Warum datenbasierte Entscheidungen in der Hotellerie unverzichtbar sind

Daten sind das neue Gold in der Hotellerie – das steht für viele längst fest. Doch wie können Hoteliers tatsächlich datenbasierte Entscheidungen treffen und strategisch einsetzen? Im Interview mit Markus Seemann, Geschäftsführer von Octopus Analytics, erfahren wir, wie moderne Tools helfen, die komplexen Kennzahlen übersichtlich aufzubereiten, welche typischen Herausforderungen Hoteliers heute begegnen und welche Trends die Branche in Zukunft prägen werden.

Kernaussagen des Interviews:

  • Datenbasierte Entscheidungen sind unverzichtbar: Umsatz-, Kosten- und Belegungskennzahlen liefern die Grundlage, um den Betrieb gezielt zu steuern und wirtschaftlich zu optimieren.

  • Praxisnähe ist entscheidend: Viele private Hotels arbeiten noch zu sehr aus dem Bauch heraus. Der Transfer von Know-how aus der Kettenhotellerie in die Privatbetriebe ist ein zentraler Erfolgsfaktor.

  • Technische Hürden bei der Datenverfügbarkeit: Hoteliers haben oft keinen einfachen Zugriff auf ihre eigenen Zahlen, da Systeme nicht intuitiv genug sind und häufig externe Dienstleister gefragt werden müssen.

  • Flexibilität und Usability sind wichtig: Ein gutes Analyse-Tool muss verschiedene Datenquellen integrieren und gleichzeitig einfach bedienbar sein, um nicht zu überfordern.

  • Zukunftstrends: KI und Automatisierung: Künstliche Intelligenz wird künftig verstärkt als aktiver Ratgeber fungieren und Hoteliers bei der Interpretation großer Datenmengen unterstützen, ohne Entscheidungen vorzugeben.

 

Markus Seemann ist Gründer und Geschäftsführer der Octopus Analytics GmbH sowie der 9seemeilen Hospitality. Er zählt zu den profiliertesten Experten für Revenue-Management im deutschsprachigen Raum. Mit über 20 Jahren Erfahrung in der operativen und strategischen Hotellerie verbindet er fundiertes Fachwissen mit innovativen Ansätzen zur datengetriebenen Preisgestaltung, Vertriebssteuerung und digitalen Transformation.

Seine berufliche Laufbahn begann klassisch mit einer Ausbildung zum Hotelfachmann bei den Kempinski Hotels. Nach Stationen in namhaften Hotelgruppen wie Sheraton, Maritim und Achat übernahm er schnell Führungsverantwortung, u. a. als General Manager und Regional Manager. Später baute er eigene Unternehmen auf und entwickelte sich zum gefragten Berater, Speaker und Coach.

Als Referent der DEHOGA Akademie sowie des HGV Südtirol und als Dozent am Bodensee Campus in Konstanz vermittelt Markus Seemann sein Know-how praxisnah, inspirierend und lösungsorientiert. Im Fokus seiner Vorträge stehen aktuelle Herausforderungen und Chancen der Hospitality-Branche – von smarter Preisstrategie über intelligente Datenverknüpfung bis hin zum erfolgreichen Brückenschlag zwischen Mensch, Markt und Maschine.

Markus Seemann steht für ein Denken in Potenzialen statt Problemen. Er begeistert sein Publikum durch tiefes Fachwissen, klare Worte und anwendbare Impulse, die sich direkt in die Praxis übertragen lassen.

Transkript der Podcast-Folge über datenbasierte Entscheidungen

Marco: Ja, Hallo Markus, schön, dass du heute bei mir zu Gast bist im Podcast Smarthotelkey. Ich habe in der Einleitung schon kurz gesagt, worum es heute gehen wird, was unser Thema ist und wer mein Gast wird, aber bevor wir jetzt ins Thema tiefer einsteigen, würde ich mich freuen, wenn du ein paar Worte noch zu dir verlierst. Das werden dich sicherlich alle Podcasthörer erkennen. Erzähl uns einmal kurz: Was ist dein Weg, wer bist du und warum beschäftigst du dich so intensiv heute mit Daten?

Markus: Hallo Marco, danke erstmal für die Einladung zu deinem Podcast, ich habe mich natürlich sehr gefreut, als du mich gefragt hast, ob ich da dran teilnehmen möchte, sehr gerne natürlich. Ja, mein Name ist Markus Seemann. Ich bin Geschäftsführer von Octopus Analytics und von Neumann Seemann Hospitality. Beschäftige mich schwerpunktmäßig seit einigen Jahren mit dem Thema Revenue Management und schlussendlich dann daraus auch mit dem Thema Daten, Datenanalyse, Betriebswirtschaftlichkeit und Kennzahlen in der Hotellerie.

Marco: Und du kommst ja aus der Praxis, also du bist ja Hotelier gewesen, muss man mittlerweile sagen, bist aber der Hotellerie natürlich gerade bei diesen Themen ganz eng verbunden. Warum ist Revenue Management, warum sind datengetriebene Entscheidungen so wichtig? Gibt es spezielle Erfahrungen, die dich am Weg bis heute geprägt haben?

Markus: Ja, auf jeden Fall. Also ich war bis vor sechseinhalb Jahren Hoteldirektor in den letzten Stationen der letzten acht Jahre, bevor ich mich selbstständig gemacht habe, und habe mein ganzes Berufsleben lang in der Hotellerie verbracht. Warum dieses Thema mich so stark geprägt hat, das war damals in Salzburg, als ich Bankett- und Verkaufsleiter für eine französische Hotelkette war. Ich hatte einen Hoteldirektor, der sehr stark fokussiert auf Betriebswirtschaftlichkeit und Kennzahlen war, und damals hat er uns schon so ein bisschen an dieses Thema herangeführt.

Marco: Mhm.

Markus: Habe ich dann wirklich gemerkt, so okay, es gibt auch noch ein bisschen was anderes abseits von der Operative, was ganz, ganz spannend ist, was aber einen riesengroßen Einfluss auf die Operative letztendlich hat. Und zwar geben Zahlen, Daten, Fakten und Informationen letztendlich auch so ein bisschen die Marschrichtung vor. Das war so der erste Berührungspunkt. Und dann habe ich mich in den Stationen danach immer weiter mit dem Thema Revenue Management beschäftigt. Und so kam das alles dann zustande. Und weil ich den größten Teil meiner beruflichen Karriere in der Kettenhotellerie verbracht habe, habe ich dann auch später in der letzten Station, in einem privat geführten Hotel, festgestellt, so okay, das, was wir in der Kettenhotellerie eigentlich immer schon getan haben und tun, das findet in der Privathotellerie und familiengeführten Hotellerie noch gar nicht so richtig statt. Und das war dann letztendlich der Switch zu sagen, so okay, ich möchte das, die Praxiserfahrung, die ich habe, gerne in die privat geführten Betriebe mit einbringen. Und das mache ich jetzt seit sechseinhalb Jahren ganz erfolgreich.

Marco: Das heißt, hast du dann dein Ketten-Know-how schon in deiner letzten Station in der Privathotellerie eingebracht? Da war das schwieriger, sich da auch ein bisschen durchzusetzen? Wir brauchen andere Entscheidungsgrundlagen? Oder wie ist es dir da mitgegangen?

Markus: Ja, auf jeden Fall. Also grundsätzlich kann man das so zusammenfassen in einem Satz, dass man sagt: In der Privathotellerie funktionieren viele Dinge aus dem Bauchgefühl heraus oder aus der Intuition heraus. Und das funktioniert natürlich in der Kettenhotellerie nicht. Da wird ganz, ganz viel Wert auf andere Faktoren gelegt, die Einfluss auf eine Entscheidung haben. Und natürlich, wenn man jetzt aus so einer Kettendenke kommt und das 1:1 in der Privathotellerie umsetzen möchte, funktioniert das auf gar keinen Fall. Und da stößt man auch ganz, ganz viel auf Widerstände. Aber die Punkte, die in der Kettenhotellerie gut funktionieren und sinnvoll sind, die dann Stück für Stück oder nur sehr solitär betrachtet in ein privat geführtes Hotel einzuführen, das ist dann ganz sinnvoll. Und dann kann man auch dem Unternehmer relativ schnell erklären: Pass auf, wenn wir das so und so machen oder das und das als Entscheidungsgrundlage haben, dann wird sehr wahrscheinlich das und das passieren. Und dann kommt man relativ schnell ans Ziel. Und das hat da auch sehr, sehr gut funktioniert.

Marco: Aber was sind denn für dich so die wichtigsten KPIs, mit denen du dich dann beschäftigst, wenn du ein Hotelier, ein Hotel neu anschaust, gemeinsam mit dem Hotelier?

Markus: Also grundsätzlich, wenn wir jetzt über das Thema Revenue sprechen, und da meine ich jetzt nicht nur die reine Logis, sondern natürlich auch das Revenue Management im F&B, ist es ganz, ganz wichtig, erstmal zu schauen: Was habe ich eigentlich an Kosten? Was kann ich da eventuell optimieren? Wo ist eigentlich mein Break-even? Sowohl in der Logis als auch im F&B-Bereich. Da spielt natürlich die Preisuntergrenze, absolute Preisuntergrenze beziehungsweise Break-even, wenn wir im betriebswirtschaftlichen Sprech bleiben wollen, eine ganz klare Vorgabe. Und natürlich auch weitere Werte, sagen wir mal BE1 und BE2, und der Cashflow, der dann am Ende des Tages dabei herauskommt. Also im Beratungsalltag sind das natürlich wichtige Kennzahlen beziehungsweise wichtige Metriken, die wir betrachten müssen. Und wenn wir uns weiter um den Logisbereich kümmern, dann natürlich klare Dinge wie Durchschnittsrate, durchschnittliche Belegung auf den Tag runtergebrochen, wie hoch ist mein Regieumsatz, wie hoch ist mein RevPAR an dem Tag, wie hoch ist der Total RevPAR. Gerade wenn ich Ferienhotels betrachte, die nicht nur Übernachtung und Frühstück anbieten, sondern vielleicht zwei Restaurants mit dabei haben, im F&B-Bereich mit dabei haben, im Spa-Bereich mit dabei haben, das kann man sehr, sehr differenziert betrachten. Dann muss man sich erst mal das große Ganze anschauen und kann dann weiter in die Tiefe gehen und sich genau angucken: Wie verhält sich das jetzt im Spa-Bereich? Wann sind die Peak Days? Ist das ungefähr vergleichbar mit den Peak Days in der Logis oder haben wir da ein bisschen andere Days? Wovon ist das abhängig? Und das sind so ein paar Dinge, die man auf jeden Fall auf dem Schirm haben muss für den ersten Eindruck.

Marco: Mhm. Absolut. Du, ich bin ganz bei dir, und wir kennen sie ja sicher beide aus dem Beratungsalltag. Es ist schön, wenn man diese Kennzahlen anfordern kann, Einsicht haben will, um den Betrieb sich im Detail anzuschauen. In der Praxis ist es halt oft so, dass der Hotelier gar nicht weiß, wo er die ganzen Zahlen herbekommt. Das ist, glaube ich, die Kehrseite der Medaille. Und ich will jetzt nicht vorgreifen, aber ich glaube, das war ja auch einer der Pain Points, warum ihr gesagt habt, ihr müsst jetzt ein Tool entwickeln, das den Hotelier dabei unterstützt, diese Zahlen transparent zu haben und im Griff zu behalten. Ist das richtig?

Markus: Ja, genau, das ist richtig, Marco. Ich habe jetzt gerade vor Kurzem einen aktuellen Fall gehabt, der eigentlich sehr, sehr bildlich erklärt, warum es letztendlich zu Octopus gekommen ist, und zwar bei so einer klassischen Betriebsberatung.

Markus: Und das möchten wir natürlich nicht. Und das ist vielleicht auch mein großer Vorteil: 20 Jahre Berufserfahrung in der Hotellerie. Da weißt du ganz genau, wie diese Systeme funktionieren und welche Daten du aus den einzelnen Containern rausziehen kannst, um sie sinnvoll zu verknüpfen, sodass am Ende ein gutes Bild entsteht. Und das machen wir nicht nur für reine Logis-KPIs, wie Auslastung, Durchschnittsrate und so weiter, sondern wir bringen auch Sales- und Marketing-Daten mit ins Spiel und verknüpfen diese miteinander. Das heißt, bei unseren Auswertungen kannst du genau sehen, welches Marktsegment, beispielsweise Leisure, über welchen Kanal hauptsächlich gebucht hat, welche Zimmerkategorie gebucht wurde, aus welchem Land die Gäste kamen. Und das funktioniert in jede Richtung, egal welchen Datencontainer du bei uns anklickst, du siehst gleich den Split über die anderen Segmente. Und das halte ich für sehr, sehr sinnvoll.

Marco: Absolut. Das heißt, wie ist dann euer typisches Zielsegment an Hoteliers? Wahrscheinlich die privat geführten, die sich bisher noch zu wenig mit ihren eigenen Daten auseinandergesetzt haben? Wie läuft so ein typisches Onboarding ab? Ich glaube, es ist ja auch für euch essentiell, zu wissen, welche Systeme der Hotelier derzeit im Einsatz hat. Kann ich die Daten rausbekommen? Brauche ich überall eine Schnittstelle oder arbeitet ihr auch mit CSV-Exports und -Imports? Erklär doch mal bitte den Ablauf von einem klassischen Hotel, das vielleicht mit euch arbeiten will.

Markus: Sehr gerne. Du hast gerade den klassischen Privathotelier genannt, das ist auch unser Fokus. Unser Anspruch ist nicht, die Top-Ten-Hotellerie mit unserem System zu bedienen, weil dort oft Kettenhotellerie dahintersteht.

Marco: Und…

Markus: …die häufig, wie IHG beispielsweise, ihre eigenen Tools im Einsatz haben, oder auch Accor. Das ist sicherlich nicht unsere Herangehensweise. Ich komme aus dem Beratungsbereich für die Privathotellerie und dementsprechend ist das Tool auch dafür entwickelt worden. Der Onboarding-Prozess ist eigentlich relativ einfach: Der Hotelier bekommt einen Benutzernamen und ein Passwort, loggt sich auf der Plattform ein und hat direkten Zugriff auf seine Informationen und Daten.

Was wir im Hintergrund machen müssen, ist etwas umfangreicher. Das kommt natürlich ganz darauf an, welches Hotelprogramm das ist. Wenn wir eine API, also eine automatische Schnittstelle zum PMS haben, dann ist der Aufwand relativ gering.

Marco: Hm.

Markus: Wir können aber auch, und haben das System extra so aufgebaut, dass wir möglichst flexibel Daten beziehen können. Entweder über eine API oder das Hotelprogramm legt beispielsweise bei den Kollegen von ASA eine Datei auf einem SFTP-Server ab, die wir dann automatisiert in unser System einlesen können. Wir können aber auch ganz normal mit einer CSV oder Excel-Datei arbeiten, die uns per Tagesabschluss automatisiert zugeschickt wird. Oder wir verarbeiten auch manuell zugeschickte Daten.

Marco: Ah.

Markus: Wir sind im Format sehr flexibel, da gibt es eigentlich kein Format, das wir nicht auslesen können. API ist natürlich immer die schönste Herangehensweise. Aber bei der Vielzahl an unterschiedlichen Hotelsystemen, Channel Managern und so weiter dauert es natürlich lange, bis man die Hotellerie vollumfänglich abbildet. Deswegen sind wir froh, so flexibel unterwegs sein zu können.

Marco: Absolut, sehr spannend. Was würdest du sagen, was sind so klassische Aha-Effekte bei den Hoteliers? Oder typische Fragen, die man auf einmal in einem anderen Licht sieht oder besser beantworten kann, wenn man mal seine Daten gut aufbereitet sieht?

Markus: Ich glaube, das erste große Aha-Erlebnis ist einfach, du kennst es ja auch: der Chefbericht, der Manager-Report, wo steht: Was ist gestern passiert? Was ist diesen Monat insgesamt passiert? Und ja, auflaufend passiert?

Marco: Hm.

Markus: Und diese Managerberichte setzen das nicht oder sehr selten ins Verhältnis. Und das erste Aha-Moment ist, wenn ich die Historie sehe. Wir ziehen uns natürlich nicht nur aktuelle Daten und Forecast-Daten für die Zukunft, sondern auch die komplette Vergangenheit. Und das macht es spannend. Da sieht man tatsächlich Veränderungen, beispielsweise im Gesamtumsatz: Wie hat sich der in den letzten Jahren entwickelt? Wie hat sich die Belegung entwickelt? Wie hat sich der Total RevPAR entwickelt? Und das ist so das erste Aha-Erlebnis, wo man wirklich die komplette Zeitreihe sieht. Entweder in Jahren, Monaten oder auf Tagesebene runtergebrochen, sieht man die Veränderungen. Da fängt es dann tatsächlich an, dass bei den Hoteliers im Kopf gearbeitet wird. Und sie überlegen: Okay, aber 2023 war eigentlich ein richtig gutes Jahr, warum war ich da schlechter als 2022, obwohl das auch noch letzte Corona-Auswirkungen waren? Warum? Das ist schön zu sehen, dass das Hirn anfängt zu arbeiten und man sich näher damit beschäftigt.

Der zweite Aha-Moment ist, wenn man die Marktsegmente, Vertriebskanäle und Herkunftsländer in Beziehung setzt. Dann sieht man zum Beispiel: Ich weiß, dass das Zimmer mit Seeblick hauptsächlich von Schweizer Gästen gebucht wird. Das sehe ich sonst nicht. Und das macht auch Sinn, weil die Schweiz nicht so viel Küste hat, also bucht man natürlich ein Zimmer mit Meerblick. Solche Informationen bekomme ich sonst nie aus dem Hotelprogramm raus.

Und wenn wir über Forecast sprechen: Wie schauen eigentlich die nächsten Monate aus? Wo bekommen wir Pickup rein? Wie verändert sich die Rate? Wie ist das im Vergleich zum Vorjahr? Das ist wirklich spannend. Wenn sie merken, das bringt mir wirklich viel an Datenqualität und Informationsqualität, dann lässt sich damit viel leichter arbeiten. Das ist wirklich schön zu sehen. Und dann kann ich auch datenbasierte Entscheidungen treffen.

Marco: Pickup im Vergleich zu den Vorjahren. Vielleicht kommen bestimmte Märkte relativ kurzfristig rein und ich brauche noch gar nicht nervös zu werden, aber ich habe das datenmäßig besser unterlegen können. Du hast vorhin kurz gesagt, ihr lasst verschiedene Datenquellen einfließen. Marketing und Sales sind natürlich ein wichtiges Thema. Wie kann ich mir da die konkrete Verknüpfung der Daten vorstellen? Wo sind vielleicht im Tool auch Grenzen gesetzt? Ich wünsche mir ja immer viel, und es ist ja oft in der betriebswirtschaftlichen Beratung sehr spannend: Welche 50 % bringen wirklich etwas, welche nicht? Sind dann auch Metadaten wie Ad-Spend oder Bandbreite auf gewisse Märkte oder Zielgruppen dabei? Was hat das tatsächlich an Buchungen für einen gewissen Zeitraum gebracht? Was nehmt ihr da noch an Zusatzdaten mit auf oder was könnt ihr überhaupt aufnehmen?

Markus: Im Moment, Stand heute, sind wir ja offiziell erst seit Juli seit gut sechs Monaten am Markt. Wir haben das System extra so gebaut, dass wir maximal flexibel sind. Wir können letztendlich jede Datenquelle integrieren, die irgendwie möglich ist.

Marco: Mhm.

Markus: Du hast gerade Ad-Spend genannt. Also wenn wir auf Google oder alle Metadaten schauen, beispielsweise, die können wir auch theoretisch und praktisch integrieren. Wir können Daten vom Channel-Management-System integrieren, Daten von Price-Scraping-Tools wie Lighthouse, RMS- oder Pricing-Tools und Daten damit ins Verhältnis setzen. Das ist alles möglich. Wir sind noch lange nicht am Ziel. Wenn man ehrlich ist, kann man jahrelang Zeit und Investitionen in das System stecken, um noch mehr Funktionen und Datencontainer zu integrieren. Aber irgendwann musst du auch mal sagen: Das ist jetzt erst mal das Kernprodukt. So stehen wir gerade da.

Marco: Ja.

Markus: Dementsprechend ist es natürlich wichtig, ganz viele Daten und Informationen zu sammeln, auszuwerten, zu interpretieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Was den Softwaremarkt in unserer Branche angeht, haben wir in den letzten fünf bis sechs Jahren gesehen, dass jede Woche irgendwie ein neues Tool aufpoppt, mit dem der Hotelier arbeiten kann. Ich glaube, in den nächsten zwei bis drei Jahren wird es noch eine Konsolidierung geben, dass sich einige Anbieter durchsetzen und andere verschwinden oder aufgekauft werden. Ich denke da an große Player, die viel einkaufen.

Eine Konsolidierung wird stattfinden. Worüber wir nicht hinwegkommen, ist die konsequente Nutzung von Technologie in unserer Branche. Das haben wir viel zu lange verschlafen. Manche Betriebe arbeiten noch mit Hotelprogrammen von Anfang der 2000er, also mit 25 Jahre alten Legacy-Systemen. Es gibt mittlerweile bessere Alternativen, und wir müssen unsere Prozesse neu denken. Wir können nicht einfach analoge Prozesse in die digitale Zukunft mitnehmen, das ist schwierig.

Wir sind eigentlich schon mitten in der Zukunft. Künstliche Intelligenz, AI, Machine Learning sind extrem große Themen. 2023, vor fast zwei Jahren, begann die ChatGPT-Welle. Jeder benutzt sie ein bisschen, aber keiner kann genau sagen, was das Potenzial dahinter ist und was wir damit schaffen können. Das wird ein riesiger Trend werden, vor allem bei der Angebotsgestaltung.

Wir können aus verschiedenen Datenquellen Daten generieren und eine künstliche Intelligenz trainieren, die den Hotelier aktiv darauf hinweist: „Pass mal auf, da und da schau mal hin, da läuft etwas aus dem Ruder, das ist anders als letztes Jahr.“ Ein aktiver Ratgeber, der den Nutzer mit seinem Know-how und seiner Erfahrung im Hotel darauf hinweist, dass eine Veränderung stattgefunden hat. Er sagt aber nicht: „Mach das und das“, sondern unterstützt bei der Interpretation.

Das ist extrem wichtig, denn eine solide betriebswirtschaftliche Führung braucht das Wissen und die Erfahrung des Hoteliers, um die Daten richtig zu interpretieren. Aber die KI kann helfen, die Aufmerksamkeit auf relevante Veränderungen zu lenken.

Das wird ein riesengroßer Trend und eine große Neuerung in unserer Branche sein – nicht nur in der Hotellerie, sondern auch in Gastronomie, Spa-Bereichen oder Systemgastronomie.

Marco: Mhm.

Markus: Genau, das wird spannend.

Marco: Vor allem ist das ein umfassender Blick, der manchmal zu kurz kommt, weil natürlich der Beherbergungsbereich meistens den größten Ertragsanteil bringt. Aber je stärker der Kostendruck steigt – du hast gesagt, das Plateau ist vielleicht noch nicht erreicht oder wir wissen nicht, ob es sich abflacht oder weiter steigt – desto mehr muss ich auf die weiteren Revenue Streams und die Kostenstrukturen schauen. Es sind oft Kleinigkeiten, die viel ausmachen. Zum Beispiel die Praline auf dem Kopfkissen, die nur einen Euro kostet, aber 30.000 mal im Jahr, das sind 30.000 Euro, die ich habe oder nicht habe. Solche Kleinigkeiten gibt es in jedem Betrieb.

Markus: Richtig.

Marco: Das macht am Ende des Tages natürlich ganz viel aus. Meine vorletzte Frage hast du mir schon vorweggenommen: Gibt es Features oder Entwicklungen, die ihr noch in der Pipeline habt? Ich bin schon sehr gespannt auf den „EI Buddy“, den es vielleicht einmal geben wird zur aktiven Dateninterpretation.

Markus: Ja.

Marco: Wir sind da doch schon fast am Ende des Interviews angelangt. Ich glaube, wir haben sehr viele Themen angesprochen. Vielen Dank für deine ganzen Insights! Vielleicht zum Abschluss noch: Wenn du jetzt einen Wunsch frei hättest und viele Hoteliers kennst, die sich mit den Daten noch nicht so intensiv beschäftigen – welche Kennzahl oder Auswertung sollte künftig auf keinem Hoteliers-Dashboard fehlen?

Markus: Sehr gerne. Wow, das ist eine sehr gute Frage. Ad hoc fallen mir zehn wichtige Dinge ein, aber was auf keinen Fall fehlen sollte, ist der klassische Forecast. Also wie stehe ich aktuell für die nächsten 365 Tage, von mir aus auch für die nächsten drei Monate, und wie bin ich im Vergleich zum letzten Jahr gewesen? Das halte ich für elementar, um sich selbst herauszufordern, besser zu werden als im letzten Jahr.

Marco: Mhm. Ja.

Markus: Garmin hat einen tollen Slogan: „Beat Yesterday“. Das finde ich super, auch sportlich gesehen. Ich mache selbst viel Sport und den Slogan kann man super auf die Hotellerie übertragen: „Beat Yesterday“ oder „Beat last Year“. Wenn letztes Jahr gut gelaufen ist, möchte ich dieses Jahr besser werden. Das geht nur mit diesen Informationen.

Marco: Super, vielen Dank Markus, das waren sehr schöne Schlussworte. Ich glaube, „Beat Yesterday“ können wir uns alle ein bisschen an die Fahne heften, denn wenn wir jeden Tag ein kleines Stück besser werden als am Vortag, machen wir ganz viel richtig. Vielen Dank, dass du heute mein Gast warst. Wer noch mehr zu dir wissen will, alles wird in den Shownotes und im Blogbeitrag verlinkt. Ich freue mich, wenn wir auf Sendung bleiben und uns beizeiten wiederhören.

Markus: Dankeschön, Marco, für die Einladung und für das schöne Gespräch.

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