Ferialarbeit, Praktikum, Volontariat – Wichtige Unterschiede und rechtliche Aspekte

Mit dem Sommer beginnen viele Schüler:innen und Studierende ihre ersten beruflichen Erfahrungen durch Ferialarbeit oder Praktika im Tourismus. Doch es gibt wichtige Unterschiede zwischen Ferialarbeitnehmer:innen, Praktikant:innen und Volontären, die Arbeitgeber:innen kennen sollten.

 

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Praktikum aufgrund einer Ausbildungsverpflichtung

Ein „echtes“ Pflichtpraktikum ist durch eine schulische oder universitäre Ausbildungsverpflichtung geprägt. Es steht im Rahmen des Ausbildungsplans und hat einen klaren Ausbildungscharakter. Der Praktikant darf keine Arbeitspflicht haben und keine Weisungsunterworfenheit erleben. Er ist kein Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinn.

Dienstverhältnis im Rahmen eines Praktikums

Oft wird ein Pflichtpraktikum dennoch im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolviert. Hier ist der Praktikant wie ein regulärer Dienstnehmer zu behandeln, mit Arbeitszeitregelungen und Aufgabenbindung.

Pflichtpraktikant:innen im Arbeiter- und Angestelltenbereich

Arbeiterbereich

Der Kollektivvertrag für Arbeiter:innen bezeichnet Pflichtpraktika als Ferialpraktika und bezieht sich ausschließlich auf Schüler:innen bestimmter Schulen, die aufgrund schulrechtlicher Vorschriften ein Betriebspraktikum absolvieren müssen. Diese Schulen umfassen Mittlere und Höhere Schulen, Fachschulen, Hauswirtschaftsschulen, Höhere Lehranstalten für wirtschaftliche Berufe und Fachmittelschulen. Die Praktika sind auf die Zeit der Schulferien zu beschränken, welche alle Zeiten umfassen, in denen die Schule geschlossen ist.

Angestelltenbereich

Der Kollektivvertrag für Angestellte umfasst Schüler:innen oder Studierende, die ein Betriebspraktikum absolvieren müssen, ohne die Notwendigkeit, an einer bestimmten Schule eingeschrieben zu sein. Diese Praktika können auch außerhalb der klassischen Schulferien absolviert werden. Der Inhalt der Praktika richtet sich nach den Schulvorschriften: Praktische Fähigkeiten wie Servieren und Kochen fallen unter den Kollektivvertrag für Arbeiter:innen, während kaufmännische Fähigkeiten dem Kollektivvertrag für Angestellte unterliegen.

Bezahlung

Pflichtpraktikant:innen im Arbeiterbereich haben Anspruch auf ein reduziertes Entgelt in Höhe des Lehrlingseinkommens für das entsprechende Lehrjahr, abhängig vom absolvierten Schuljahr. Im Angestelltenbereich haben sie Anspruch auf ein Entgelt mindestens in der Höhe des Lehrlingseinkommens für das 2. Lehrjahr. Pflichtpraktikant:innen haben auch Anspruch auf anteilige Jahresremuneration, sofern das Praktikum ununterbrochen mindestens zwei Monate dauert.

Arbeitsrechtliche Ansprüche

Pflichtpraktikant:innen können alle arbeitsrechtlichen Ansprüche geltend machen, einschließlich Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Urlaub wird während des Praktikums aliquot berechnet und umfasst bei einer 5-Tage-Woche zwei Arbeitstage pro Monat.

Schutzbestimmungen

Für jugendliche Praktikant:innen gelten spezielle Schutzbestimmungen. Ihre tägliche Arbeitszeit darf 8 Stunden nicht überschreiten, kann aber auf 9 Stunden verlängert werden, um längere Freizeit zu ermöglichen. Die wöchentliche Arbeitszeit darf 40 Stunden nicht überschreiten. Jugendliche dürfen bis 20:00 Uhr und ab dem 16. Geburtstag unregelmäßig bis 23:00 Uhr beschäftigt werden, jedoch nur nach einer ärztlichen Untersuchung.

Schnuppertage und Volontariat

Schnuppertage bieten Schüler:innen Einblicke in die Arbeitswelt, ohne Arbeitsleistung zu erbringen. Sie sind nicht entlohnt und unterliegen der gesetzlichen Schülerunfallversicherung. Volontariate außerhalb von Schulen und Universitäten sind freiwillig und dienen der Aus- oder Weiterbildung. Volontäre müssen vor Arbeitsantritt bei der AUVA angemeldet werden und sind unfallversichert.

Ferialarbeit

Ferialarbeitnehmer:innen sind in der Ferienzeit zu Erwerbszwecken tätig. Sie sind als Arbeitnehmer:innen in den Betrieb eingegliedert, weisungsgebunden und der Kontrolle durch die Arbeitgeber:innen unterworfen. Sie unterliegen sowohl den arbeitsrechtlichen Gesetzen, wie dem Angestelltengesetz oder dem Urlaubsgesetz, als auch den Kollektivverträgen.

Bezahlung von Ferialarbeit

Abhängig von den verrichteten Arbeiten sind Ferialarbeitnehmer:innen im Kollektivvertrag für Arbeiter:innen bzw. im Kollektivvertrag für Angestellte in der entsprechenden Lohngruppe bzw. Beschäftigungsgruppe einzustufen. Für ungelernte Arbeitskräfte ergibt sich eine Einstufung in die Lohngruppe 5 (Arbeiter:innen) bzw. Beschäftigungsgruppe 5 (Angestellte). Eine Bezahlung auf Basis des Lehrlingseinkommens ist unzulässig. Neben dem Anspruch auf den kollektivvertraglichen Mindestlohn bzw. das Mindestgehalt haben Ferialarbeitnehmer:innen Anspruch auf Urlaub und Jahresremuneration. Arbeiter:innen haben diesen Anspruch nur, wenn sie mindestens zwei Monate durchgehend im Betrieb beschäftigt sind.

Probezeit und Befristung

Bei Ferialarbeitnehmer:innen empfiehlt es sich, den Arbeitsvertrag befristet auf bestimmte Zeit mit einem konkreten Enddatum abzuschließen. Zusätzlich sollte eine Probezeit von einem Monat (Angestelltenverhältnis) bzw. 14 Tagen (Arbeiterverhältnis) vereinbart werden. In der Probezeit kann der Arbeitsvertrag ohne Angabe von Gründen und ohne Frist aufgelöst werden. Die Befristung des Arbeitsvertrages erhöht die Sicherheit, dass dieser auch wirklich am Ende der vereinbarten Zeit endet. Eine Kündigungsklausel darf nach aktueller Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht mehr in befristete Arbeitsverträge aufgenommen werden. Es ist empfehlenswert, ausschließlich schriftliche Arbeitsverträge abzuschließen. Musterverträge werden von der ÖHV bereitgestellt.

Besondere Beachtung für Minderjährige

Minderjährige Schüler:innen unterliegen zusätzlich den Vorschriften des Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetzes, insbesondere strengeren Regelungen zur Arbeitszeit.

Fazit zu Ferialarbeit & Co

Es ist wichtig, diese Unterschiede zu kennen und die rechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten, um ein reibungsloses und rechtssicheres Arbeitsverhältnis zu gewährleisten. Arbeitgeber:innen sollten sich sorgfältig über die spezifischen Anforderungen und Regelungen informieren, um sowohl die Bedürfnisse der jungen Arbeitskräfte als auch die rechtlichen Vorgaben zu erfüllen. Dies trägt nicht nur zur Zufriedenheit der Ferialarbeitnehmer:innen und Praktikant:innen bei, sondern auch zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und zur Vermeidung rechtlicher Konsequenzen.

Weiterführende Rechtsinfos der Österreichischen Hoteliervereinigung:

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