Teurer Faktor Arbeit: Hohe Arbeitsstückkosten im Tourismus haben Folgen

Österreich liegt mit 44,50 € Arbeitskosten je Stunde deutlich über vielen EU-Ländern. Was heißt das konkret für ein Hotel? Für Preise? Für Qualität? Und: Welche Reformen würden wirklich entlasten?

Worum geht es bei Arbeitsstückkosten konkret?

Arbeitskosten je geleistete Stunde messen, was eine Stunde Arbeit ein Unternehmen insgesamt kostet, inklusive Lohn, Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und relevanter Abgaben. In Dienstleistungsbranchen wie Hotellerie und Gastronomie, in denen Wertschöpfung stark am menschlichen Kontakt hängt, schlägt jeder Kostenschritt sofort auf Preise, Abläufe und Qualität durch. Eurostat weist für die EU 2024 durchschnittlich 33,5 € pro Stunde aus – Österreich liegt deutlich darüber.

Arbeitsstückkosten je geleisteter Stunde

Die Ländervergleiche (Österreich vs. Nachbarn vs. Eurozone) illustrieren die Lage klar. Wichtig ist die Einordnung: Es geht nicht ums Jammern, sondern um Produktivität pro Gastkontakt und smarte Angebots- sowie Prozessgestaltung.

Der Trend dahinter: Warum die Dynamik Handlungsdruck erzeugt

Über zehn Jahre betrachtet ist die Steigerung der Arbeitsstückkosten in Österreich deutlich, und spürbar höher als im Eurozonen-Schnitt. Genau diese Dynamik zwingt Betriebe dazu, Preise und Prozesse mitzubewegen, sonst frisst die Lohnquote Jahr für Jahr mehr vom GOP. Eurostat zeigt den EU-weiten Trend steigender Arbeitskosten je Stunde.

Entwicklung Arbeitsstückkosten je geleisteter Stunde

Der „Kostenapparat“: Warum Arbeit in Österreich strukturell teuer ist

Ein wesentlicher Teil der Gesamtbelastung entsteht nicht im Bruttolohn, sondern in Lohnnebenkosten und Abgaben, die Unternehmen über die Lohnsumme tragen. Die OECD beschreibt das im internationalen Vergleich als hohen Arbeitssteuerkeil („tax wedge“) – Österreich liegt seit Jahren am oberen Rand der OECD-Länder. Das belastet insbesondere arbeitsintensive, dienstleistungsgetriebene Geschäftsmodelle.

Das politische Versprechen einer spürbaren Entlastung des Faktors Arbeit wird regelmäßig erneuert; strukturelle, breit wirksame Schritte bleiben aber oft aus. Solange der Abstand zwischen Bruttolohn, Nettolohn und Arbeitgebergesamtkosten groß bleibt, steigt der Druck, Aufgaben zu automatisieren oder Servicezeiten zu reduzieren; mit möglichen Folgen für Qualität und Gästeerlebnis.

Was Betriebe jetzt tun können – Produktivität ohne Serviceverlust

  • Prozess-Design am Gastweg
    Anreise → Check-in → Housekeeping-Touchpoints → Check-out: Jeder Schritt braucht klare Verantwortungen, schlanke Übergaben und möglichst wenige Schleifen.
    Ziel: Weniger Wartezeiten, weniger Doppelarbeit, mehr Erstlösungsquote an der Rezeption.
  • Skill-Mix & Schichten
    Standardtasks (etwa Dokumenten-Check, einfache Auskünfte, Laufwege organisieren) gehören delegiert oder werden digital unterstützt; Die Arbeit am Gast konzentriert sich auf wertschaffende Gespräche, Problemlösung, Upselling.
  • Angebots- & Preislogik
    Pakete klar bündeln, Nebenleistungen entflechten, Mindestaufenthalte dort etablieren, wo sie Nachfrage nicht brechen, und saisonale Preislogiken transparent kommunizieren. Das hilft, Servicezeit pro Umsatz zu stabilisieren.
  • Digitale Entlastung mit Qualitätsfokus
    Self-Check-in, smarte HK-Routing-Tools, digitale Info-Hubs für wiederkehrende Fragen – aber: Technik ersetzt keine Herzlichkeit. Der Einsatzpunkt ist dort richtig, wo Technik Routine übernimmt und Mitarbeitende Beziehungszeit gewinnen.
  • Steuerung & Kennzahlen
    Konsequent tracken: Lohnquote gesamt und je Bereich, Staff-to-Room, Minuten je HK-Turnover, First-Contact-Resolution an der Rezeption, No-Show-/Late-Check-out-Effekte. So wird sichtbar, wo Produktivität wirklich verloren geht – und wo sie sich heben lässt, siehe auch SHK 254: Kosten im Griff, Gewinn im Blick

Was strukturpolitisch helfen würde

Der österreichische Tourismus punktet mit Qualität und Dienstleistungsorientierung. Damit das so bleibt, braucht es mutige Strukturreformen, die Arbeit entlasten und den Abstand zwischen Nettolohn und Arbeitgebergesamtkosten verringern. Internationale Vergleiche der OECD zeigen, dass eine Reduktion des Arbeitssteuerkeils messbar Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit stützen kann; gerade bei niedrigen und mittleren Einkommen, die im Tourismus überproportional vertreten sind.

Fazit zu den Arbeitsstückkosten

Hohe Arbeitskosten je Stunde sind für den Tourismus Realität – und sie werden bleiben. Entscheidend ist, Produktivität ohne Serviceverlust zu heben: durch saubere Prozesse, klugen Skill-Mix, eine klare Angebots- und Preislogik sowie digitale Entlastung an den richtigen Stellen. Strukturreformen könnten die Schieflage zusätzlich korrigieren. Bis dahin liegt der Hebel im operativen Alltag.

Quellen & Einordnung

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