Nationalratswahl 2024 – Analyse der Wahlprogramme

Am 29. September steht in Österreich die Nationalratswahl 2024 an – ein spannender Moment, der auch für die Tourismusbranche von großer Bedeutung ist. In unserer Jubiläumsfolge des Smarthotelkey-Podcasts, der 200. Episode, haben wir mit Thomas Reisenzahn einen besonderen und den thematisch vermutlich am besten passenden Gast: Thomas Reisenzahn. Gemeinsam werfen wir einen Blick auf die Wahlprogramme der im Parlament vertretenen Parteien und analysieren, welche Auswirkungen deren Pläne auf die Zukunft des Tourismus haben könnten.

  • Wie reagieren Hoteliers auf die politischen Versprechen?
  • Welche Maßnahmen könnten wirklich Entlastungen bringen?
  • Und welche Herausforderungen bleiben bestehen?

All das und mehr diskutieren wir im Interview. Auch ein Blick auf die aktuellen Umfragewerte und die Wahlpräferenzen in der Branche darf dabei nicht fehlen. Ein Muss für alle, die den Tourismus im Kontext der kommenden Wahl verstehen wollen!

 

 

Kernaussagen des Interviews

  • Globale Veränderungen im Tourismus: Thomas beschreibt einen Paradigmenwechsel, der durch verschiedene Wenden (Energiewende, Mobilitätswende, Ernährungswende) und finanzielle Unsicherheiten ausgelöst wurde. Diese Veränderungen beeinflussen auch die Tourismusbranche.
  • Wohlstandsverlust und Sparverhalten: Trotz hoher Nächtigungszahlen kämpfen viele Menschen mit einem Wohlstandsverlust, was auch zu verstärktem Sparverhalten bei Zweit- und Dritturlauben führt.
  • Tourismusakzeptanz und Strukturprobleme: Die Akzeptanz für Tourismus nimmt ab, sowohl bei Einheimischen als auch bei Mitarbeitern. Zudem ist die touristische Organisationsstruktur in Österreich veraltet und föderalistisch geprägt, was unnötige Komplexität schafft.
  • Föderalismus im Tourismus: Reisenzahn kritisiert, dass der Föderalismus im Tourismus Marketing und Werbung verkompliziert und oft ineffizient ist. Es gibt doppelte Strukturen, die nicht mehr zeitgemäß sind.
  • Wahlprogramme der Parteien – Fokus auf Fiskalpolitik: Für die Tourismusbetriebe ist die Fiskalpolitik der Parteien entscheidend, da diese den Rahmen für Steuern und Abgaben setzt, die Betriebe finanziell belasten oder entlasten.
  • ÖVP: Entlastungen für Arbeitskosten: Die ÖVP plant, den Eingangssteuersatz zu senken, Überstunden steuerlich zu entlasten und die Lohnnebenkosten zu senken, was positive Effekte auf die Tourismusbetriebe hätte.
  • SPÖ: Substanzbesteuerung als Gefahr für Tourismusbetriebe: Während die SPÖ Investitionen in Bildung und grüne Transformation fördern will, könnte die geplante Substanzbesteuerung eine massive Belastung für Familienbetriebe im Tourismus darstellen.
  • FPÖ: Senkung der Abgabenquote erst ab 2026: Die FPÖ will die Abgabenquote senken, allerdings erst ab 2026. Dies könnte die Tourismusbranche entlasten, doch die Frage der Gegenfinanzierung bleibt offen.
  • Grüne: Nachhaltigkeit und Erbschaftssteuer: Die Grünen legen den Fokus auf Nachhaltigkeit, doch ihre Pläne zur Besteuerung von Erbschaften könnten Familienbetriebe im Tourismus erheblich belasten.
  • Neos: Reformwille und Arbeitsmarktpolitik: Die Neos zeigen den stärksten Reformwillen, besonders in Bezug auf Arbeitskosten und die Kommunalsteuer. Sie könnten besonders für Hoteliers attraktiv sein, was sich in den Umfragen der ÖHV widerspiegelt.

Nationalratswahl 2024, ÖHV-Sonntagsfrage

Transkript der Podcast-Folge

Marco: Hallo Thomas und herzlich willkommen in unserer Jubiläumsausgabe, der 200. Folge von Smart Hotel Key. Ich freue mich natürlich sehr, dass du heute zu Gast bist und wir haben ja einige spannende Themen, die wir heute ansprechen wollen.

Thomas: Hallo Marco und herzliche Gratulation zu dieser Jubiläumsausgabe. Es freut mich sehr, dass 200 Auflagen schon über die Bühne gegangen sind.

Marco: 200 Wochen in Folge und jetzt sind es ja dann keine 200 Wochen mehr, sondern nur noch knapp zwei Wochen hin bis zu einer ganz spannendend Wahl (Nationalratswahl 2024) für Österreich, aber auch für den Tourismus. Bevor wir aber jetzt ins Thema einsteigen, vielleicht ganz allgemein, was beschäftigt uns denn heute oder was hat sich verändert? Was siehst du am touristischen Markt, Thomas?

Thomas: Grundsätzlich leben wir ja in einer Phase von vielen Seitenwänden. Also es gibt eine Energiewende, es gibt eine Mobilitätswende, Rohstoffwende, Finanzstrukturen ändern sich, Ernährungswende. Also es tut sich sehr, sehr viel global auf der Welt und das verursacht natürlich einen Paradigmenwechsel.

Also man kämpft jetzt, viele Menschen sind verunsichert und kämpfen gegen einen Wohlstandsverlust massiv und wir können es auch nicht so akzeptieren im Tourismus, dass es eine gewisse Stagnation gibt. Und auf der anderen Seite möchte auch die Bevölkerung kaum mehr für den Tourismus da sein und ist schwer zum Begeistern. Also auf der Seite der Mitarbeiter, auf der Seite der Einheimischen.

Also da ist sehr, sehr viel im Umbruch.

Marco: Ja, Stichwort Tourismusakzeptanz natürlich. Das hat sich sicher in dem letzten Jahr noch grundlegend geändert, muss man schon fast sagen. Du hast auch angesprochen, ganz kurz, eine Änderung, Wohlstandsverlust in der Gesellschaft.

Wenn man jetzt nur auf die Nächtigungszahlen schaut und die mediale Replik dazu fasst, könnte man ja glauben, es gibt eh ein ständiges Hoch im Tourismus. Das ist aber nicht ganz so, oder?

Thomas: Nein, das ist nicht ganz so. Man muss immer auf die Wertschöpfung natürlich auch schauen. Und Österreich ist natürlich auch in vielen Phasen eines Tourismusjahres immer ein beliebter Ort und eine beliebte Destination für Zweit-, Dritt- und Vierturlaube.

Und hier merkt man einfach auch, dass die Menschen sparen.

Marco: Die Menschen sparen, aber die Tourismuswerbung auch provokant gefragt. Wie ist denn der Tourismus bei uns überhaupt organisiert?

Thomas: Das ist ein gutes Stichwort. Aufgrund dieser vielen Wenden trifft ja auch dieser Paradigmenwechsel auf eine Verwaltungs- und Organisationsstruktur im Tourismus, der ja überholt ist. Wenn man sich jetzt das anschaut, und ich beginne ja mal bei den Kommunen.

Eine Gemeinde hat meistens einen Tourismusausschuss, einen Tourismusverantwortlichen. Auch auf der kommunalen Ebene gibt es Tourismusverbände, darüber gelagert Destinationsgesellschaften. Noch weiter darüber gelagert gibt es Landes- Tourismusorganisationen.

Und das große Land Österreich braucht das natürlich neunmal. Kein Gast sieht mehr die Grenzen zwischen Salzburg und Tirol, aber die Tourismuswerbung ist die einzige Institution, die die Gäste darauf hinweist, wenn man ein Bundesland verlässt. Dann gibt es noch politisch in allen Ländern, also Tourismusabteilungen mit Landesräten oder es ist die Chefsache, Landeshauptmänner oder Landeshauptfrauen sind für den Tourismus zuständig.

Auf der Bundesebene Gott sei Dank Staatssekretariat, Tourismussektion im Wirtschaftsministerium angesiedelt. Und zu guter Letzt gibt es auch noch einen Tourismusausschuss, der sich im Parlament eigentlich hier über Jahre schon hinaus blockiert. Da sind also Tourismussprecher oder interessierte Nationalräte drinnen.

Ja, also man sieht schon, das ist in dem ganz großen Österreich schon eine sehr, sehr komplexe Thematik.

Marco: Und natürlich mit ganz unterschiedlichen Interessen da noch verknüpft. Kann man jetzt eigentlich auch so provokant sagen, dass gerade im Tourismus der Föderalismus und das Destinationsgrenzen keinen Platz haben sollte?

Thomas: Also föderalistische Themen sollten in einer weltoffenen Branche, wie es der Tourismus ist, eigentlich hier beiseite gelegt werden. Und es kann nicht sein, dass diese Ebenen insbesondere im Marketing, in der Werbung immer auch in Konkurrenz zueinander stehen. Und viele Institutionen, ich denke hier eine Tourismussektion im Wirtschaftsministerium, glaube ich hat 50 Prozent der Zeit, nimmt in Anspruch, dass sie diese einzelnen föderalen Strukturen hier koordiniert.

Marco: Sicher Bürosysteme und der Mammutaufgabe, die Frage stellt sich ja, wie könnte man das überhaupt ändern oder welchen Einfluss hat hier – und jetzt kommen wir dann vielleicht schon langsam ins Thema – eine Nationalratswahl steht an: Sind das Themen, die dort angegangen werden können?

Thomas: Das Wichtigste ist in einer Nationalratswahl die Betriebsebene. Und warum ist die Betriebsebene bei der Nationalratswahl 2024 wichtig? Weil die Abgaben und Fiskalpolitik werden zum größten Teil auf der Bundesebene hier organisiert.

Und daher sind die Pläne der Parteien im fiskalpolitischen Umfeld also sehr, sehr wichtig. Weil das darf man, Marco, glaube ich nie vergessen. Die Betriebsebene finanziert ja diese ganzen föderalen Institutionen und diese ganzen Ebenen, die es gibt.

Und die Betriebsebene muss einfach hier auch gestärkt werden, dass das alles möglich ist. Weil Reformbedarf wäre gegeben, aber wir als gelernte Österreicher wissen, wie langsam sowas funktioniert und wie langsam eine dieser Ebenen dann einmal vielleicht wegkommt.

Marco: Langfristig ist es ja trotzdem ein wichtiges Thema, weil es ja oft um Doppelgleisigkeiten steht. Weil wenn ein Bundesland an der Destination dann für ähnliche oder sogar unterschiedliche Zielgruppen Werbung macht, dann konkurrieren die ja innerhalb der gleichen Gegend für die gleichen Betriebe. Aber du hast sicher recht, bei der Nationalratswahl sollte die betriebliche Ebene im Fokus stehen.

Tut sie das auch, wenn man die Parteiprogramme anschaut? Und ich weiß, du hast dich ja sehr intensiv schon mit den einzelnen Parteiprogrammen auch auseinandergesetzt. Was sind jetzt die Pläne der Parteien?

Wie stark ist hier der Fokus auf den Tourismus oder auf die betriebliche Ebene gesetzt?

Thomas: Also wenn man beginnt bei der ÖVP ist ja sehr interessant auf jeden Fall die Entlastung des Faktor Arbeit. Wenn wir eines immer erreichen, dann ist es ein Stockerlplatz bei den Arbeitskosten. Also wer Dienstleistung betreibt, wird eigentlich bestraft, weil die Arbeitskosten im europäischen Umfeld hier in Österreich am höchsten sind. Also wir sind immer unter den ersten drei mit der Besteuerung des Faktor Arbeit. Und die ÖVP hat einen interessanten Punkt auch dabei, dass also die Überstunden pro Monat steuerlich hier steuerfrei gesetzt werden. Was natürlich sehr, sehr wichtig ist, weil wir haben ja immer ein Geschäft, das nach Auslastungen ausgerichtet ist.

Und wenn eine Hochzeit am Wochenende ist, habe ich einfach Aushilfen und Mitarbeiter müssen länger beschäftigt bleiben. Und Überstunden fallen halt an, wenn Gäste da sind. Und das wäre schon ein wichtiger Punkt. Auch hat die ÖVP in ihrem Programm eine allgemeine Senkung der Lohnnebenkosten. Das ist sehr positiv zu vermerken. Sie hat auch bei der Körperschaftssteuer, hat sie angeregt, dass ausländische Firmen hier einen reduzierten Körperschaftssatz haben. Das sehe ich ein bisschen mit gemischten Gefühlen. Also internationale Hotelgruppen würden dann hier bevorzugt werden. Und ein letzter Punkt hier noch bei der ÖVP, also der Eingangssteuersatz sollte also auch von 20 auf 15 Prozent sinken. Also das war zum Thema von der ÖVP.

Marco: Also durchaus produktive Vorschläge, von denen Tourismusbetriebe profitieren würden.

Thomas: Auf jeden Fall sind da einige Sachen dabei. Also auf die Gegenfinanzierung, das ist noch ein bisschen sehr vage, gehe ich jetzt eigentlich nicht ein. Das ist ja überhaupt bei allen Parteien. Die Gegenfinanzierung ist ja immer die Gretchenfrage.

Marco: Das ist immer die Frage. Es ist leichter Geld auszugeben oder Senkungen zu versprechen, statt die Finanzierung davon sicherzustellen.

Thomas: Ja, genau. Bei der SPÖ stehen im Fokus Investitionen in Bildung, was ja immer sehr gut ist, sage ich einmal. Also da geht es um gratis Kindergärten, was ja wichtig ist auch in Tourismusstrukturen, dass Mütter hier unterstützt werden. Gratis Ganztagsschulen, gratis Mittagessen. Also da gibt es viele Teile. Auch diese Jobgarantie der Arbeitssuchenden ist sehr positiv.

Auch steckt einiges für eine grüne Transformation drinnen. Aber jetzt komme ich zum Beistrich und zu dem Aber. Die Gegenfinanzierung sollte hier über eine Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften erfolgen.

Und eine Substanzbesteuerung ist auch hier genannt, was ja immer für den Tourismus sehr, sehr schwierig ist. Erstens haben wir sehr viele Familienbetriebe, wo immer eine Besteuerung auf die nächste Generation ein Vernichtung von Eigenkapital darstellt. Und zweitens, wir brauchen ja eine Immobilie, sei es Hotel, sei es in der Gastronomie, sei es in der Freizeiteinrichtung. Wir haben immer eine Immobilie. Und wenn die jetzt mit einer Substanzbesteuerung auch noch belegt ist, wäre das natürlich auch, ich sage es einmal ganz zur Loppe, der Sargnagel für viele, viele Betriebe in Österreich. Also da bin ich sehr, sehr skeptisch bei solchen Maßnahmen.

Marco: Ja und vor allem in einer Zeit, wo wir wissen, dass gerade im Tourismus natürlich sehr, sehr viele Betriebsübergaben gerade in der Pipeline sind. Es gibt den vorhandenen Generationenwechsel und das wird flächendeckend natürlich nicht nur zu Unmut, sondern zu betriebswirtschaftlichen extremen Herausforderungen für die nächste Generation kommen.

Thomas: Ja, genau. Bei der FPÖ ist ja eine Senkung der Abgabenquote auf die 40 Prozent aber erst 2026 vorgesehen. Also diese 40 Prozent stehen ja schon seit Jahren im Raum.

Also verschiedensten Finanzminister, Molterer, Bröll, ja, ich glaube sogar noch weiter zurück, Kasser, haben alle von einer Senkung unter 40 Prozent gesprochen. Also die FPÖ hat diese Abgabenquoten-Senkung auch wieder am Tapet.

Marco: Aber geschafft hat es noch keiner, muss man fast dazu sagen.

Thomas: Ganz kurz war es einmal auf 39, aber das war ganz eine kurze Situation. Ja, und da geht es auch um Körperschaftssteuern für Kleinunternehmer, also auch eine Senkung von sogar auf 10 Prozent, derzeit 23 Prozent auf 10 Prozent. Ja, das klingt alles sehr, sehr gut.

Natürlich bei der FPÖ muss man natürlich international, ja, werden wir ein bisschen was an Schaden auch mitnehmen werden. Also wir wissen ja, die ganze Thematik mit Mitarbeitern aus dem Ausland und Zuwanderung. Und wir brauchen eine, ich sage mal ganz klar, eine geregelte Zuwanderung von qualifizierten Menschen.

Viele Länder schaffen ja das auch, dass sie qualifizierte Menschen auch bekommen. Und das benötigen wir im Tourismus. Internationale Gäste werden serviciert von internationalen Mitarbeitern. Und da, glaube ich, ist die FPÖ nicht der richtige Partner für so eine Thematisierung.

Marco: Das könnte ganz schwierig werden, ja.

Thomas: Die grüne Fraktion hat natürlich den Fokus auf die Nachhaltigkeit, auch auf Kindergrundsicherung im Programm. Also man merkt wieder auch, was ja nie schlecht ist, also der nachhaltige Tourismus passen viele Punkte auch für die österreichische Linie des Plan D. Also zum Thema Nachhaltigkeit steckt da sehr viel drinnen.

Aber ist ja auch wieder eine Gegenfinanzierung mit Erbschaften, Schenkungen, ja, Millionärsteuer. Also da ist das die gleiche Thematik wie bei der SPÖ. Bei den Neos zu guter Letzt hier, ja, Entlastungen durch Reformen. Also hier merkt man einfach wirklich, dass der Reformwille bei den Neos am ausgeprägtesten ist. Auch haben wir da für die einzelnen Institutionen da auch gemerkt, dass da immer wieder gute Sachen vorgeschlagen werden. Auch die Entlastung des Faktor Arbeits ist im Programm.

Da sind auch sehr gute Ideen, auch dass die Kommunalsteuer vom Faktor Arbeit allgemein hier im Budget finanziert werden soll. Also ja, da stecken viele gute Dinge drinnen. Was sehr vage ist natürlich die ganze Gegenfinanzierung. Also das ist sehr, sehr vage. Also da gibt es schon große Pläne, aber doch für mich schon einige offene Fragen, insbesondere mit der Gegenfinanzierung.

Marco: Ja, also im Prinzip trotzdem von allen Parteien natürlich einiges an Versprechungen da. Vieles, was vielleicht im Tourismus nützen könnte. Am Ende des Tages kommt es natürlich darauf an, wer setzt sich dann in den zweigen Koalitionsverhandlungen durch oder auf welche Wahlversprechen wird dann doch auch wieder vergessen.

Aber bleiben wir jetzt einmal vielleicht einen Satz noch bei den vorliegenden Wahlprogrammen. Gibt es da auch Themen, die komplett fehlen, die vielleicht wichtig wären für Tourismusbetriebe?

Thomas: Einen wichtigen Punkt, der wurde eigentlich wieder nicht berücksichtigt, obwohl wir selber von unseren Unternehmen hier sehr stark lobbyiert haben. Das ist also die sogenannte Aufwertungsbilanz. Also eines, was die Betriebe sehr viel in ihren Bilanzen haben, sind die stillen Reserve und die gehören einfach aufgewertet.

Das ist das Eigenkapital auf der anderen Seite dann auch verbessert und das Eigenkapital ist also wirklich notwendig für weitere Finanzierungen und für das Standing des Betriebes. Da darf man nicht vergessen, dass in Italien hat es ja diese Möglichkeit ja über lange Zeit gegeben. Und da sieht man also, wie viele Südtiroler Betriebe hier in den letzten Jahren doll investiert haben und die haben diese Möglichkeit natürlich auch genützt, hier an bessere Bewertungen im Fremdkapitalbereich auch zu kommen. Leider Gottes, das fehlt mir komplett bei jeder Partei. Wir werden nicht aufhören, hier weiter zu lobbyieren.

Marco: Nein, unbedingt. Das ist ja ein ganz wichtiges Thema. Du hast vorher ja auch gesprochen davon, dass beispielsweise, wenn man sich das grüne oder rote Parteiprogramm anschaut, eher von Vernichtung von Eigenkapital ausgegangen werden kann, wenn man sich die Steuerpläne anschaut.

Und in Wirklichkeit müsste es aber gerade, wenn es in Richtung Finanzierungen geht, darum gehen, Eigenkapital zu sichern oder zu erweitern. Und das ist sehr schade, dass das politisch nicht flächendeckend sichtbar ist, dieser Wunsch.

Thomas: Ja, also da gebe ich dir auf jeden Fall hundertprozentig recht.

Marco: Ja, jetzt haben wir vielleicht noch Parteiprogramme super abgehandelt. Es gibt noch einiges mehr darüber zu lesen. Da werden wir in die Shownotes von Podcast dann verlinken.

Aber vielleicht auch noch ganz kurz den Ausblick. Wenn man sich jetzt die verschiedensten Umfragen anschaut, wie die Wahl in zwei Wochen ausgehen könnte, dann ist ja derzeit nach wie vor die FPÖ auf Platz 1, je nach Umfrage derzeit bei 27, 28 Prozent. 2 bis 3 Prozent dahinter die ÖVP, die SPÖ, die bei rund 20 Prozent stagniert.

Grüne und Neos zwischen 8 und 10 Prozent. Und ja, wenn man den jetzigen Umfragen glaubt, kommt die Bierpartei auch noch über die 4-Prozent-Hürde, liegt überall zwischen 5 und 6 Prozent. Brauchen wir aber jetzt nicht beleuchten, ist sicher für den Tourismus nicht relevant.

Aber viel, viel spannender finde ich ja die Tatsache, wenn man die Hoteliers selbst befragt, und das hat ja die ÖHV gerade erst in einer großen Umfrage auch gemacht, dann stehen die ÖVP und die Neos mit 39 beziehungsweise 37 Prozent ganz klar vorne. Und sehr auffallend ist, ÖVP jetzt nicht überraschend, aber sehr auffallend ist natürlich, dass die Neos mit 37 Prozent fast gleich auf sind und danach kommen FPÖ, Grüne und SPÖ schon fast unter dem Radar. Warum glaubst du, sind die Neos so extrem stark bei den Hoteliers vertreten?

Thomas: Ja, wenn du dir dann auch noch das Detail anschaust, also Neos hat eine Person, die also dieses Ergebnis so in die Höhe bringt und das ist einfach der Sepp Schellhorn. Der Sepp Schellhorn ist der, der für Tourismus hier die meisten Akzente setzen konnte und er ist gleich auf Neos und ÖVP, kann man wohl sagen, durch eine Person. Also das ist schon sehr, sehr beachtlich, weil viele, die schon länger im Tourismus waren, sind eigentlich relativ abgeschlagen und Schellhorn ist hier ganz klar die Nummer eins und das ist eigentlich einer der stärksten, wortstärksten Stimmen hier im Tourismus.

ÖHV-Umfrage, Regierungsbeteiligung, Nationalratswahl 2024

Marco: Es gibt ja auch, das hat eine Zusatzfrage gegeben, wie wenn man sich in Regierungsverantwortung wünscht und da sind 67 Prozent der Hoteliers, wollen eben, was du gerade gesagt hast, in Regierungsverantwortung sehen und alle weiteren Namen sind dann doch sehr abgeschlagen dahintergereiht. Ganz spannend vielleicht noch eine Zusatzfrage, die da gestellt wurde, was die wichtigsten Themen sind, die die nächste Bundesregierung angehen soll von den Hoteliers selber, ist auch die Steuerlast natürlich angesprochen worden, zu einem Großteil und der Arbeitsmarkt. Das sind natürlich die zwei wichtigsten und drängendsten Fragen, wo beide natürlich sicher auch teilweise zusammenhängen, du hast das halt eh angesprochen, Lohnnebenkosten, Besteuerung des Faktors Arbeit.

Thomas: Marco, zum Arbeitsmarkteingang. Wir beide waren ja, vor einer Woche waren wir ja in Bayern. Da hatten wir ein Abendessen, wo wir beide, glaube ich, sehr verblüfft waren. Uns haben die Hoteliers dort gesagt, Arbeitsmarkt ist für uns kein Thema, wir haben genug Mitarbeiter.

Marco: Ja, die haben überhaupt kein Mitarbeiterproblem, das war sehr überraschend.

Thomas: Ja, aber die haben viel eine offene Arbeitsmarktpolitik, also sie wurden nicht so, wir wurden ja über Jahre gebremst, Stichwort, ja, eine Rot-Weiß-Rot-Karte, die über Jahre nicht funktioniert hat. Also die haben Mitarbeiter aus verschiedensten Ländern und ja, ich glaube, es war für uns beide ein Aha-Erlebnis, oder?

Marco: Ja, absolut, weil wenn man sich so anschaut, welche Themen die Unternehmer beschäftigen, dann sind das bei uns seit Langem jetzt präsent, die Mitarbeitersuche oder auch die Entlohnung der Mitarbeiter und das ist dort null, gar nicht präsent, also nicht so ein bisschen weniger oder ein bisschen mehr, sondern komplett außen vor gelassen. Das war schon ein sehr spannendes Erlebnis, weil man muss sich ja umgekehrt dann denken, wenn so ein wichtiger Faktor eigentlich wegfällt, um den ich mich ständig kümmern muss, der mich auch als Unternehmer vielleicht ständig stresst und vor Herausforderungen stellt, wenn ich diesen Faktor auf der Seite lassen kann, was habe ich dann für Potenzial, um den Betrieb voranzubringen, zu entwickeln, vielleicht auch neue Wege einzuschlagen, also ich glaube, das ist schon fast ein Riesen-Standort-Vorteil.

Thomas: Sehr interessant war ja die Diskussion, welche Nation von Mitarbeitern für den einzelnen Betrieb am besten passen würde, also das war total spannend und man sieht, es funktioniert und das wäre eine Vorlage auch für die nächste Periode für die Politik, diese Betriebe sind im Mitbewerb zu uns und es gibt hier in Grenznähe also Betriebe, die eine ganz andere Thematik haben, ganz andere Probleme und nicht gebremst werden.

Marco: Absolut und das dürfen wir glaube ich nicht verschlafen. Jetzt hast du ja schon fast einen Wunsch ausgesprochen für die nächste Legislaturperiode, vorher hast du auch angesprochen das Thema Eigenkapital quasi als Absicherungsbasis auch für die nächsten Jahre, das darf man nicht aus den Augen verlieren. Ich will jetzt keine Wahlprognose von dir hören, gibt es was, was du dir wünschen würdest, sonst noch von der nächsten Regierung für den Tourismus?

Thomas: Also ich hoffe, dass die Koalitionsverhandlungen und wir wissen ja da vielen, vielen Beispiele, lange Koalitionsverhandlungen haben uns immer, immer wieder irrsinnig gebremst, weil in diesen Verhandlungen stehen die ganzen Ministerien. Also man könnte eigentlich in den ganzen Ministerien hier die Überstunden dann abbauen, wenn Koalitionsverhandlungen sind, weil es geht überhaupt nichts weiter und umso kürzer diese Phase ist, umso besser geht es uns auch noch, glaube ich, dass wir hier neue Vorschläge und ein tolles Tourismusprogramm so schnell wie möglich bekommen.

Marco: Absolut, wo man sicher auch wieder unsere Punkte platzieren werden. Thomas, vielen lieben Dank, ich freue mich auf eine spannende Wahl. Ich wünsche uns allen den besten, den ich mich nicht wage zu sagen, aber den besten Ausgang und hoffentlich, wie du es gerade gesagt hast, schnelle Koalitionsverhandlungen, ein gutes Programm für den Tourismus.

Danke für deine heutige Expertise.

Thomas: Vielen Dank und für die nächsten 200 Sendungen wünsche ich dir alles Gute.

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