Zwischen Verantwortung, Vertrauen und Vorschriften
In vielen österreichischen Familienhotels wird der Posten des gewerberechtlichen Geschäftsführers oft auf langjährige Mitarbeitende, Familienangehörige oder externe Partner übertragen – mit der Annahme, dass dieser „formelle“ Titel wenig operative Auswirkungen hat. Doch weit gefehlt: Die Rolle des gewerberechtlichen Geschäftsführers birgt erhebliche rechtliche Verantwortung und persönliche Haftungsrisiken; sowohl gegenüber Behörden als auch gegenüber dem eigenen Unternehmen und Gästen.
Dieser Beitrag beleuchtet die zentralen Haftungsbereiche, zeigt auf, wo häufig Missverständnisse entstehen, und liefert praxisnahe Tipps zur Risikominimierung, damit der Hotelbetrieb rechtssicher aufgestellt ist.
Die rechtliche Verantwortung des gewerberechtlichen Geschäftsführers – was wirklich gilt
Der gewerberechtliche Geschäftsführer ist gemäß Gewerbeordnung (GewO) ab seiner behördlichen Bestellung für die Einhaltung aller gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich. Diese Verantwortung betrifft nicht nur das Kerngeschäft eines Hotels, sondern umfasst auch Nebengewerbe wie Massage, Wellness oder Gastronomie.
Im Gegenzug dazu ist der handelsrechtliche Geschäftsführer vor allem für die kaufmännische und wirtschaftliche Führung des Unternehmens verantwortlich und haftet primär in finanziellen und gesellschaftsrechtlichen Belangen – nicht jedoch für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften.
Um überhaupt als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt werden zu können, muss die betreffende Person die gewerberechtlichen Voraussetzungen erfüllen, insbesondere den Befähigungsnachweis für das betreffende Gewerbe. In der Hotellerie betrifft dies das Gastgewerbe gemäß Gewerbeordnung, für das ein solcher Nachweis in der Regel durch eine abgeschlossene touristische oder gastronomische Ausbildung oder eine einschlägige mehrjährige Praxis erbracht werden kann. Alternativ können auch Gleichhaltungs- oder Anerkennungsbescheide bei ausländischen Qualifikationen ausgestellt werden. Die Befähigung wird von der Bezirkshauptmannschaft bzw. der Gewerbebehörde geprüft und bestätigt, bevor die Bestellung als gewerberechtlicher Geschäftsführer wirksam werden kann.
Konkrete Pflichten des gewerberechtlichen Geschäftsführers umfassen unter anderem:
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Einhaltung der Betriebsanlagengenehmigung inklusive wiederkehrender Prüfungen
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Befolgung von Öffnungs- und Betriebszeitengesetzen
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Umsetzung von Sicherheitskonzepten & Bestellung von Sicherheitsbeauftragten
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Einhaltung der Preiskennzeichnungspflicht
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Datenschutz-Informationspflichten nach DSGVO
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Lehrlingsausbildung & Arbeitsdokumentation
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Vorschriften zu Aufzügen, Brandschutz und hygienischen Anforderungen
Wichtig: Ein Haftungsausschluss gegenüber der Behörde ist rechtlich nicht zulässig. Der gewerberechtliche Geschäftsführer bleibt auch dann haftbar, wenn er formal keine operative Macht im Unternehmen ausübt.
Haftung gegenüber dem Unternehmer & Dritten
Intern haftet der gewerberechtliche Geschäftsführer dem Unternehmen gegenüber für die fachlich korrekte Ausübung des Gewerbes. Fehlerhafte Ausführung, Unterlassung von Prüfpflichten oder Missachtung gesetzlicher Bestimmungen können bei Vermögensschäden zu Regressforderungen führen.
Gegenüber Dritten (z.B. Gästen) besteht zivilrechtliche Haftung, wenn durch Pflichtverletzung ein Schaden verursacht wurde. Ein aktuelles Beispiel dafür liefert ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) aus 2013: Eine Hotelgastärztin erkrankte schwer durch legionellenbelastetes Duschwasser. Das Hotel haftete vollumfänglich – auch für Fehler des beauftragten Technikdienstleisters.
- Fazit aus der Rechtsprechung: Der Hotelier (bzw. seine Organe) haftet für die ordnungsgemäße Nutzung des Hotels, inklusive technischer Anlagen und Allgemeinbereiche, nach dem Stand der Technik. Die bloße Beauftragung eines Fachunternehmens schützt nicht vor Haftung, sondern führt zur Haftung für den „Erfüllungsgehilfen“.
Aus der Praxis: So minimierst du Risiken – ohne operative Verantwortung abzugeben
Klarheit schaffen: Zuständigkeiten sauber definieren
Ein häufiger Fehler in der Praxis ist die Annahme, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer automatisch auch für alle Rechtsbereiche zuständig sei. Das ist falsch.
Nicht in seinen Aufgabenbereich fallen u.a.:
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Sozialversicherungsrecht
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Arbeitszeit- und Arbeitnehmerschutzgesetze
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Bau- oder Feuerpolizeiliche Vorschriften (sofern nicht gewerberechtlich relevant)
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Glücksspiel- oder Lebensmittelrecht
Diese Bereiche bleiben (je nach Struktur) dem Arbeitgeber, handelsrechtlichen Geschäftsführer oder dem Bauherrn vorbehalten. Dennoch gibt es Überschneidungen: Eine sicherheitsrelevante Auflage kann unter Umständen sowohl den gewerberechtlichen Geschäftsführer als auch den Arbeitgeber betreffen.
Regelmäßige Kontrolle, Dokumentation und Wartung
Die beste Strategie zur Vermeidung persönlicher Haftung ist die lückenlose Dokumentation von:
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Prüfberichten
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Wartungsverträgen
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Schulungsnachweisen für Personal
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Sicherheitsbeauftragten
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Umsetzung von Auflagen der Behörde
Empfehlung: Abschluss professioneller Wartungsverträge und nur mit zertifizierten Dienstleistern arbeiten. Im Schadensfall kann so Regress geltend gemacht werden.
Weiterbildung ist Pflicht – nicht Kür
Ein aktiver gewerberechtlicher Geschäftsführer muss sich kontinuierlich über gesetzliche Neuerungen informieren, z. B. im Bereich DSGVO, Sicherheitsbestimmungen oder Prüfpflichten gemäß § 82b GewO. Auch Landesvorschriften können sich ändern. Informationspflicht besteht dauerhaft.
Fazit: Verantwortung bewusst übernehmen – oder besser delegieren
Die Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer sollte niemals leichtfertig erfolgen. Es handelt sich nicht um eine symbolische Rolle, sondern um eine haftungsintensive Vertrauensstellung. Wer diese Aufgabe übernimmt, sei es als Familienmitglied, langjährige Mitarbeiterin oder externe Führungskraft, muss sich seiner rechtlichen Verantwortung bewusst sein.
Unsere Key-Takeaways:
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Der gewerberechtliche GF haftet direkt gegenüber der Behörde – ein Ausschluss ist nicht möglich.
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Interne Haftung besteht bei Pflichtverletzungen mit wirtschaftlichem Schaden.
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Dokumentation, Wartung und Weiterbildung sind die effektivsten Strategien zur Risikominimierung.
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Nicht jeder Bereich fällt in seine Zuständigkeit – klare Abgrenzung ist notwendig.
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