen Stars, ich weiß nicht, ältere Zuhörer kennen wahrscheinlich Bob Geldof, mit dem habe ich ein Interview geführt und das war absolut top secret. Da wusste niemand, wo der ist.
Oder Yoko Ono war auch in Wien und verschiedene andere Künstler. Wie gesagt, das ist alles sehr diskret behandelt worden.
Marco:
Wobei ich mir dann, gerade bei denen, die diskret behandelt werden, oder wo es halt wirklich dann nicht irgendwo geleakt wird, stelle ich mir halt dann schon die Frage, wie profitabel das ist. Weil dann muss ich das Hotel ja noch mehr abschieben. Ich habe gar keine anderen Gäste wahrscheinlich dort und zahlt man die so viel oder bringt man das so viel, dass ich dann das Hotel für andere Gäste zumache?
Alexander:
Nein, in dem Fall nicht. Das war ein sehr großes Hotel. Das war das Sofitel und man wusste halt nicht, wo er ist.
Der war abgeschottet und du wurdest dann begleitet, in der Lobby abgeholt, hinaufgeführt. So scheu ist der Bob Geldof jetzt auch nicht. Aber es gibt durchaus andere Künstler, die da irgendwie anonym und dann mit Kapperl und Sonnenbrille durch die Lobby laufen.
Marco:
Aber ganze Hotels. Wo das Hotel aber schon mit normalen Gästen auch gefüllt ist.
Alexander:
Ganz genau. Ganz genau so ist es, ja.
Marco:
Hast du da spezielle Sonderwünsche auch mitbekommen in der Vergangenheit oder hat dich das interessiert, wenn du da Interviews geführt hast?
Alexander:
Das hat mich eigentlich nicht interessiert, aber ich habe halt gesehen, es gibt diese, das nennt sich Technical Rider. Das heißt, wenn Künstler irgendwo auftreten, schicken sie das an die Veranstalter und auch an die Hotels. Und da steht dann ganz genau drauf, was der für Ernährungswünsche hat und welche Getränke er haben will.
Also das reicht dann von bestimmten Weinmarken und Wassermarken bis hin zu speziellen Speisen und Zubereitungsarten, also von Rohkost bis vegan oder gegrillten. Also da muss man sich dann schon einstellen. Umso bekannter die Künstler, desto aufwendiger wird dann diese Liste.
Und ja, unter uns gesagt, so diese mittelbekannten Künstler sind selbst immer, also meistens eh total nett, aber die Managers sind mühsam. Das ist meine Erfahrung.
Marco:
Ja und dann hast du natürlich noch so Stars wie Udo Lindenberg, der sowieso im Hotel wohnt, seit Mitte der 90er.
Alexander:
Seit Mitte der 90er, sicher ein guter Kunde des Hotels. Ich weiß nicht, ob er noch immer dort wohnt, aber eigentlich auch eine schöne Geschichte.
Marco:
Das Hotel Atlantik in Hamburg, für alle, die es vielleicht nicht wissen. Dort hat er sogar seinen Hauptwohnsitz angemeldet. Ist es in der Hotellerie möglich?
Alexander:
Auch im Hotel kann man seinen Hauptwohnsitz anmelden. Dann wird aber keine Ortstaxe fällig, oder?
Marco:
Damit wären wir wieder bei einem anderen Thema.
Alexander:
Damit sind wir bei einem anderen Thema, das momentan auch ein Aufreger ist.
Marco:
Ja, absolut. Und es noch bleiben wird. Aber da verweise ich dann auf eine andere Folge und auf den Tourismus-to-go-Podcast.
Lieber Alex, hast du noch was zu ergänzen? Was ist vielleicht dein Takeaway? Sollte jetzt jedes Hotel sich darum kümmern, Stars anzuziehen und in der Musikbranche Fuß zu fassen?
Oder was wären deiner Meinung nach die Überlegungen, die mich dahin treiben könnten?
Alexander:
Interessant ist das auf jeden Fall, wenn man sich positionieren will, wenn man das Gefühl hat, das Hotel würde zu einem bestimmten Künstler passen. Ich würde es einfach über Plattenlabels probieren und hinschreiben, dass man Interesse hätte und dass man das und das bieten kann. So eine Art Fact-Sheet, was kann mein Hotel?
Das wäre sicher hilfreich und wer weiß, vielleicht checkt ja dann irgendwann ein Superstar ein bei dir.
Marco:
Ja, wir werden schauen, wo Taylor Swift bei ihrer hoffentlichen Wiederholungstour, wenn sie nach Wien kommt, nächtigt. Ob es wieder das Rosewood ist oder nicht, wir werden gespannt sein und auf jeden Fall dann auf diese Folge verweisen spätestens. Lieber Alex, vielen lieben Dank für das Gespräch und hoffentlich bis bald wieder.
Alexander:
Danke, lieber Marco, für die Einladung.